Visualizing Music – die besten Musikvideos des Monats Oktober 2020

An dieser Stelle sprechen Till Wilhelm und Charlie Bendisch monatlich über die besten Musikvideos, weil das einfach zu wenig getan wird. In der Oktober-Ausgabe unter anderem mit Layla, SSIO und The Weeknd.

VISUALIZING OKTOBER
Es wirkt schon das ganze Jahr, als würden sich die Ereignisse durchgehend überschlagen. In den letzten Monaten haben wir viele Musikvideos behandelt, in denen sich zeigte, wie Künstler:innen mit neuen Situationen umgehen. Wie anpassungsfähig sie auch sein mögen, die gesamte Lebensgrundlage der Kulturbranche steht weiterhin auf dem Spiel. Während Autokonzerne Milliarden schlucken, suchen sich befreundete Musiker:innen schlecht bezahlte Nebenjobs. Denn wer weiß, wann es wieder Konzerte geben wird. Eine waschechte Live-Performance findet sich jedoch in dieser Liste: Sampa The Great hat einen Hybrid aus Konzert und Musikvideo erschaffen. Ansonsten wird es recht düster. The Weeknd beklagt die Kälte der Industrie, Clipping kritisieren die oberflächliche Realität sozialer Medien und Smerz zeigen eine kulturelle Tradition, die jeder Grundlage entbehrt. Gemeinsam ist ihnen eine bedrückende Atmosphäre, die sich sicher mitunter aus den Ereignissen des Jahres speist. Aber auch für Fans seichterer Unterhaltung ist etwas dabei: SSIO präsentiert ein Meisterwerk der Aufmerksamkeitsökonomie und Layla besingt die Kontrolle über den eigenen Körper.

Die offizielle VISUALIZING MUSIC-Playlist gibt es hier auf YouTube.

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  • Layla »So Smooth« (R: The Family Tree)

    Till: Layla kommt aus Münster, wenn ich das richtig verstanden habe. Sie gehört zur 555-Crew, das Video wurde von The Family Tree produziert. Das sind Namen, die mir aus dem Umfeld des Bochumer Rappers Serious Klein bekannt sind. Aus dem gleichen Umfeld kommen aktuell Hotboy Chado und Sumpa.

    Charlie: Das Video knüpft an die sexpositiven Repräsentationen an, die zuletzt in »WAP« zelebriert wurden und früher durch Songs wie »Let’s Talk About Sex« und Rapperinnen wie Lil Kim gepusht wurden. Ihre Bedürfnisse stehen dabei im Vordergrund und werden in den Lyrics ausgekostet. Auch Layla fabuliert von einer schönen, vielleicht idealisierten Interaktion.

    Till: Visuell präsentiert sie vor allem sich selbst. Sie dreht sich in dem Rad, sitzt in einem herzförmigen Whirlpool – das wirkt ein wenig, als würde sie sich zur Schau stellen. Finde ich cool! Sie rappt dann auch: »Ich gehör‘ nur mir alleine, doch mit dir teil‘ ich meinen Körper«

    Charlie: Bei den Bildern ist es ähnlich. Sie behält die Macht darüber, wie sie sich repräsentiert. Visuell ist alles sehr kohärent und harmonisch, Farben und Outfits sind abgestimmt, alles ist strahlend ausgeleuchtet, der Rhythmus der Bewegungen ist angeglichen. Einige der Bilder sind auch schon bekannt: Beispielsweise »Die Geburt der Venus« von Botticelli, auf die Layla mit ihrem Badeanzug, ihrer Körperhaltung und natürlich der Muschel verweist und sich damit als Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit inszeniert. Auf das Gemälde wird sehr häufig Bezug benommen. Ob Lady Gaga oder Janelle Monáe, Fotografinnen wie Rineke Dijkstra oder Angela Strassheim oder auch die Malerin Harmonia Rosales in ihrer Reihe B.I.T.C.H. (Black Imaginary To Counter Hegemony) – die Darstellung der Venus als Ikone von Schönheit und Weiblichkeit wird immer wieder als Folie verwendet, um diese Begriffe zu hinterfragen und neu zu verhandeln. Auch Layla entwirft hier ihre ganz eigene Idealvorstellung.

    Till: Die Schnitte liegen größtenteils auf dem Taktbeginn. Egal, wo man in dieses Video reinspringt, zeigt sich ein schönes Bild. Da sieht man ja schon, wie kontrolliert das ist. Wenn sie durch den Gang aus Perlenschnüren läuft, wirkt das wie: »Komm, ich nehm dich mit.« Das geschieht schon in der zweiten Einstellung des Videos. Von Anfang an ist ihre Kontrolle also dominant.

    Charlie: Sie spielt dann mit einigen Klischees, auch popkultureller Art. Beispielsweise verweist sie auf »Brown Sugar«, den Song von D’Angelo. Ihre Musik steht dadurch gleich in einem Kontext mit diesem traditionell sehr smoothen R&B.

    Till: Viele Bilder sind dabei erotisch-symbolisch aufgeladen. Seien es die verschlungen Körper oder die Perle in der Auster. Sie schwebt in den Wolken, das sind sehr metaphorische Settings. Zudem: Der Titel des Songs passt nicht nur zur Szenerie, sondern auch zu ihren Outfits. Die Samt-Kleidung von Juicy Couture passt genau in diese softe 2000er-Atmosphäre.

  • SSIO »TBC« (R: LEEROY & Michael Jackson)

    Till: Jetzt kommt das Kontrastprogramm. Unter anderem geht es in dem Song um SSIOs Vorreiterposition. Das wird dann dadurch visuell sehr schön umgesetzt, dass sein Gesicht auf andere Körper retuschiert wird. Das Video ist vor allem unterhaltsam.

    Charlie: Das Video bebildert genau das, was SSIO ausmacht. Es ist schnell und kurzweilig, die technische Raffinesse des Videos wird exponiert. Genau das ist ja auch typisch für seinen Rapstil. Auch inhaltlich deckt das Video vieles ab, wofür er steht: Sex, Hash, Humor, Raubüberfälle und auch Essen. Das Kulinarische ist schon auch wichtig bei SSIO. Und natürlich: Tannenbusch City.

    Till: Es erklärt sich erst zum Ende offensichtlich, wieso der Track eigentlich »TBC« heißt. Das steht natürlich für Tannenbusch, sein Viertel. Diese Gegend kommt auch im Video vor, bei 01:03 Minuten ungefähr werden kurz die Haustüren der Gegend gezeigt. Die Drohnenaufnahmen sind natürlich beeindruckend. Es gibt tatsächlich auch mehrere Stellen, an denen die Kamera eigentlich eine bestimmte Bewegung macht, allerdings in ganz unterschiedlichen Settings. Das zeigt sich beispielsweise bei 01:54 Minuten. Die Kamera fliegt durch den Hauseingang, dann entlang des Geldscheins und so fort. Die Bewegung der Kamera wirkt sehr smooth und fließend, obwohl das natürlich ganz unterschiedliche Aufnahmen sind.

    Charlie: Das ist wie ein hyperagiler Tunnel. Wir werden in dieses Universum eingeführt, die einzelnen Zeilen werden ja auch sehr plakativ bebildert.

    Till: Viele Techniken, die hier vorkommen, haben die Regisseure natürlich nicht erfunden. Aber die filmischen Elemente sind in ihrer Summe extrem krass. In jeder Szene wird eigentlich nochmal mit der Technik geflext. All diese Ideen steigern den Unterhaltungswert. Auf mehr ist das Video ja auch nicht aus. Ein aufmerksamkeitsökonomisches Meisterwerk.

    Charlie: SSIO geht es eigentlich immer um die Perfektionierung dieses Unterhaltungscharakters. Übrigens ist der Anfang von diesem Video recht ähnlich zu dem Anfang vom Layla-Video. Aber natürlich ganz anders. In beiden Fällen wird direkt auf den laufenden Hintern gefilmt, bei SSIO ist der Blick eindeutig männlich konnotiert, während bei Layla genau die Kontrolle über den eigenen Körper im Fokus steht.

    Till: Man sieht ja auch kurz, dass diese Frau vor SSIO herläuft, es ist also spezifisch sein Blick. Layla spielt genau mit diesem Klischee von HipHop-Videos. Bei SSIO ist das konsequenter Teil der Aufmerksamkeitsökonomie.

  • Smerz »I don’t talk about that much« & »Hva hvis« (R: Benjamin Barron)

    Till: Smerz ist ein Duo aus Kopenhagen, die sind bei XL Recordings gesignt, wo ja auch Arca und FKA twigs beheimatet sind. Damit lässt sich dieser Sound vielleicht nochmal besser einordnen. Etwas unzugänglicher Experimental Electronic Pop. Im Musikvideo sind zwei Songs enthalten, der zweite ist aber eher Untermalung für die Credits.

    Charlie: Der Tanz, den wir im Video sehen, ist ein norwegischer Volkstanz namens »Hallingdans«. Das ist eigentlich ein Männertanz, der solo ausgeführt wird. In diesem Video wird allerdings in Paaren getanzt, die Tradition ist also von vornherein verfremdet.

    Till: Das hat etwas sehr Ekstatisches. Die Musik ist sehr treibend und repetitiv, während der Tanz eigentlich entschleunigt ist.

    Charlie: Man hat das Gefühl, dass sich Tempo und Schnittsequenzen erhöhen. Wie eine Aufwärtsspirale. Die Protagonistin ist einerseits in gemeinsamen Bewegungen eingegliedert, andererseits stellt sie den Mittelpunkt der Zeremonie dar. Interessant ist das Bühnenbild, mit ganz wenigen Elementen wird hier eine Dorfkulisse skizziert.

    Till: Der Fisch, der dort runterhängt, ist ja kein echter Fisch. Es wird eine dörfliche Tradition gezeigt, die in einem Leerraum stattfindet. Die Dorfkulisse ist substanzlos, die Bühne ist umgeben vom Nichts. Der Kontext dieser kulturellen Bräuche ist nur noch Requisite. Wenn man möchte, kann man das in einen Zusammenhang mit kultureller Tradition bringen, deren gesellschaftliche Grundlage nicht mehr existiert. Realpolitisch: Die Sitten und Werte, die Rechtskonservative in Europa einfordern, spiegeln die wirkliche Gesellschaft gar nicht mehr wider.

    Charlie: Man kann das auch als Fantasieraum lesen, komplett dekontextualisiert. Das Video weckt Assoziationen zum kontemporären Folk-Horror. »Midsommar« ist da sicher die prominenteste Assoziation. Eine leicht gruselige, düstere Komponente schwingt da schon mit.

    Till: Zu den Credits läuft dann ein eigenständiger Song, zu sehen ist dabei die Einsamkeit in einer beeindruckenden Landschaft. Dieser naturbelassene Raum wäre eigentlich das perfekte Setting für die ländliche Tradition, die wir im ersten Teil gesehen haben. Eine ganz andere Art von Leerraum.

    Charlie: Während die erste Hälfte im modernen Theater zu verorten ist, weckt die zweite Erinnerungen an impressionistische Gemälde. Außer den Credits findet hier keine Bewegung mehr statt.

  • Clipping »Enlacing« & »Pain Everyday« (R: C Prinz)

    Charlie: Bis zum Ende changiert die Kamera nur zwischen wenigen Szenen: Die vorbeiziehenden Bilder aus dem Autofenster, die isolierten Figuren im Studio, das Haus und die Ecke, in der der Rapper steht.

    Till: Ich finde die Einstellungen mit den verhüllten Gegenständen ganz spannend. Gerade, weil hier im Tanz Körper enthüllt und präsentiert werden. Im Gegensatz dazu werden Gegenstände, die normalerweise offen gezeigt werden, versteckt. Ich würde gerne in den Raum stellen, was Regisseur C Prinz zum Video zu sagen hat: »This piece explores bodies and impact and gravity and sensation in a way that aims to overwhelm you as viscerally as our current world reality does mentally, but through the lens of the embodied experience. We are surrounded by surface level, fake realities through social media and politics. I just wanted to create a piece that serves as a momentary break from the superficial culture we live in and fantasize on a more genuine, honest reality in the effort it takes to survive right now.«

    Charlie: Eine andere Komponente ist die Architektur. Über die Autofahrt hinweg sieht man immer wieder Brücken und Zäune, Stacheldraht. Das sind Architekturen der Verhüllung und Abschottung.

    Till: In den Studios sehen wir wiederum weite Flächen, die sehr leer sind. Bei 03:30 Minuten haben wir ein gespaltenes Haus, das gehört definitiv nicht so. Später wird dieser Raum durch den Tänzer gefüllt und erschlossen. Symbolisch werden hier Räume aufgebrochen und erkundet.

    Charlie: Durch die Länge des Videos und seine Konzentration auf die wenigen Szenen, wird alles viel genauer behandelt. Die Körper und die Bewegungen werden detailliert betrachtet und wir nähern uns ihrem Ausdruck. Die isolierten Performances verschmelzen in der Montage effektvoll mit den architektonischen Fragmenten und dem mystisch brennenden Meer.

    Till: Am Ende zerschlägt Daveed Diggs die Glasscheibe in Richtung Publikum. Das ist eine Durchbrechung der vierten Wand und kann exemplarisch stehen für die Aufrüttelung, die das Video sein will. Die Oberfläche der technischen Mediums wird zerstört, um den Fokus auf eine tiefere Realität zu lenken.

    Charlie: Die Kamera ist ansonsten sehr immersiv, man wird in die Szenerie hineingezogen. Während man zuvor angesprochen und angeschaut wird, richtet sich die Schlussszene gegen den klebenden Blick des Publikums.

  • Sampa The Great »Black Atlantis« (Planet Afropunk Performance) (R: Director Kit)

    Till: Was sehen wir hier eigentlich? Eine Live-Performance, die als solche gefilmt wurde, aber gar nicht vor Publikum aufgeführt wurde. Diese Performance hat nur im Rahmen des Videodrehs stattgefunden und wird dann übers Internet ausgestrahlt. Das finde ich aufgrund der Absenz von tatsächlichen Konzerten in den letzten Monaten sehr spannend. Ich denke, vielen Künstler:innen fehlt die öffentliche Präsenz abseits von konkreten Releases. Auch wenn es keine Konzerte gibt, werden sich viele Artists Gedanken dazu machen, wie sie bestimmte Songs live präsentieren möchten. Da fehlt die Möglichkeit zum kreativen Ausdruck. Das wird sicher nicht die letzte Performance dieser Art sein.

    Charlie: Das Herausragende hierbei sind die Farben, die Kostüme, die Choreographien. Alles Teil einer Live-Performance im Rahmen des virtuellen Afropunk Festivals. Es finden sehr viele Ideen Einzug. Was wir hier sehen, könnte durch die virtuose Kamerabewegungen und die präzise Montage fast als Musikvideo oder Kurzfilm durchgehen, wenn sie kein Mikrofon in der Hand hätte. Zudem ist am Sound erkennbar, dass es sich um eine Live-Situation handelt. Wir hören hier ja keine Studio-Versionen der Songs. Das ist eine Art Hybrid aus Konzert und Musikvideo, losgelöst vom Bühnensetting und von der Interaktion mit dem Publikum.

    Till: Einige Moves, die wir sehen, sind aber sehr Konzert-typisch. Sie springt in die Luft, sie schwingt sich durch den Raum, die Choreographie zählt dazu. Das kann hier aber ganz anders in Szene gesetzt werden, auch mit den Outfit-Wechseln. Es ist interessant zu sehen, was ohne musikalische Veranstaltungen online passiert. DJ-Sets über Instagram-Live konnte man ja das ganze Jahr über sehen. Dann ist es nur logisch, wenn Sampa The Great ein ganzes Konzert-Erlebnis auf YouTube bereitstellt. Ab Minute 09:00 sehen wir übrigens einen Backdrop, das knüpft ja ganz klar an die Bühnenerfahrung an.

    Charlie: Bei 10:30 Minuten hält sie eine Ansage zwischen den Songs. Das ist auch sehr typisch, obwohl es in diesem Kontext eigentlich nicht nötig wäre. Was wir im Video sehen, ist auch eine Fantasie, »Black Atlantis« ist mit einer afrofuturistischen Idee verbunden, die Keitumetse Qhali mit Sampa The Great visualisiert hat. Später sehen wir noch in die Höhe gestreckte Black-Power-Fäuste.

    Till: Ihr Outfit und das Singen im Sitzen ab 11:30 Minuten erinnert wiederum stark an afroamerikanische Musikgeschichte. Ich denke an Nina Simone, die in Montreux am Flügel sitzt. Später erinnert es mich an Soul Train, nur das Publikum fehlt. Das liegt auch an der Kameraarbeit.

  • The Weeknd »Too Late« (R: Cliqua)

    Till: Ich gebe mal eine Interpretation wieder, die ich in den Kommentaren gelesen habe. Diese beiden Damen seien stellvertretend für Hollywood, das nach einem perfekten oberflächlichen Bild strebe. Die Unterhaltungsindustrie hingegen nutze Schwarze Menschen und deren Körper aus, die Identitäten seiner Stars seien austauschbar. Das zeige sich darin, dass The Weeknds Kopf hier auf einen beliebigen Körper montiert wird. Also eine Kritik an Oberflächlichkeit, Rassismus und Selbstoptimierung. Die Schlussszene ist eben nochmal eine Verstärkung der Ausnutzung. Stichwort: Riding the wave.

    Charlie: Das kann man da auf jeden Fall reinlesen. Der Konnex von Kapitalismuskritik und Body Horror hat auf jeden Fall Tradition. Erstmal war’s für mich wie eine weitere Episode eines Kurzfilms, die narrativ an das Video zu »In Your Eyes« anschließt, wo ihm sein Kopf abgetrennt wird. Die beiden Damen, die von der Schönheits-OP kommen, haben einerseits etwas Mumienhaftes, andererseits etwas Animalisches. Letzteres spiegelt sich in den Outfits wider. Im Swimmingpool gleichen sie wie häufig Raubkatzen.

    Till: Gerade die Szene im Swimmingpool finde ich interessant. Da sieht man erst im letzten Moment wieder den mumifizierten Kopf. Davor wirkt es wie eine recht beliebige Szene eines ganz normalen Mainstream-Musikvideos. Die Pool-Party ist da ja ein beliebtes Setting. The Weeknd benutzt diese gewöhnlichen Bilder und gliedert sie in das grausige Spiel ein, das hier gezeigt wird. Das zeigt sich nochmal, während die Damen sich ankleiden und auch in der Schlussszene. All das sind Bilder, die man recht häufig sieht, hier aber in einem recht grauenvollen Kontext.

    Charlie: Was die These vom Beginn unterstützt, ist, dass die beiden Damen ihn bei 02:28 Minuten im Fernseher anschauen. Da geht es um eine idealtypische Vorstellung des Sängers.

    Till: Kurz darauf sieht man das Gemälde der beiden. Dort sind sie noch mit ihren alten Nasen zu sehen.

    Charlie: Da sehen sie ein bisschen schweinsähnlich aus. Bei Rico Nasty und Kali Uchis hatten wir ja schon mal Schweinemenschen und zerstückelte Männer. Der Vibe war dort natürlich ganz anders.

    Till: Während sie den Mann suchen, den sie später ermorden, ist schon das ganze Wohnzimmer mit Zeitungspapier und Folie ausgelegt. Die beiden wissen ganz genau, was sie tun. Sie schlagen maximalen Profit aus jemandem, den sie wortwörtlich auf der Straße gefunden haben. Und gehen dafür über Leichen.

    Charlie: In einem Interview erwähnte The Weeknd, dass er von Filmen wie Brian De Palmas »Dressed To Kill« und Claire Denis »Trouble Every Day« begeistert ist, das erklärt vielleicht seine Vorliebe für blutrünstige Frauenfiguren. Bloß tötet die Hauptfigur in »Trouble Every Day« die Männer, nachdem sie mit ihnen schläft. Die beiden Regisseure von CLIQUA verleihen ihrem Clip zudem eine expressive, kalte Farbigkeit, die im Kontrast zum Rot der Lippen, des Bluts und The Weeknds Anzug steht.

    Till: Die letzten Videos von ihm waren extrem übersättigt, sehr rot-orange. Die drehten sich um Rauschzustände. Dagegen blickt der Sänger hier auf die kalte Realität.