Karate Andi Pilsator Platin
Alkoholgeschwängerte Freestyle-Battles auf Mutterwitz- und Popelbremsenbasis – genau so könnte man das bisherige Œuvre von Karate Andi umschreiben. Auf seinem Debüt »Pilsator Platin« geht ihm von all dem ein bisschen flöten.
Lange habe ich einen großen Bogen um Karate Andi gemacht. Der Grund, ganz oberflächlich: sein Name. Um ehrlich zu sein stieß der nicht besonders stark heraus aus dieser Garde an neuen aufstrebenden Rappern mit bescheuerten Künstlernamen. Es muss dann ein Gespräch am Rande eines Interviews mit Marteria gewesen sein, als der meinte »Nee, ist ganz anders.« Also: hingesetzt und jedes Rap-am-Mittwoch-Battle mit dem Boss vom Hinterhof angesehen. Und ich muss sagen: ich war sofort ziemlich stoked.
Und auch wenn auf Karate Andis Debüt »Pilsator Platin« auf den ersten Blick alles zu stimmen scheint, bin ich letzten Endes doch etwas enttäuscht. Woran liegt das?
Andi kann unfassbar gut rappen. Ich würde sogar so weit gehen und behaupten, dass dem Jungen in Sachen Reimfindung kaum jemand außer Kollegah und Dendemann das Wasser reichen kann. Oder wer reimt sonst noch »Talib Kweli« auf »Vasektomie«? Da können sich 90 Prozent der deutschen Rapper noch eine Scheibe von abschneiden. Auch der Humor ist vom Feinsten. Auf derart vielschichte Schilderungen des wahllosen Drogen- und Alkoholkonsums muss man erst mal kommen. Auf neue Mutterwitze und mundgescratchte Hooks auch. An dieser Stelle seien vor allem »Breakdancebattle« oder »Kindergeld« empfohlen.
Was die Beats angeht, gibt es eigentlich auch nichts zu meckern. Die kommen in Gänze von 7Inch und sind gewohnt gut. Nur leider passen sie so gar nicht zu Andi. Zu viel Glitzer, zu viel Tralala, zu glatt, zu sehr nach – da wird 7Inch wohl nie wieder von wegkommen – Tyga klingend. BoomBap-Bretter von, sagen wir, dem Plusmacher hätten Andi meiner Meinung nach viel besser gestanden als die Dubstep-Brummereien und Trap-Imitationen.
Aber dann stolpere ich über so einen Totalausfall wie »Big Trouble at little Hermannplatz«. Da wird wirklich mit aller Kraft versucht, das Klischee von Andi als Nichtsnutz aus Neukölln überzustrapazieren – und ehe man sich versieht, ruft 1995 an, Blumentopf sind am Apparat und wollen ihr Patent auf dämliches Storytelling zurück haben.
An anderer Stelle gelingt die konzeptuelle Herangehensweise dann wieder in Perfektion. »So viel gemeinsam« mit Mortis schafft es als erster deutscher Rap-Song überhaupt, das Klischee des Hipster mal so richtig gut und en detail auf den Punkt zu bringen. Da wird wirklich alles vom Carhartt-Logo auf dem weinroten Beanie und bulimischen Tendenzen über Faibles für Fairtrade-Kaffee, Fixie-Räder oder Franz Kafka und der obligatorische Besuch der langen Nacht der Museen verwurstet – groß!
Ich für meinen Teil hätte mir aber einfach noch mehr Inszenierung als Neuköllner Oberassi auf Rumpelbeatbasis gewünscht. Will heißen: Mehr im Wind wehende Popelbremsen, Vokuhila-Witze, Auskünfte über Marmortische des Gelsenkirchener Barock und dergleichen. Und: bitte das nächste Mal etwas weniger von Tijara und Brudis quatschen. Ansonsten: irgendwie schon ganz geil, aber halt nicht hundertprozentig.