Vince Staples Big Fish Theory

Big Fish Theory
ALL GOOD Punchline Mobilisierungsgrundlage.

Interviews von Vince Stapels sind wie Schachcomputer – manchmal lässt er dich in dem Glauben auf demselben Level zu sein. Dies führt zu amüsanten irritierenden Q&As wie mit »Vulture« oder Trevor Noah in »The Daily Show« sowie Grundkursen in subversivem Sponsoring und einem der besten Twitter-Profile in der Szene. Aber: Er erstickt sowas wie ernst gemeinte Recherche und andere pseudo-journalistische Pflichtübungen gleichzeitig auch im Keimstadium.

Bleibt noch Wikipedia, laut dem die ursprüngliche Producergruppe um No I.D., Clams Casino und DJ Dahi auf »Big Fish Theory« erstmal nicht vertreten ist. So wird der brache, industrielle Sound des Debüts in Richtung Garage, Drum’n’Bass, 2-Step, House und alles zwischen dem metaphorischen Dreieck aus London, Chicago und Detroit ausgeweitet.

Staples stagniert jedoch nicht in Verortungsspielen, pickt sich einfach die Sounds und Stimmen, die zu dem jeweiligen Song passen – sei es Memphis (Juicy J), Los Angeles (Kendrick, Ty Dolla $ign) oder NYC (A$AP Rocky, Kilo Kish). Teast die erste Hälfte dabei noch den Dancefloor, wird dieser in der zweiten Hälfte zeitgleich sowohl bedient als auch dekonstruiert. Tracks setzen sich neu zusammen, nehmen sich Pausen.

Das klingt kopflastiger, als es ist, aber… indulge me. »Homage« bildet seinen Beat langsam, trippelt in den Versen hibbelig, ehe der Bass und das von Rick Ross interpolierte »Hold Me Back« den Chorus driven, nur um wiedermal von Kilo Kish (persönliche MVP des Albums!) sanft ausgefedert und zum Ende geleitet zu werden. Es ist ein wunderbar geschriebener Song, in dem alle Elemente die vorausgegangenen komplimentieren. Es ist auch sehr egal, ob man den Song auf diesem Level genießen oder einfach nur die Arme dazu hochreißen will. Beides funktioniert vorzüglich.

Endlich das Dancealbum für die denkende, politisierte Generation dieser Zeit? Der Sound passt, lyrisch ist es komplizierter, verquickt Staples hier auf der ersten Hälfte das Trennungsalbum (»Alyssa Interlude«, »Love Can Be«, »745«), nur um in der zweiten, in das politische zu wechseln (»BagBak«, »Party People«). Es sind die Bars dieser Songs, die hängen bleiben. »So til they love my dark skin, bitch, I’m goin‘ all in« – das glänzt besonders in seiner Dualität, ist zugleich Bestandsaufnahme und Kampfschrei. »Big Fish Theory« sollte dafür Mobilisierungsgrundlage genug sein.