Die 15 besten Blu-Momente

Below the Heavens
Es ist nicht ganz leicht, sich einen Überblick über den umfangreichen Katalog des enigmatischen Rappers zu verschaffen. Seine Glanzmomente hat Blu in der letzten Dekade akribisch über mannigfaltigste Projekte und Formate verteilt: Mixtapes, EPs, Freetracks, CD-Rs, MP3-Sammlungen und die wenigen Alben, die diese Bezeichnung tatsächlich verdienen. ALL GOOD-Autor Stephan Szillus hat seine 15 Lieblingsmomente aus der Diskografie des kalifornischen MCs zusammengeklaubt.

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  • Blu – »Just Another Day« 2006

    Ein frühes visuelles Lebenszeichen von der »(Get) Lifted«-EP, die Blu seinerzeit als selbstgebrannte CD auf Shows und über MySpace verkaufte. Blu präsentiert sich bodenständig, als Rapper des Volkes, der sympathisch nachvollziehbar von seinem Slacker-Alltag berichtet. Die reduzierte Dilla-Hommage darunter stammt von Exile, damals noch mit einem rappenden Aloe Blacc als Emanon unterwegs. Luftiger, gutgelaunter Backpack-Rap in Hiero-Tradition. Unspektakulär, aber gut.

  • J Dilla feat. Blu & Jontel – »Sun In My Face« 2006

    Kurz vor Dillas Tod für eine EP namens »Jay Love Japan« aufgenommen, zeigt sich Blu hier als fleißiger Schüler von Slum Village und den Soulquarians. Zudem ein früher Beweis seiner überdurchschnittlichen Fähigkeiten als Texter. Das Album erschien nur in Japan regulär, die später in Amerika veröffentlichte Version musste (wohl wegen des prominenten Diana-Ross-Samples) auf »Sun In My Face« leider verzichten.

  • Blu & Exile – »Below The Heavens« 2007

    Der große, unerreichte Klassiker in seiner Diskografie. »Below The Heavens« entstand aus einem unbestimmten Gefühl der Frustration nach den ersten paar Jahren im Musikgeschäft. Unter die patentierten Cali-Hymnen (no DaJuan) mogelten sich melancholische bis zweifelnde Gedanken eines smarten Mittzwanzigers. Auch dank Exile in Hochform das »Mecca & The Soul Brother« der nuller Jahre und wichtiger Impuls für eine Generation ehemaliger Indie-Rap-Fans, die in Ermangelung spannender Alternativen schon zu Clipse und Lil Wayne abgewandert war.

  • The Alchemist feat. Evidence, Blu & Kid Cudi 2008

    Onkel Alchemist mit einem dieser ganz speziellen Magic-Mushroom-Momente: Aufs erste Hören ein unfassbar nerviger Gitarrenloop, der jedoch nach einigen Durchgängen zu einer wohligen Endlosschleife morpht, in der man sich allzu gerne verliert. Zudem erschien die Vereinigung mit Evidence, dem integren, rechtschaffenen B-Boy aus Santa Monica, als logischer Schulterschluss mit der lokalen Ahnenlinie.

  • Evidence feat. Phonte, Blu & Will.I.Am – »For Whom The Bell Tolls« 2008

    Nochmal Evidence, diesmal von seiner großartigen »Layover«-EP. Interessante Kombination aus Phonte Coleman, einem der unterschätztesten Rapper überhaupt, Will.I.Am, der ja vor seinem Abflug in die künstlerische Irrelevanz tatsächlich mal Jazz-Rap-Alben auf BBE und ähnlich cooles Zeug gemacht hat, Evidence und eben Blu, der den zentralen Killerverse auf einen Killersong tackert. Optimale Chancenauswertung.

  • Johnson & Jonson – »Up All Night« 2008

    Man konnte 2008 langsam den Eindruck bekommen, dass Blu äußerst ungern alleine arbeitet. Erst das Album mit Exile, dann ein verschrobenes, Indiepop-beeinflusstes Album mit Ta’raach unter dem Pseudonym C.R.A.C. (»The Piece Talks«) und schließlich ein Kollabo-Album mit dem Labelmacher und Produzenten Mainframe unter dem Bandnamen Johnson & Jonson (»J&J«), das die Rap-Nerds mit rohen Loops und cleveren Geschichten bei der Stange hielt.

  • Blu feat. Co$$ – »City Of Lost Angels« 2008

    Ein rares Highlight von der unausgegorenen »GodLeeBarnes LP«, die Blu ungemischt und ungemastert über Twitter verbreitete. Hier versuchte sich Blu erstmals selbst als Beatproduzent – mit einigem Erfolg, wie besonders der herrliche Break im Co$$-Part beeindruckend zeigt. Eine Ode an die Heimatstadt der beiden MCs und damit ein Ausblick auf eines der zentralen Themen in Blus musikalischem Schaffen.

  • Blu – »Amnesia« 2009

    »HerFavoriteColo(u)r« war ein weiteres selbstproduziertes Mixtape-Projekt in EP-Länge, das Blu mit selbstdesigntem Cover über seine Social-Media-Kanäle verbreitete. Der Opener »Amnesia« ist hier der herausstechende Song, mit rumpeligem Jazz-Charme und einem prominenten Billie-Holiday-Sample. »Amnesia« ist Rap gewordener Film Noir.

  • Fashawn feat. Blu – »Samsonite Man« 2009

    Nicht ganz so artsy und verkopft wie seine anderen Projekte zu jener Zeit, vor allem wohl aufgrund der Tatsache, dass das Dreamteam Blu und Exile hier wieder zusammenfand: Wenn auch zunächst nicht auf Albumlänge, aber immerhin für einen Song auf dem Debütalbum des jungen Fresno-Talents Fashawn. Ein verlorener Geschwistersong des ’98er Mos-Def-Klassikers »Travelin‘ Man«, der den Lifestyle des HipHop-Handlungsreisenden thematisiert.

  • Blu & Exile – »Love(Lines),DedicatedToLastFévrier« 2009

    Und nochmal die Traumkombo, diesmal hüpfte Blu auf einen Track namens »Love Line« von Exiles großartigem Instrumental-Album »Radio« und zeigte ihm so mal eben: Hey Brudi, wenn du nicht unbedingt ein Soloalbum machen wolltest, dann wäre auch das hier möglich. Der Track wurde ausschließlich im Netz verbreitet und niemals offiziell veröffentlicht, nicht mal auf dem offiziellen »Radio Remixes«-Album, das 2010 via Dirty Science erschien.

  • The Roots feat. Blu – »Radio Daze« & »The Day« 2010

    Gleich zweimal tauchte Blu auf dem hervorragenden The-Roots-Album »How I Got Over« auf, und beide Songs überzeugten auf ganzer Linie: Auf »Radio Daze« rappen außer Blu und Black Thought noch Okayplayer-Liebling P.O.R.N. und das inoffizielle Roots-Mitglied Dice Raw, auf »The Day« ergänzen Phonte Coleman und Patty Crash das stimmige Bild. ?uestloves stoische Live-Drums plus Blus einzigartige Stimme ergeben zusammen Perfektion – oder zumindest irgendwas, das verdammt nah dran ist.

  • Blu – »Jesus∆« 2011

    Dass sich die Wege von Blu und Madlib früher oder später kreuzen würden, war aufgrund ihrer musikalischen Nähe und der sich überschneidenden persönlichen Umfelder klar. Nur kann man zwei solche Freigeister halt nicht ins Korsett eines Promoplans zwingen. Dieser Song landete schließlich auf dem gleichnamigen Indie-Album, das Blu 2011 unter dem Pseudonym »B.« veröffentlichte (vermutlich aufgrund der Label-Querelen mit Warner, wo er seit 2009 gesignt war, sich aber künstlerisch nicht verstanden fühlte). Ein großartiger Blu-Moment, gerade wegen seiner fast schon arroganten Beiläufigkeit.

  • Blu – »York« 2011/12

    Eigentlich als Majordebüt für Warner geplant, wurde »York« (ehemals: »NoYork!«) zu einem Manifest der neuen Leftfield-Beatszene an der Westküste: Flying Lotus, Samiyam, Sa-Ra, Dibia$e, Daedelus, Shafiq Husayn, Knxwledge, Madlib und Exile lieferten spröde bis rucksackige Rumpelteppiche, und Blu schrieb nach »Below The Heavens« das zweite große Album seiner Karriere. Eine offizielle Veröffentlichung folgte leider erst nach der Vertragsauflösung bei der großen Plattenfirma.

  • MED & Blu – »Burgundy Whip« 2013

    Madlib schüttelt einen skizzenhaften Breakbeat aus dem Ärmel, auf dem Blu und Oxnard-O.G. MED ordentlich rumstylen. Beide sind zu jung für den Underground der Souls of Mischief und Living Legends, beide sind inzwischen aber auch zu alt für Odd Future und TDE. Doch in dieser Form wäre ein ideologischer Schulterschluss der Generationen denkbar: Auf »Burgundy Whip« könnte in jedem Moment theoretisch entweder Hodgy Beats oder Del Tha Funkee Homosapien ums Eck biegen.

  • L'Orange feat. Blu – »Alone« 2013

    Zuletzt arbeitete Blu häufiger mit einem bis dato vollständig unbekannten Produzenten aus dem Mello-Music-Camp, der mit MPC-Drums, psychedelischen Texturen, ungewöhnlichem Mixing und Radio-Störsignalen dicht zu Blus eigener Produktion auf Songs wie »Amnesia« aufschließt. Das artsy Schwarzweißvideo macht den Rest. Unbedingt zeitgemäßer Indie-Rap und leider spannender als das komplette Doppelalbum mit Bombay, das dieser Tage erscheint.