Zum 40. Geburtstag: Die fünf besten Alben und Mixtapes von Lil Wayne

Wayne

Kein einziges Wort hat Lil Wayne in seiner Karriere geschrieben. Nicht falsch verstehen: Wayne ließ seine Lyrics nicht von anderen anfertigen, sondern rappte einfach drauf los. Ganz ohne die Songtexte vorher aufzuschreiben. So, als wäre es das Leichteste auf der Welt. Wenn ihm ein Beat gefallen hat, ist er – ähnlich wie Jay-Z – lediglich zum Mikrofon stolziert und hat die Worte ausgespuckt, die ihm gerade eingefallen sind. Und eingefallen ist ihm nicht zu wenig, denn Wayne hat in seiner Karriere so unglaublich viele Songs gemacht, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Anlässlich zu Lil Waynes 40. Geburtstag folgen nun also seine fünf besten Alben und Mixtapes in chronologischer Reihenfolge.

Liste starten

  • Tha Carter II (2005)

    Sich selbst für den Besten zu halten, kann abfärben. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber häufig gilt: Erst, wenn man sein eigenes Können als erstklassig betrachtet, fängt auch irgendjemand anderes damit an. Als Lil Wayne sich auf dem zweiten Teil seiner »Tha Carter«-Reihe also den best rapper alive nannte, war das zwar (noch) nicht ganz wahr, wirklich abwegig aber auch nicht. Schließlich gab das Album den Startschuss für eine gut dreijährigen Phase, in der Wayne sich in ganz anderen Dimensionen bewegt hat und ihm tatsächlich kaum jemand das Wasser reichen konnte. Hier wurde Lil Wayne zu Lil Wayne: Er distanzierte sich von dem typischen Hot-Boy$-Sound seiner frühen Karriere, befüllte seinen ohnehin schon unaufhaltsamen Non-Stop-Flow mit neuem Benzin und schien sich endgültig in die Möglichkeiten der englischen Sprache verliebt zu haben. Doch eigentlich ging es nie darum, was Lil Wayne gesagt hat, sondern um die entfesselte Art, wie er die Dinge gesagt hat. Er rappte, als stände sein Titel als best rapper alive gar nicht zur Diskussion, und irgendwann glaubte man ihm. Und das tat man – zumindest für ein paar Jahre – völlig zurecht.

  • Dedication 2 (2006)

    Mixtapes und deren Bedeutung haben sich im Laufe des vergangenen Jahrzehnts radikal verändert. Während ihr Unterschied zu Alben heute – gelinde gesagt – schwammig ist, war das Veröffentlichen von Mixtapes in den 2000er Jahren noch eine ganz eigene Welt. Ohne Label veröffentlicht, von einem DJ kuratiert und zum kostenfreien Download angeboten, waren sie meistens. Außerdem: Uneingeschränkt, chaotisch, roh. Das Gegenteil von kommerziell orientiert, könnte man sagen. Oh, und die darauf enthaltenden Beats wurden aus Songs von anderen Künstlern »geklaut« und in neue Kontexte gebracht – eine unterschätzte Kunst für sich. Durchgespielt hat dieses Format vor allem DJ Drama, der vielen vermutlich als moderierende Stimme auf »Call Me If You Get Lost« von Tyler, The Creator bekannt ist. Als Teil seiner ellenlangen »Gangsta Grillz«-Reihe veröffentlichte er zusammen mit Lil Wayne unter anderem »Dedication 2«, das er selbst mal als »the perfect mixtape« bezeichnete. Ist was dran: Fantastisch zusammengesetzte Beats, die erst durch Lil Wayne ihr vollständiges Potential zeigen. Perfekt ist ein starkes Wort, doch »Dedication 2« zeigt Lil Wayne auf dem Zenit seiner Karriere. Was will man mehr?

  • Da Drought 3 (2007)

    Womit wir zu einem der besten Rap-Mixtapes aller Zeiten kommen: »Da Drought 3«. Die extrem vielfältige Auswahl von Beats, die von älteren Hip-Hop-Klassikern („Dead Presidents“ von Jay-Z) bis zu damals aktuellen Hits („Crazy“ von Gnarls Barkley) reicht, macht »Da Drought 3« zu einem weitläufigen Spielplatz, auf dem Lil Wayne sich komplett frei austoben konnte. Mit jedem Atemzug schien Wayne neue Flows auszupusten und nahm keine Rücksicht auf die insgesamte Mixtape-Länge, die Einheitlichkeit der Songs oder den Sinn der Lyrics (»And when I was five my favorite movie was The Gremlins/Ain’t got shit to do with this, but I just thought that I should mention«). Solche Kritikpunkte sind hier ohnehin fehl am Platz, denn Lil Wayne macht keine kompakten Konzeptalben. Lil Wayne rappt. Und das wird bei ihm auch auf einem 100-minütigen Projekt wie »Da Drought 3« nicht langweilig. Viel mehr kann man von einem Rapper nicht erwarten.

  • Tha Carter III (2008)

    Das sprachliche Stilmittel, von dem Lil Wayne sowas wie der Meister ist, nennt man non-sequitur. Grobe Definition: Eine Aussage, die keinerlei Bezug zu allen davor getroffenen Aussagen nimmt und dadurch vor allem für Stirnrunzeln sorgt. Auf dem oft verschobenen Album »Tha Carter III«, seinem endgültigen kommerziellen Durchbruch, benutzt er non-sequiturs nicht nur in den verschiedenen Lyrics, sondern auch innerhalb der insgesamten Tracklist. Völlig unterschiedliche Songkonzepte folgen aufeinander und passen eigentlich nie zusammen: Während Wayne in «Dr. Carter« einen Arzt der etwas anderen Art spielt, der andere Rapper mit Dingen wie »schwacher Flow« oder »fehlender Style« diagnostiziert – eine clevere Weise zu sagen: Ich bin besser als ihr! –, spielt er im nächsten Song «Phone Home« einen Außerirdischen vom Mars. Anschließend wird’s mit »Tie My Hands« kurz tiefgründig, wenn der Rapper die Auswirkungen von Hurricane Katrina auf seine Heimatstadt New Orleans thematisiert, ehe er in »Mrs. Officer« plötzlich mit einer willigen Polizistin flirtet (»And after we got done, I said, lady what’s your number, she said 911«). Eine paradoxe, aber unvergleichbare Platte, die leider auch das Ende von Lil Waynes legendärer Hochphase repräsentiert.

  • Tha Carter V (2018)

    Zehn Jahre hat Lil Wayne im Anschluss gebraucht, um wieder eine mehr als nur solide Songsammlung zu veröffentlichen. Das enttäuschende Album »Tha Carter IV« (2011) kam ziemlich uninspiriert daher und auch die Qualität seiner Mixtapes ließ in den 2010er Jahren gewaltig nach. Noch dazu kamen ein achtmonatiger Gefängnisaufenthalt wegen Waffenbesitz sowie ein ziemlich unschöner Beef mit seinem Mentor und Labelchef Birdman, der ihn davon abgehalten hat, »Tha Carter V« herauszubringen. Doch man wurde fürs Warten belohnt: Endlich war Lil Wayne wieder in Topform – clevere Wortspielen, passende Beatauswahl, originelle Songkonzepte – und holte sich außerdem herausragende Feature-Gäste ins Boot, die von altbekannten Namen (Snoop Dogg, Swizz Beats, Mannie Fresh) bis aktuelleren Rappern (XXXTentacion, Travis Scott, Nicki Minaj) reichten. Eine gesonderte Erwähnung verdient nebenbei der Song »Mona Lisa«, in dem Kendrick Lamar das wohl beste Feature seiner gesamten Karriere raushaut.