Death Grips niggas on the moon

Death Grips
ALL GOOD Punchline Bekloppt, anstrengend, genial.

An Death Grips gibt es generell einiges gut zu finden: Den altmodischen Bandnamen, die chaotischen Live-Shows, die prätentiösen Songtitel, die jede Logik entbehrende Veröffentlichungspolitik, den mittelfingergesteuerten Umgang mit der alten Musikindustrie. Ihre Musik allerdings, die ist richtig starker Tobak. Gegen diese Wutbürger aus Sacramento wirken die Retro-Styler von TDE oder Pro Era auf einmal beinahe brav und bieder. So gesehen ist die Anziehungskraft der Band erstmal völlig nachvollziehbar.

Ihrem gewohnt lärmigen Soundentwurf bleiben Death Grips auf ihrem neuen Werk »niggas on the moon«, der ersten Hälfte eines angekündigten Doppelalbums namens »the powers that b«, kompromisslos treu. Einen zweiten roten Faden verleiht den acht Stücken der einfache Umstand, dass sie alle gechoppte Vocalschnipsel von Björk beinhalten. Für die isländische Indie-Ikone durfte das Trio bereits zwei Remixe produzieren, die wiederum erklärte im Gegenzug ihre Verehrung für die Kalifornier via Facebook.

Die interessante Frage ist nach wie vor nicht, ob MC Ride ein guter Rapper nach klassischer Definition ist. Der charismatische Frontmann brüllt, flüstert, predigt, säuselt und schimpft, als ginge es um sein Leben. Genau so wenig sind die Kompositionen von Zach Hill und Flatlander mit handelsüblichen HipHop-Beats zu vergleichen: Diese frickeligen, mal spartanischen, mal völlig überladenen Musikbetten wechseln permanent Richtung und Geschwindigkeit und schulden dem kosmischen Freejazz von Sun Ra genau so viel wie den Sample-Sinfonien der Bomb Squad oder den komplexen Rhythmen der frühen Autechre.

Mit »niggas on the moon« fügen Death Grips ihrer Diskografie einen Baustein hinzu, der vermutlich erst in späterer Betrachtung des großen Ganzen vollends verstanden werden kann. Einen einzelnen Song herauszustellen, wäre pure Angeberei. Für den Moment ist es einfach nicht mehr und nicht weniger als eine halbe Stunde neue, verspulte, bekloppte, wirre, aggressive, nervige, anstrengende, spannende, geniale Death-Grips-Musik. Sie handelt von Gewalt und Drogen, von Wut und Verzweiflung. Sie fühlt sich im CBGB’s immer noch spürbar heimischer als im MoMA.

Natürlich liegt die Verlockung nahe, dieses Rap-Projekt eines 34-jährigen Prog-Rock-Drummers in ein lineares Kontinuum aus »alternativem« HipHop mit Einflüssen aus Punk, Techno und Industrial einzusortieren. Klar, durch sie fließt der Geist von Suicide, Company Flow, Atari Teenage Riot und Anti-Pop Consortium. Gleichzeitig erscheint vor allem ihr Sounddesign unglaublich zeitgemäß und relevant. Erste Rückwirkungen auf den Mainstream des Genres sind vielleicht nicht erhofft, aber erkennbar: Man könnte ins Blaue hinein behaupten, dass Kanye West und Rick Rubin vor allem Death Grips gepumpt haben, als sie »Yeezus« produzierten. Das ist blanke Spekulation, macht aber einfach nur Sinn.