2015 / THE RAP UP:
Die Songs des Jahres
Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Was noch fehlt? Klar, der »RAP UP« und somit auch unsere obligatorischen Jahresendlisten. Die ALL GOOD-Autoren und -Redakteure haben abgestimmt und die 15 besten Songs des Jahres gewählt.
Definitiv etwas zu sagen gibt es aber zur Musik. Und da machen hier und jetzt im Rahmen des ALL GOOD »RAP UP« die unserer Meinung nach 15 besten Songs des Jahres 2015 den Anfang. Unsere Autoren haben abgestimmt – und wir haben daraus die ALL GOOD Jahres-Songcharts unserer Edelfedern kompiliert.
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GZUZ »Ebbe & Flut« feat. Xatar & Hanybal (prod. von Jambeatz)
187 Straßenbande? Iz da! Alles oder Nix? Iz da! Azzlackz? Zind da! Für den Titeltrack von GZUZ’ Debütalbum taten sich die drei Camps zusammen, die deutschen Straßenrap 2015 definitiv im Griff hatten – und erklärten dann noch mal en detail, dass das Ticken von Tijara und die Tiden vielleicht doch mehr miteinander gemein haben, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Darüberhinaus war Hanybals Adlib-Game hier komplett außer Kontrolle. Aaaaaaahhhhhh!
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Zugezogen Maskulin & LGoony »Füchse 2015 (Absolute Beginner Remix)« (prod. von Enaka)
Von jetzt auf gleich gaben Zugezogen Maskulin im Oktober dem Beginner-Classic »Füchse« ein zeitgemäßes Zwofuffzehn-Makeover. Produzenten-Hoffnung Enaka drehte dafür »You’re My Only World« von The Originals rücksichtslos auf links, ZM feuerten längst überfällige Schüsse in Richtung MC Bomber und LGoony schaltete von Auto-Tune auf Arroganzmodus.
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LGoony »Grape« (prod. von Abaz)
Apropos: LGoony machte auch ohne ZM-Backup noch mal unmissverständlich klar, dass mit ihm fest zu rechnen ist. Sein »Grape Tape« war eines der besten Releases des Jahres. Besonders hervorzuheben: Das »Grape«-Intro, für das Abaz sich großzügig bei »Or Nah« von The Weekend inspirieren ließ und LGoony straight outta Flexiko Parallelen zwischen sich und dem jungen KKS zog. Rapflip 10/10.
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Audio88 & Yassin »Schellen« (prod. von KevBeats)
Politischer Rap ist grundsätzlich scheiße, aber politischen Rap gibt es ja heutzutage sowieso nicht mehr. Außer bei Audio88 & Yassin. Schellen wird man ja wohl noch verteilen dürfen. Man muss. Jawohl!
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Kendrick Lamar »King Kunta« (prod. von Mark »Sounwave« Spears)
»Das neue Kendrick-Lamar-Album macht keinen Spaß« schrieb Anthony Obst in seiner »To Pimp A Butterfly«-Review zur Veröffentlichung. Neun Monate später hat sich daran wenig geändert: Auch der DJ-Quik-Groove von »King Kunta« macht die energieraubende Album-Tour-de-Force nicht einfacher. In der Rückschau zeigt sich eines aber sehr deutlich: Einen okayer Vorab-Track kann, eingebettet in ein Album, zu einem Bestjahreslisten-Track werden. »King Kunta« ist in der »To Pimp A Butterfly«-Gesamtheit genial. »Got the whole world talkin’«. Jep.
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Pusha T »Untouchable« (prod. von Timbaland)
Pusha lässt sich nicht beirren und macht auch neun Jahre nach »Hell Hath No Fury« das, was er am besten kann: rappen. Darüber, dass er ziemlich gefährlich ist, ziemlich gefährliche Sachen macht und diese Welt eben eine ziemlich gefährliche ist. Und bei dir halt eher nicht so. Dabei rappt er natürlich besser als so ziemlich alle anderen. Der Biggie-Vocal-Cut? Natürlich vom Song »Think Big«. Checkste?!
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Thundercat »Them Changes« (prod. von Thundercat & Flying Lotus)
Ob Thundercat eine Hit-Single machen wollte oder nicht – man weiß es nicht. Ist natürlich auch völlig egal. Thundercat hat mit »Them Changes« einen Hit gemacht. Mit Bassline für die Götter, butterweichem Funk, Co-Produktion von FlyLo, Saxophon von Kamasi Washington und Textzeilen wie dieser: »Now I’m sitting here with a black hole in my chest / A heartless, broken mess.« Klar, seine EP »Beyond / Where the Giants Roam« war viel zu kurz. Aber Thundercat hat einen verdammten Hit gemacht.
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Bimbo Beutlin »Reich für immer«
Bimbo Beutlin ist auf der Suche – nach den Antworten auf die großen Fragen. Aber eigentlich ist Bimbo Beutlin auf der Suche nach sich selbst. Dabei hat er sich musikalisch bereits gefunden: »Reich für immer« ist der beste Song aller jungen Rapper, die sich im letzten Jahr auf der Splash!-Mag-Bühne tümmelten oder auch nur eine Supreme-Cap aufhatten. Weil Bimbo für uns alle mit seiner Unsicherheit, mit seinen ganz eigenen Fragen-Dämonen kämpft. »Ganz am Anfang war das Ende noch so weit / Und ganz am Ende war der Anfang nicht so leicht« Gänsehaut-Swagger on a zillion!
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Future »Fuck Up Some Commas« (prod. von DJ Spinz & Southside)
Ursprünglich als Mixtape-Track gedacht, entwickelte sich Futures Rechtschreibverweigerungs-Hymne »Fuck Up Some Commas« als Single auf »DS2« zum Hit der ersten Jahreshälfte 2015. Ganz egal, ob als Remix mit Big Sean und Rick Ross oder als Grundlage diverser Freestyles und Bootlegs von Ezzy oder den A’Won Boyz.
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PNL »Le Monde Ou Rien«
Dass Frankreich nicht nur grimmig-gebellten Straßenrap kann, bewiesen PNL im Sommer mit ihrem wolkigen Druffi-Hymnchen »Le Monde Ou Rien«. Ein sphärischer Slowjam, dessen gecroonte Stakkatoismen sich mitnichten hinter US-Kollegen wie Future verstecken mussten.
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K.I.Z. »Hurra, die Welt geht unter« feat. Henning May (prod. von Nico, KevBeats & Moses Schneider)
Nachdem die vier Berliner auf ihrem »Ganz oben«-Mixtape 2013 seltsam ausgebrannt und uninspiriert daherkamen, folgte mit »Hurra, die Welt geht unter« in diesem Sommer ein radikaler Kurswechsel. Bestes Beispiel: der Titeltrack mit AnnenMayKantereit-Frontmann Henning May – eine liedgewordene Utopie, die vom Neuanfang nach der, wie auch immer gearteten Apokalypse, erzählt.
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Jamie xx »I Know There's Gonna Be (Good Times)« feat. Young Thug & Popcaan (prod. von Jamie xx)
Der Song des Frühjahrs kam von Jamie xx und fand sich auf dessen Debüt-LP »In Colour«. Wie hier die klassische HipHop-Sampleschule mit dem Zeitgeist aus 2015 und der absolut unkonventionellen und gleichzeitig unabdingbaren Kunst von zwei vollkommenen Freigeistern wie Young Thug und Popcaan zusammengeführt wurde, demonstrierte in bis dato ungekannter Entschlossenheit, was Popmusik im Jahr 2015 eigentlich bedeutet. Groß!
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Kendrick Lamar »Alright« (prod. von Pharrell Williams & Sounwave)
Ist der Mensch von Natur aus gut oder böse? Immer wieder lässt sich Kendrick Lamars Werkschau auf diese essentielle Frage herunterbrechen. Und immer wieder gelingt es Kendrick, dem komplexen Thema eine neue Facette zu geben. Er muss dafür nicht mal sein Viertel verlassen. Auf »Alright« bekommt all das schließlich hymnische Relevanz. Die Welt ist böse. Aber alles wird gut.
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Drake »Hotline Bling« (prod. von Nineteen85)
»If You’re Reading This It’s Too Late«, der Beef des Jahres mit Meek Mill, endlich Oben-ohne-Fotos mit #shredded-Hashtags auf Instagram versehen, ein eigenes Restaurant, ein Tête-à-Tête mit Serena Williams, Grammy-Nominierungen, ein eigener Lippenstift, Mund-zu-Mund-Beatmung mit Madonna – 2015 war, keine Frage, das Jahr von Drake. Und als ob das alles noch nicht genug wäre, kam Aubrey Graham auch noch mit einem der Songs überhaupt um die Ecke. Zeitgleich mit dem Meek-Mill-Disstrack »Back 2 Back« im Rahmen seiner OVO-Sound-Radio-Show veröffentlicht, ging »Hotline Bling« erstmal im aufgeregten Geschnatter unter. Aber spätestens als Drake sich für das Video in frische ACG-Boots zwängte und die rote Mikrodaune von Canada Goose überwarf, um vor James-Turell-Gedächtniskulisse den Urkel zu machen, ging die charmante Zusammenführung aus Booty-Call-Hymne und modernem Gesellschaftstanz kubanischen Ursprungs inklusive langanhaltendem Internetnachhall in Form von Parodien und Memes komplett durch die Decke.
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Skepta »Shutdown« (prod. von Skepta & Ragz Originale)
2015 war ein gutes Jahr für Grime. Nach dem Skepta dem Genre mit der – auch unsere Song-Charts aus 2014 anführenden – Hymne »That’s Not Me« neues Leben einhauchte, sah man den Tottenham-Styler plötzlich via Instagram mit Drake turteln, ihn anschließend ihm Rahmen von Kanye Wests »All Day«-Weltpremiere bei den Brit-Awards mit einem Mob aus MCs zwischen Flammenwerfern herumturnen, sein Boy-Better-Know-Label mit JMEs »Ingerity«-Album nach vorne bringen und schließlich eine bombastische Normcore-Abfahrt namens »Shutdown« veröffentlichen. Bow!
P.S.: Bitte mal drauf achten, dass Skepta bei 0:33 schon im Frühjahr Dancemoves auspackt, die Drake im Herbst schamlos für seinen Clip zu »Hotline Bling« abgekupfert hat.