Laraaji All In One Peace

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ALL GOOD Punchline Wild – ruhig – obskur.

Dass klassischer Ambient für Beat-Heads sowas wie der neue 90s-R&B ist, pfeifen die Spatzen längst von den Dächern. Gerade erst hat das Tape-Label Leaving Records, das vom Beat-Wissenschaftler Matthewdavid aus dem Brainfeeder-Umfeld betrieben wird, alte Zither-Aufnahmen des Meditationsgurus Laraaji ausgegraben. Sie werden nun als Dreifach-Kassetten-Box-Set und digital über die Website des Partnerlabels Stones Throw vertrieben.

Der heute 71-jährige Laraaji ist einer der ungekrönten Könige der New-Age-Musik. In den späten Sechzigern studierte er Klavier in Washington, dann entdeckte er die fernöstliche Mystik als Bestimmung und die Zither als Instrument seiner Wahl. Doch bei ihm klang die Zither beinahe wie eine Harfe, weil er sie nicht zupfte, sondern mit kleinen Hämmern spielte. Mitte der 1970er Jahre ging Laraaji als Straßenmusiker nach New York, wo ihn der Legende nach Brian Eno im Washington Square Park entdeckte.

Eno hatte Anfang des Jahrzehnts als Teil von Roxy Music Weltruhm erreicht, hatte nun aber mit der instrumentalen Klaviermusik auf »Ambient 1: Music for Airports« beinahe im Alleingang ein neues Genre erfunden. Den Nachfolger »Ambient 2: The Plateaux of Mirror« nahm er mit dem Pianisten Harold Budd auf; mit Laraaji produzierte er anschließend die 1980 erschienene »Ambient 3: Days of Radiance«, die dem Straßenmusiker direkt internationales Gehör verschaffte. Ein vierter Teil der Serie, wieder ein reines Eno-Solowerk, folgte 1982.

 

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Laraaji interessierte sich da schon mehr für spirituelle Erleuchtung als für eine Karriere und verbrachte die 1980er Jahre primär mit Meditationskursen, die er heute selbst gibt. Zwar machte er weiterhin Musik, verkaufte die Aufnahmen jedoch nur auf handkopierten Kassetten mit selbstgestaltetem Artwork — ähnlich übrigens wie die Free-Jazz-Ikone Alice Coltrane, die zur selben Zeit einen eigenen Ashram in Südkalifornien gründete und alle paar Jahre eine Kassette mit Gospel-Interpretationen traditioneller Hindu-Lieder aufnahm (»The Ashram Tapes«).

 

1. »Lotus Collage« (1978)

Lotus

Diese Kassette entstand bereits vor der Entdeckung durch Eno in einem Wohnzimmer in Park Slope. Das 60-minütige Tape klingt wild und experimentell, es besteht nur aus zwei unbetitelten Stücken, die jeweils die volle A- und B-Seite füllen. Seine Zither wird hier nur von Percussion und ätherischen Flächen begleitet.

 

2. »Unicorns in Paradise« (1981)

Unicorns

Dieses Tape besteht ebenfalls aus zwei halbstündigen, unbetitelten Stücken und wurde auf der Zither und einem einfachen Casio-Keyboard eingespielt. Die Stimmung ist deutlich ruhiger und kontemplativer; man spürt, dass sich Laraaji zu diesem Zeitpunkt noch länger auf der Suche nach innerer Ruhe und Bewusstseinswachstum befand.

 

3. »Connecting with the Inner Healer Through Music« (1983)

Connecting

Auf der dritten und letzten Kassette befinden sich zwei Stücke: Auf der A-Seite das surreale, fünfteilige »Trance Celestial«, das unter dem Eindruck der düsteren Visionen auf Enos »Ambient 4: On Land« entstanden sein dürfte; auf der B-Seite eine gesprochene Meditationsanleitung mit dem Untertitel »A Transmission of Musical Verbal Information«.

 

Die, zugegeben, äußerst obskure Musik von Laraaji wird erstaunlich gut konsumierbar, wenn man sich nur darauf einlässt. Außerdem enthalten diese drei Kassetten genug Material für die nächsten beiden Carpet-Patrol-Platten, mindestens eine überfällige »Medicine Show« und einen ganzen Haufen angeberischer Fact-Mixe. Ich selbst habe bei den Kollegen von den Blogrebellen schon mal vorgelegt.

Die Tapes gibt es hier.