Mit Ab-Soul auf dem Weg zum nächsten großen Black-Hippy-Release

In Kürze soll Ab-Souls »LT3«-Mixtape erscheinen. ALL GOOD fasst die bisherigen Song-Highlights des TDE-Rappers zusammen.

Ab-Soul
Die Hackordnung in der TDE-Familie mag auf den ersten Blick offensichtlich sein. Natürlich ist sie das nicht – zu gut sind die einzelnen Mitglieder aus dem Westcoast-Powerhouse. Kendrick hat »good kid, m.A.A.d city«, Jay Rock darauf einen grandiosen Verse, Schoolboy Q gelang mit »Oxymoron« Qualität und kommerzieller Erfolg und die zweite Generation um SZA und Isaiah Rashad hat sich beeindruckend in Stellung gebracht. Nebenbei liefert Ab-Soul – wie er selbst in der XXL-Freshmen-Cypher erklärte: der letzte Black Hippy mit einem eigenen Wiki-Eintrag – seit vier Jahren hochqualitatives Material ab.

Ab-Soul überzeugt ein ums andere Mal als penibler Silbenzähler zwischen Canibus und Nas, dazu hat er den Blick durchs dritte Auge und die Selbstfindungsmärchen, außerdem gibt er ebenso den esoterischen Paranoiker wie stolzen Black Power-Fighter. Ab-Soul ist Hunter S. Thompson, Jack Kerouac, James Baldwin und Milton William Cooper. In Kürze soll »Long Term 3: Lifestyles of the Rich and Famous«, der dritte Teil seiner gefeierten Mixtape-Reihe erscheinen. Für die ALL GOOD-Autoren Alex Engelen (ae) und Stephan Szillus (scs) ein willkommener Anlass, eine Liste mit den bisherigen Ab-Soul-Highlights zu erstellen. Denn in der TDE-Erfolgssträhne könnte er der nächste sein, der durch die Decke geht.

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  • Black Hippy »Zip That Chop That« (2010)

    Dieses frühe Video der Black-Hippy-Crew, also des kompletten damaligen TDE-Rosters, ging seinerzeit via Mail in Auskennerkreisen herum. Man war sich schnell einig, dass man dieses Quartett künftig auf dem Zettel haben musste. Man war sich ebenso einig, dass Young Kendrick im verwaschenen Camo-T-Shirt hier die schillernde Figur darstellte. Man hegte aber auch direkt Sympathien für den leicht verlotterten Homeboy Ab-Soul, der gleich mal Tracy Chapman beleidigte und im Video so aussah, als habe er noch eine deutliche Restalkoholfahne. Auch seine drei Kollegen scheinen sich seiner Sonderstellung bewusst, immerhin überlassen sie ihm in dritten Verse den letzten und abschließenden Part. (scs)

  • Ab-Soul feat. Kendrick Lamar »Turn Me Up« (2010)

    Diese Gitarrenmelodie. John Abercrombie, »Timeless«. Ein zwölfminütiges, ergreifendes Stück Fusionjazz, das 1975 auf dem deutschen ECM-Label erschien und knapp 30 Jahre später von Black Milk für »The Reunion« von Slum Village gesamplet wurde. Spricht nicht nur für Tae Beast, einen der interessantesten HipHop-Produzenten der letzten Jahre, sondern auch für Ab-Souls Geschmack beim Beatpicking. Dass er dann auch noch neben dem talentiertesten, charismatischsten Black Hippy kein bisschen untergeht, ist eine Leistung für sich. Bereits hier glänzt er mit der Stärke seiner ersten vier Bars und klingt nicht mal überheblich, wenn er künftig nur noch mit »2010 Rakim« angesprochen werden möchte. (scs)

  • Kendrick Lamar feat. Ab-Soul »P&P« (2010)

    Klar, »P&P« ist kein »Swimming Pools (Drank)«. Aber »gkmc« ist eben auch noch zwei Jahre hin und Prinz Kendrick darf sich noch ein wenig die Hörner abstoßen, bevor es auf den Thron geht. Kendrick und Ab-Soul überlegen sich also zusammen auf dem grandiosen »Clock With No Hands«-Beats von den Roots, wie man einen schlechten Tag zu einem guten machen kann. Hochprozentiges und menschliche Wärme helfen, aber: Auch im Party-Modus kann Ab-Soul das Hirn nicht abschalten: »Free your mind/don’t mind society.« Wobei, wenn dann schließlich der Beat switcht (und sich Teile von Outkasts »Vibrate« leiht) lässt auch er sich zur bodenständigen Alltagsbewältigung hinreißen: »I had a long day and I really wanna fuck.« (ae)

  • Kendrick Lamar »Ab-Soul’s Outro« (2011)

    Nach 50 Minuten weltbewegender Kendrick-Show gibt das Outro von »Section.80« dem Hörer noch den letzten Rest. Schlagzeug, Saxophon und Rhodes legen mit der Future-Free-Jazz-Improvisation los und dann tritt Ab-Soul an die Kanzel. »What’s your life about? Enlighten me.« Wäre ja wirklich auch zu einfach gewesen, dieses ohnehin schon viel zu komplexe Stück Musik leicht verdaulich ausklingen zu lassen – dafür holt sich Kendrick seinen verkopftesten Bruder zur Hilfe. Und Ab-Soul predigt den Straßen-Gospel in einer Tradition mit Gil Scott-Heron, The Last Poets und Jazzmatazz. »The bigger picture isn’t developed yet.« (ae)

  • Schoolboy Q feat. Ab-Soul »Druggys With Hoes« (2011)

    Dieser Tune vom »SetBacks«-Mixtape initiierte eine folgenschwere Freundschaft zwischen Schoolboy Q und A$AP Rocky. »Druggys With Hoes« war nämlich laut A$AP Yams‘ Aussage einer der Songs, die bei seinem Mob monatelang hoch im Kurs standen. Q sollte anschließend mit der Rocky-Kollabo »Hands On The Wheel« einen seiner größten Hits haben. Allerdings war es gerade auch Ab-Soul, der »Druggys« – übrigens wieder eine Tae-Beast-Produktion – mit seinem schaustehlenden dritten Verse zu einem besonderen Moment auf »SetBacks« machte: »This hip hop ain’t done none for me/knew I was to be a star when I had a cubby.« (scs)

  • Ab-Soul »Black Lip Bastard« (2012)

    Ja, es gibt auch einen ziemlich guten Black-Hippy-Remix auf Soulos »Control System«-Tape, aber der eigentliche Kracher war schon das Original: Willie B flippt Donny Hathaway und Ab-Soul bringt sich als Aushilfs-Fugee in Stellung, falls es Black Hippy mal nicht mehr geben sollte. Zum Ende der letzten Strophe behauptet er gar, er würde den Abstinenzler und Atheisten Tyler The Creator dazu bringen, sich Bongs anzuzünden und Psalme zu rezitieren. Der Songtitel bezieht sich selbstironisch auf seine Lippen, die sich nach seiner Erkrankung mit dem Stevens-Johnson-Syndrom als Kind dauerhaft verfärbt haben. Krasser Stoff. (scs)

  • Ab-Soul feat. Danny Brown & Jhene Aiko »Terrorist Threats« (2012)

    Diese logische Kombination war eigentlich nur eine Frage der Zeit: Danny Brown, das pillenfressende Mic-Monster aus den Ruinen Detroits, und der paranoide Kiffer Ab-Soul, der selbst im sonnigen Los Angeles nur die Schatten Babylons erkennen kann. Hier namedroppt er schon im Intro gleich mal Aleister Crowley und erkennt im Rauch der fallenden Türme vom 11. September – natürlich – die Fratze Adolf Hitlers. Ein atmosphärisches Trap-Brett von Dave Free, seines Zeichens TDE-Manager und neben Tae Beast, Sounwave und Willie B ein Viertel des Hausproduzententeams Digi+Phonics, und eine von Jhene Aiko lässig gerappte Bridge machen »Terrorist Threats« zu einem der rundesten Songs des sträflich unterschätzten »Control System«-Albums. (scs)

  • Ab-Soul feat. Kendrick Lamar »ILLuminate« (2012)

    Neben seiner Stärke als Third-Eye-Philosoph und Nebelschwadenbildermaler ist Ab-Soul vor allem auch »A legend in his own mind« im besten Gil Scott-Heron’schen Sinne. Also ein Rapper wie er sein sollte – überschwänglich und komplett von sich überzeugt. »So you can take your top 5 list/Dead or alive and put me after Em« – und das ist ja erst der erste Verse. Dass sich Ab-Soul im dritten Verse von Kendrick tatsächlich noch die Butter vom Brot nehmen lässt, sagt mindestens genauso viel über Soul aus, wie über Kendrick. (ae)

  • Ab-Soul »The Book Of Soul« (2012)

    Für dieses Stück samplete der schwedische Producer Tommy Black, der schon seit 2009 häufiger Beats ans TDE-Camp verschickt hatte, das gleiche Bobby-McFerrin-Stück (»Moondance« von 1982), aus dem MF Doom auch seinen »Special Herbs«-Beat »Burdock Root« gebaut hat. Auf dieser Unterlage geht Ab-Soul emotional beeindruckend all-in: Ein Brief in Form eines Songs an seine Ex-Freundin Alori Joh, eine Sängerin aus dem TDE-Umfeld, die sich im Februar 2012 von einem Funkturm in Compton gestürzt hatte. In der zweiten Hälfte der ersten Strophe fallen einige der berührendsten und besten Zeilen, die Ab-Soul bislang geschrieben hat: »You used to say that I could see the future/you was wrong, cause you was in it.« (scs)

  • Ab-Soul »Nibiru« (2012)

    Im Titel bezieht sich Ab-Soul sowohl auf die sumerische und babylonische Mythologie (Niburu bezeichnet dort eine Gottheit) als auch auf eine astrologische Strömung, die manche für die Wahrheit und andere für den verquersten Unsinn überhaupt halten. (Nibiru alias Planet X ist ein Himmelskörper in unserem Sonnensystem, dessen Existenz NASA und die Regierungen der 1. Welt vehement verheimlichen). So oder so ziemlich abgefahren das Ganze – im TDE-Geflecht ist Ab-Soul eben der Mann für eine gute Verschwörungstheorie. Dazu hat er aber eben auch immer Lines wie »They was debating about Kobe and LeBron/The Bible or the Qur’an« sowie »You see Porsches, behold of pale horses galloping ‚cross the nation«. Produziert wurde »Nibiru« von dem introvertierten R&B-Singer/Songwriter und Produzent JMSN aus Michigan, der für Ab-Souls Diplomarbeit in Alien-Pyramiden-Kunde das dunkelste Sci-Fi-Akkordeon und die entrücktesten Computerspiel-Engelsstimme auspackt. (ae)

  • Joey Bada$$ feat. Ab-Soul »Enter The Void« (2012)

    Die B-Seite der »Waves«-Single des jungen New Yorker Golden-Era-Apologeten Joey Bada$$. Auf psychedelischem Boombap von Lee Bannon richtet sich Ab-Soul über ätherischen Vocalsamples an die »new generation of lost souls/student loans/iPhones/reality TV shows« und rät seinen Altersgenossen zusammen mit dem Brudi im Geiste Joey allen Ernstes: »Keep your motherfucking Chakras open.« Chakras, das dritte Auge, New-Age-Spiritualität, vielleicht auch Eso-Gewäsch — dennoch ein magischer Song mit ein paar der größenwahnsinnigsten Ansagen aus einem an größenwahnsinnigen Ansagen nicht gerade armen Katalog. (scs)

  • Chance The Rapper feat. Ab-Soul »Smoke Again« (2013)

    Einen Tag vor Release des bockstarken Mixtapes »Acid Rap« von Chance The Rapper erschien das Video zu »Smoke Again«. Der Track ist eine nicht weiter außergewöhnliche Stoner-Hymne, die sich qualitativ an den Rest von Chance The Rappers Großtat anlehnt. (Also doch ein wenig außergewöhnlich!) Auch Ab-Soul macht nicht viel mehr als das eine oder andere Wortspiel mit seinem Geburtsnamen, einem Beatles-Song und richtigem Schweinkram. Zwischen tranigen Fanfaren von den Blended Babies und dem höchstsympathisch schunkeligen Rap-Sing-Sang von Chance zeigt »Smoke Again« vor allem eines: Ab-Soul kann auch ganz normal Spaß haben, so wie all die begeisterungsfähigen, jungen Rapper. (ae)

  • Ab-Soul Ab-Soul »Christopher Droner« (2013)

    Ist das ein Glockenbeat? Ja, und was für einer. Willie B flippt für »Christopher DRONEr« das gleiche Sample, das zuvor bereits Jahlil Beats für Meek Mills »Gasoline« verwendete und Soulo gibt den irren Amokläufer. Der Track referenziert die Geschichte des ehemaligen US-Polizisten Christopher Dorner, der des Mordes an seinen Kollegen beschuldigt und während der Fahndung erschossen wurde. In einem öffentlichen Facebook-Post bezichtigte Dorner zuvor das L.A. Police Department der Korruption und des Rassismus. Ab-Soul hatte bereits via Twitter sein Beileid über den Tod Droners ausgesprochen und legte dann einige Monate mit diesem Song nach. »Christopher DRONEr« ist – einmal mehr – ein Statement zwischen Verschwörungstheorie und Polit-Rap mit Malcolm-X-Querverweis und Kanye-West-Zitat. (ae)

  • Mac Miller feat. Ab-Soul Mac Miller feat. Ab-Soul »Matches« (2013)

    Als Mac Miller nach dem Erfolg seines Debütalbums von Pittsburgh nach L.A. zog, begann er mit den Coolen von der Schule zu hängen: Odd Future, TDE, Alchemist und Flying Lotus gingen plötzlich in seiner Luxusbude in den Hollywood Hills ein und aus. Besonders zwischen Ab-Soul und dem geläuterten Fratboy-Rapper entwickelte sich eine Freundschaft und eine Chemie. Auf seinem Feature-Part für Millers zweites, erstaunlich progressives Album »Watching Movies With The Sound Off« verfällt Soulo einmal mehr in absoluten Blackout-Modus. Die Botschaft: Auch wenn es 2013 bis auf einige Features etwas ruhiger um Soulo wurde und die Rap-Welt sich primär um Kendrick (und später Schoolboy) drehte, darf man ihn – wie sich zeigen sollte – noch lange nicht abschreiben. (scs)

  • Ab-Soul Ab-Soul »Tree Of Life« (2014)

    Der Baum des Lebens steht bei Ab-Soul freilich für die ganze Palette klerikaler sowie weltlicher Symbolik – ein wenig Fruchtbarkeitsmetaphorik hier, etwas Schöpfungsmythos da, und natürlich dient der Weltenbaum als Achse zwischen Himmel, Erde und Unterwelt. Allen voran geht’s beim lustigen Baumkult aber natürlich um die schönste Botanik: »I just wanna live like the trees/Shoot the breeze, stay around some leaves, nah’mean?« Man weiß natürlich, was gemeint ist. »Tree Of Life« offeriert sogleich die musikalische Weitsicht – die Drums von Produzent Curtiss King und Ab-Soul machen beide gleichermaßen den modernen Rakim und Soulo schlonzt in der Bridge noch locker einen Kinderreim runter (natürlich als Referenz an Nas’ »K-I-S-S-I-N-G«), nur um dann von Kumpel Joey Bada$$ noch einen kleinen Verse (bereits bekannt von »World Domination«) zu bekommen. Kabbalah-Raps für all die Homies in the back! »LT3« kann sowas von kommen. (ae)