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#shitpeoplewrite

Unsichere Zeiten für Totalreporter und Rapper

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Wenn man etwas so bescheuert findet, dass man gar nicht darüber sprechen möchte, um der Sache keine zusätzliche Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, dann aber doch darüber sprechen muss, weil es nicht anders geht – ja, dann ist #shitpeoplewrite. Und in diesem Fall ist Frédéric Schwilden. An dieser Stelle mag Schwilden schon gewonnen haben, weil hier sein Name steht. Das sei ihm vergönnt, denn der quirlige »Totalreporter« mit Hang zur Gonzo-Selbstreferenzialität (»Er arbeitet als Herausgeber an ›Das große Lexikon der Würste‹«) hat »Bild« gelesen. Die »Bild« wiederum hat auf Facebook Flers Führungszeugnis gefunden. So weit, so kleinklein. Zu was für einem affektierten Rant Schwilden jetzt aber in der »Welt« ausholt, sollte man sich doch in Ruhe zu Gemüte führen.

Der Artikel »Gangsta-Rap schützt nicht vor Altersarmut« stützt sich auf die Berechnung von Flers Einkommens anhand der einkommensabhängigen Tagessätze, die aus dem Führungszeugnis ersichtlich werden. Daraus werden aber nicht nur humorige Rückschlüsse auf die Vermögenssituation des gesamten Berufsstands gezogen, was schon unnütz genug wäre. Nein, eigentlich möchte Wilden vorrangig ein wenig pöbeln, am liebsten über Fler und Farid Bang, und erledigt das mit beachtlichem Stumpfsinn. Die beiden Rapper seien zwar »süß«, Fler sei jedoch »ein bisschen pummelig«, während »Farid Bang, der Spanier (…) eine sehr platte Nase« habe. Alles Dinge, die da wirklich stehen, im ersten Absatz eines Textes im Kulturressort einer Springer-Publikation. (Wie neulich schon der Einstieg »Rapper sind putzige Wesen. Einem Wurf Hundewelpen ähnlich.« Aber das nur am Rande.)

Die Auseinandersetzungen zwischen Fler und Farid erklärt er wie folgt: »Früher sprühte man noch ›Farid, Du Blödmann‹ an die Hauswand, das nannte man Graffiti, oder reimte Strophen wie ›Er geht wie ein kleiner, süßer Bär / Wisst ihr wer / Es ist der doofe Fler‹, das nannte man dann Disstrack.« An dieser Stelle sind beim aufmerksamen Leser bereits mehrere weitere wer-ist-das-eigentlich-Tabs geöffnet, darunter ein Blogartikel aus dem Jahr 2013, der einen völlig anderen Text Schwildens mit den Worten »höhnisch, sadistisch, würdelos, erbärmlich in seiner betonten Herablassung« beschreibt. Das kann Zufall sein. Oder System.

Es folgen diverse ziellose Bonmots über Drive-By-Shootings, Beef, über Bushidos Verhältnis zur »Großfamilie der Abou-Chakers« und über »die Ketten, die Sneakers, das gestreckte Koks – das Arbeitsmaterial des Rappers eben.« Alles Schlagworte, die ziemlich deutlich machen, was der Autor über Rap, seine Protagonisten und Fans denkt – genau wie ein paar Details eines etwas älteren Artikels über Bushido in der Berliner Morgenpost, die damals noch Teil des Springer-Konzerns war. Etwas umständlich heißt es da: »[Bushido] schreibt weiter für die Songs, die sich, wie seine Musik, nicht weiterentwickelt haben. Und für die neue Generation von Menschen, die sich Ortsteilnamen von Städten auf den Hals tätowieren lassen (…) für die verwahrlosten Kids, (…) vor denen man wirklich Angst hat, wenn man nachts irgendwo entlang der U8 aussteigen muss.« Und die wenigen Nichtverwahrlosten, für die Bushido schreibe, seien »zu schüchtern und zu picklig, um eine Frau anzusprechen.« »Ein bisschen holprig« klinge Bushido, »nicht wirklich gut. Aber die Sprachfertigkeiten seiner Fans sind wahrscheinlich noch schlechter.« Viel deutlicher muss man nicht machen, wie eindimensional und abschätzig der Autor dieser Zeilen auf sein Subjekt blickt.

Das mag auf den ersten Blick nicht wirklich dazu passen, dass Schwilden sich unlängst noch auf die Seite von Bushido, Haftbefehl, Snaga und Fard gestellt hat. Die moralisch-intellektuelle Fingerübung konzentriert sich aber so sehr auf das Relativieren der Provokationen, dass weniger für die Rapper als für die konsequenzlose Provokation an sich Partei ergriffen wird.

»Ähnlich wie auf Zeitungsredakteure kommen unsichere Zeiten auch auf die Rapper zu.« Das könnte erklären, wie so ein hanebüchener Text tatsächlich unversehrt an einem Redakteur auf halber Planstelle vorbeirauschen kann, klingt aber wirklich nicht nach einer rosigen Zukunft. Die gute Nachricht: auf so einen Artikel kann man als Fler eigentlich gar nicht falsch reagieren. Außer aber man fährt schnurstracks zur Heimadresse des Journalisten, fotografiert dessen Tür, schließt von der Tür auf das Hipster-Dasein und twittert all das.