Rick Ross Mastermind
Ein neues Rick-Ross-Album ist ja immer ein großer Spaß. Von total erstgemeintem goon talk bis zur augenzwinkernden Selbstbeweihräucherung und einem Haufen neuer Adlibs ist alles dabei. So auch auf »Mastermind«.
Nach dem obligatorischen MMG-Intro, sowie einer kleinen, von Frequenzrauschen unterbrochenen Rick-Ross-Werkschau, geht der erste Track »Rich Is Gangsta« von Rick Ross’ sechstem Studioalbum »Mastermind« los – und man muss sich unweigerlich vorstellen, wie Rozay im cremefarbenen Dreiteiler, flankiert von leichtbekleideten Showgirls die leuchtende Treppenstufen einer Varieté-Revue hinuntergeschritten kommt – so gut das mit einer derartigen Körperfülle halt eben möglich ist.
Schon da ist klar: der Musik auf »Mastermind« wohnt über weite Strecken wieder der Pomp inne, der schon »Deeper Than Rap« zu so einer guten Rick-Ross-Platte machte: Opulente Streicherarrangements, kraftvolle Bläser, Pauken, noch mehr Trompeten. Eben einfach der gottverdammte Soundtrack einer Samstagabend-Gala. Rrrrooss selbst nennt das, ich habe das recherchiert, gerne »Cigar music«. Vermutlich, weil sich zu dieser großzügigen Orchestrierung besonders gut und genussvoll an der soeben dem Humidor entnommenen Zigarre nuckeln lässt.
Auch die Featureliste liest sich mal wieder wie der Cast eines Films: Jay Z, Jeezy, The Weeknd, Kanye West, Big Sean, Meek Mill, Lil Wayne, French Montana, Diddy, Scarface, Sizzla, Mavado und Z-Ro. Plus: Rick Ross ist in Topform. Ich habe gerade erst gelesen, dass er seit neuestem auch einen Personal Trainer hat. Kann ich nur begrüßen.
Auch Rickys Adlib-Game ist wieder außer Kontrolle (und wurde zum Beispiel um einen sehr befremdlichen Urschrei ergänzt), von den berühmten Ross’schen Re-Runs gibt es ebenso jede Menge. Und manchmal ruft der Boss auch einfach nur bei seiner Bank an und lässt sich von einer Computerstimme den Stand seines Girokontos vorlesen. Das macht einfach Spaß.
Aber die Dichte an Sureshots ist wirklich enorm hoch. Seien es »War Ready« mit Jeezy am Gastverse und dem deutlich unter 70 BPM getakteten und damit vermutlich langsamsten Beat der Rapgeschichte oder das sich auch wieder bei der ross’schen »Cigar music« bedienende Überbrett »Devil Is A Lie« mit Jay Z. Da geht wirklich alles. Ebenso auf »Sanctified« mit Big Sean und Kanye West, für das Yeezy wieder einen seiner schon für »Bound 2« angefertigten Hit-Hybriden aus Soul-Sample an der Hook und Synthie-Spielereien im Verse bereitgestellt hat und dazu mal eben einen der besten und ignorantesten Parts seiner Karriere abliefert.
Und wenn man schon glaubt, das Ding sei durch, kommen Ross und Weezy für »Thug Cry« kurz vorbei und machen es sich auf dem schon seit Souls-Of-Mischief-Zeiten legendären »Heather«-Sample von Bill Cobham, das hier noch einmal schön von der J.U.S.T.I.C.E. League aufbereitet wurde, gemütlich.
Klar hat’s auch mal etwas mauere Songs. Mit dem Reggae-Quatsch (»Mafia Music III« mit Sizzla und Mavado) kann ich halt immer noch nix anfangen und die Traditionalisten werden ob der von Diddy, der übrigens das ganze Album gemischt hat, freigegebenen Coverversion des Biggie-Klassikers »You’re Nobody (Til Somebody Kills You)« natürlich die Wände hochgehen – aber mit French Montana an der Hook funktioniert das 2014er-Update ganz wunderbar. Alles in allem vereint »Mastermind« tatsächlich best of both Bosses, sprich: Die Opulenz von »Deeper Than Rap« trifft auf die Härte von »BMF«. Und das macht es zu Rick Ross’ womöglich bestem Album.