Joey Bada$$ All-Amerikkkan Bada$$

Joey Badass - All American
ALL GOOD Punchline Kein Referenzmuff.

Es ist verführerisch »All-Amerikkkan Bada$$«, Joey Bada$$ zweites Album, als ein weiteres Teilstück in das weitläufige, vielfältige Mosaik »Black Experience: 21st Century« einzugliedern: zuckerwattiges Begleitwerk zu »To Pimp A Butterfly« oder »A Seat At The Table«, das nicht an deren Komplexität rankommt, dafür aber unverkrampfter wirkt, Dialog statt Diskurs suchend. Verführerisch, würde man dadurch nicht auslassen, wie wichtig dieses Album für Bada$$ selbst ist. Strukturell, lyrisch und musikalisch ist dies soweit sein kohärentester Output, auch wenn die Narrative am Ende nicht ganz zusammenhält.

Die Trennung zwischen featurerloser A-Seite und kollaborationssatter B-Seite funktioniert, gibt Bada$$ Zeit die Neuerungen im Sound einsinken zu lassen und die Ambitionen des Albums zu setzten. So sehr man die früheren Mixtapes mochte – es tut gut, ihm langsam das BoomBap-Korsett ablegen zu sehen, ohne komplett den Jazz zu vergessen (»Y U Don’t Love Me«, »Super Predator«). Wirklich sind es Kleinigkeiten, die die Akzente setzen: mehr Bläser, Backgroundchöre, Patois, aufgeflockter Bass, weiche, knappe Synthielines – die Songs atmen wieder und ersticken nicht im Referenzmuff.

Joey selbst tackelt die Tracks mit einer Energie, Härte und Präzision, die etwas die Naivität der Lyrics maskiert. Man erwartet altersbedingt nicht die Tiefenschärfe anderer, aber faktisch Richtiges wird nicht emotional dringender, wenn es zum x-ten Mal wiederholt wird, ohne die persönliche Relation darzulegen. Dies macht »Land Of The Free« oder »Amerikkkan Idol« nicht zu schlechten Songs – der Shout-Out an Nas‘ »Dead Presidents« war zu gut, um ihn hier nicht zu erwähnen –, lässt aber Raum nach oben.

Das zweite Problem: Die Struktur des Albums macht zwar musikalisch Sinn, aber sorgt dafür, dass manche Tracks (»Devastated«, »Ring The Alarm«, »Babylon«) sich im Dialog mit den anderen einfach konstant widersprechen. Als Beispiel: »Devastated« ist musikalischer Frühjahrsputz und lyrischer Befreiungsschlag eingeklemmt zwischen der angejazzten, politischen Dringlichkeit von »Land Of The Free« und »Y U Don’t Love Me« – klar, kann man als Zynismus begreifen, ist aber eigentlich zu ernüchternd dafür.