Die DNA von Anthony Mills & Clefcos »Supplicate«

Zum Release ihres Kollabo-Albums »Supplicate« öffnen der österreichische Produzent Clefco und der US-Sänger Anthony Mills ihre Crates und sprechen über ihre musikalischen Einflüsse.

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Auf einem Konzert in Wien lernten sich der Südtiroler Produzent Clefco und der US-Sänger Anthony Mills kennen. Man verstand sich auf Anhieb – die Basis für eine Zusammenarbeit war also gelegt. Anthony Mills, mittlerweile in Stockholm ansässig, kehrte also nach Wien zurück, damit man dort zusammen an einem gemeinsamen Album arbeiten konnte. Das Ergebnis erblickte jetzt das Licht der Welt: »Supplicate«. Die elf Songs bewegen sich dabei zwischen dem spielerischen Singsang von Dudley Perkins und den warm knallenden Drums von Dilla und Pete Rock und kreieren dabei ihre eigene Definition von beat-getriebenem Future Soul. Über das Wiener Label Hector Macello Records, das zuletzt das Instrumental-Album von Brenk Sinatra & Fid Mella veröffentlichte, erscheint die Kollaboration nun und steht ab sofort zum freien Download bereit.

Für ALL GOOD haben Clefco und Anthony Mills einige Songs zusammengetragen, die sie einerseits musikalisch sozialisiert, andererseits auch während der Arbeit an »Supplicate« begleitet haben. Oder wie es Anthony Mills selbst sagt: »Diese Songs haben mich direkt beeinflusst und mir Mittel und Wege gezeigt, um ein Künstlerleben frei von Schreibblockaden, fehlender Inspiration und halbherzigem Kunst-Scheiß zu führen. Diese Songs sind der Spinat für meine musikalischen Popeye-Arme, Homie!«

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  • Bill Withers »Grandma’s Hands«

    Anthony Mills: »Mein Vater hatte die Platte in der ›Live From Carnegie Hall‹-Version – er hat sie immer Sonntags im Haus meiner Großmutter gespielt, weil unser Plattenspieler kaputt war. Bills Erzählweise, seine Melodien und die Leidenschaft in seiner Stimme haben mich immer ganz besonders berührt, auch weil sie mich immer an meine Großmutter erinnert haben und immer werden.«

  • Common feat. Slum Village »Thelonius«

    Clefco: »›Like Water For Chocolate‹ war eines meiner ersten Rap-Alben. Mein Vater hat mir damals die CD aus London mitgebracht. Zu der Zeit hatte ich noch sehr wenig Ahnung von HipHop und Rap. Aber ich kann mich erinnern, dass wir im Auto viel ›The Score‹ von den Fugees und eben das Common-Album gehört haben, was ich sehr gefeiert habe. Für mich ist ›Thelonius‹ auf der Platte mittlerweile meine Lieblingsnummer – übertriebener Dilla-Beat und auch am Mic stellt er klar, dass er ein unglaublicher Rapper war.«

  • Parliament »Placebo Syndrome«

    Anthony Mills: »Ich habe eine Tante, die nie geheiratet oder Kinder hat – sie ist die Beste! Ich habe von ihr zu meinem fünften Geburtstag eine Parliament-Platte mit diesem Song bekommen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich natürlich keine Ahnung, was ein Placebo ist. Am Ende des Songs gibt es ein fantastisches Keyboard-Solo, bei dem ich – aus welchem Grund auch immer – eines Tages so krass weinen musste, als hätte ich die Liebe meines Lebens verloren. Ich spreche hier von: In Tränen ausbrechen im Haus meiner Großmutter, ohne dass es jemand mitbekommen hätte. Das hat mich in meiner musikalischen Entwicklung auf jeden Fall beeinflusst. Ab diesem Zeitpunkt ist mein Verhältnis zu Musik so innig geworden, als wäre sie Teil meiner Familie.«

  • Wildcookie (Freddie Cruger & Anthony Mills) »Heroine«

    Clefco: »›Heroine‹ ist einer der ersten Songs, den ich von Anthony bzw. Wildcookie gehört habe. Ich fand seine hohe Stimmlage auf dem Song vom ersten Moment an sehr cool und eigen. In Kombination mit dem super smoothen Beat und dem Thema des Songs – perfekt! Das hab ich sehr gefeiert und war dann auch der Grund, dass ich 2011 auf das Wildcookie-Konzert in Wien gegangen bin, wo uns Kumpel und Booker Kidkut vorgestellt hat.«

  • Brass Construction »Peekin’«

    Anthony Mills: »Das Ding war ebenso Teil der Plattensammlung meines Vaters und hatte sehr großen Einfluss auf mich als kleiner Hosenscheißer. Ich weiß noch, als mich meine Mutter damit erwischte, machte sie Stress, als hätte ich einen Porno geschaut. Es war großartig zu sehen, welche Power die Lyrics hatten. Ich wusste ja nicht, dass es in dem Song um einen Spanner ging. Richtiger Voyeur-Kram.« (lacht)

  • Pete Rock feat. Raekwon, Ghostface Killah & Prodigy »The Game«

    Clefco: »Das ist schon früher im Skatepark ein unglaubliches Brett gewesen! ›Soul Survivor‹ wurde dort sowieso auf und ab gepumpt. Da habe ich auch das erste Mal von Pete Rock gehört und langsam verstanden, dass es die Producer sind, die Instrumentals machen und nicht irgendwelche Bands.« (lacht)

  • Daryl Coley »Blessed Assurance«

    Anthony Mills: »Dieser Typ hat einen explodierenden Geist und ist eine großartige Kettensägen-Stimme von einem Tenor. Er zersägt niedrigste Stimm-Standards, denen man in Zeiten des fehlenden Souls ständig über den Weg läuft. Von Daryl Coley kann ich immer etwas lernen. Auch wenn er es einem nicht einfach macht. Auf jeden Fall bekommt er schon mal Coolness-Punkte für seinen giftgrünen Anzug.«

  • Genesis »White Mountain«

    Clefco: »Zu der Zeit, als Anthony und ich ›Supplicate‹ aufgenommen haben, bin ich ein bisschen auf Genesis hängen geblieben. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, ob ich einen kleinen Part von ihnen für das Album gesampled habe, aber wenn ich mir jetzt gerade die ›Trespass‹-Platte anhöre, kriege ich auf jeden Fall Lust, da noch mal was zu verwurschteln.«

  • Prince »Adore«

    Anthony Mills: »Ich hatte von der puren Schönheit und Kraft des Falsetts keine Ahnung, bis ich diese Platte hörte. Es hat mein Bild davon verändert, zu was die Stimme in der Lage ist. Ich musste alles dafür tun, dass ich diesen Song singen kann. Und – das kann man mir glauben – ich habe es geschafft. Diese Lyrics, diese Soundästhetik – ich bin dabei über mich hinausgewachsen und es hat mir das Selbstvertrauen gegeben, ganz genau das zu machen, was ich als Sänger machen möchte.«

  • Kendrick Lamar »Rigamortis«

    Clefco: »Auch ›Section.80‹ habe ich zur Zeit der Album-Produktion viel gehört. Abgesehen von den Beats und Kendricks Raps fand ich vor allem die Vocals ziemlich geil gemischt. Die haben mich auf die eine oder andere Weise bei den Aufnahmen sowie später bei den ersten Rough Mixes von Anthonys Vocals im Hinterkopf begleitet.«

  • Gil Scott-Heron »Angel Dust«

    Anthony Mills: »Dieser Song hat mir richtig Schiss gemacht. Meine Mutter hat aus dem Track zitiert, um uns klar zu machen, dass wir nicht einmal auf die Idee kommen sollten, Angel Dust mal zu probieren. Die scheiß Taktik hat funktioniert! Wegen diesem einen Song hatte ich überhaupt kein Problem damit, die Finger von Crack zu lassen.«