Majoe Breiter als der Türsteher

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ALL GOOD Punchline Gute Rapmusik ist was anderes.

Sprechen Fachmenschen über die aktuelle Verfassung deutschsprachiger Rapmusik, ist das Fazit meist ein positives. Das prophezeite Tief nach dem dritten Deutschrap-Frühling blieb aus, die Szene ist ebenso produktiv wie erfolgreich, Rapper charten nach wie vor fröhlich auf relevanten Rängen. Obendrein hat sich eine ästhetische und inhaltliche Vielfalt etabliert, die den Zeitzeugen der monolithischen Vorgängerhypes schier die Freudentränen in die Augen treibt. Dementsprechend können sich so unterschiedliche Künstler wie Cro, Kollegah und Max Herre ganz selbstverständlich in der gleichen Spielzeit Gold und Platin an die Wand hängen – und Majoe geht auf die Eins.

Aber wer ist eigentlich Majoe? Ein Rundgang durch Imagekampagne, Videos und Album hinterlässt folgendes Bild: Majoe ist quasi »Jung, brutal, gutaussehend« in einer Person. Zwar kommt Majoe weder an die brachiale Missgunst von Farid, noch an die Wortspiel-Finesse von Kollegah heran, aber ansonsten tut er genau das, was man von der metaphorischen Wurst im JBG-Sandwich erwarten würde: Er feiert sich und seine Muskeln, fickt deine Freundin und ist auch sonst in jeder Hinsicht der »Prototyp Banger«. Besonders sympathisch ist das alles natürlich nicht, aber zwischenmenschliche Kompetenz ist bei so einem Unterfangen wie »BADT« ohnehin kein Motiv; das zu kritisieren wäre reichlich albern. Bleibt zu untersuchen, wie unterhaltsam die Chose ist – und genau das ist der Knackpunkt: Musikalisch bleibt Majoe auf sicherem Stangenware-Terrain, weder die gleichförmigen Straßenstandard-Beats noch die hölzernen Flows lassen gesteigerte kreative Ambitionen erkennen. Zudem hat sich der Lyrics-Verantwortliche die wirklich dreisten Sprüche und gelungenen Wortspiele offenbar für »JBG 3« oder den »King«-Nachfolger aufgespart. Und wäre da nicht das geradezu putzige, pfützendeepe Liebeslied »Immer für dich da«, dann gäbe es über die gesamte Spielzeit tatsächlich gar nix zu lachen.

Die große Frage lautet also: Wer kauft so etwas? Eine nicht repräsentative Stalker-Auswertung der »Gefällt mir«-Angaben ergab: vor allem junge, männliche Körperoptimierer. Also diese postpubertären Justin Bieber/Tim Wiese-Mashups, die mit ihren Penatencremegesichtern und bosstransformierten He-Man-Bodys wie eine lebendig gewordene Fantasie aus einem homoerotischen Krokofant-Büchlein wirken und kongruent zum angestrebten Selbstbild am liebsten Angeber-Rap und Trainingstipps von halbnackten, eingeölten Gangsterdarstellern konsumieren. Und von diesen Knabenhulks gibt es offenbar so viele, dass es für die Chartspitze locker reicht.

Die Effektitivät der für Majoe inszenierten Kampagne mag einem zwar Respekt abnötigen, aber abgesehen von Premiumbox-Moneytoes bleibt letztendlich leider nix Substanzielles hängen. »BADT« ist der Soundtrack für den Kinderschrank-Lifestyle, wo Musik nur den Zweck hat, Motivation für das nächste Trainingsziel zu liefern und das Stöhnen der anderen eisenstemmenden Jünglinge im Studio zu übertönen. Aber gute Rapmusik ist definitiv was anderes.