Scope Was macht eigentlich … Scope?

»Willst du selber Style haben oder nur daran teilhaben?« Sehr gute Frage. Gestellt hat sie Scope schon 2001 auf »Bundes-Rap-Publik-Toyland«. So wie Scope auch anderorts – egal ob als Teil von STF oder als VIVA-Moderator – ziemlich viele gute Sachen gesagt hat. Zeit für Ralf Theil, mal nachzuhorchen, was der mittlerweile 44-jährige Scope heute so treibt.

scope IMG_0135

Künstlername: Scope
Echter Name: Jens Kameke
Wohnort: Köln
Alter: 44
Kennt man von: STF, La Familia, Rude Poets, Freestyle (VIVA), Disco Diamant
Größte Erfolge: »Keine Effekte« (STF), »Ihr müsst noch üben« (STF feat. Kool Savas), »Bundes-Rap-Publik Toy-Land« (DJ Lifeforce feat. Scope)
Jetziger Beruf: Projektmanager bei Vision Unltd. Creative Worx

  • Folgendes frage ich vor allem, weil ich wahrscheinlich im Publikum war: Erinnerst du dich an deinen letzten öffentlichen Auftritt als MC?

  • Ich könnte mir vorstellen, dass es bei DCS war, aber ich kriege das nicht mehr genau zusammen. (überlegt) Ich glaube, dass es beim vorletzten Albumrelease von DCS im Stadtgarten war. 

  • Kann es auch sein, dass es die »Beatz aus der Bude«-Releaseparty 2002 im Stadtgarten war?

  • Mhm, ja, stimmt! Dann war’s das.

  • An welchem Punkt und aus welchen Gründen hast du dich bewusst von Rap verabschiedet?

  • Das ist echt ‚ne gute Frage, über die ich mir wenig Gedanken gemacht habe, weil das ja so organisch passiert, dass man es nicht für sich selber begründen muss. Deswegen fällt es schwer, das jetzt runterzubrechen. Ich glaube, es ist so eine Mischung daraus, sich in dem Feld gründlich ausgetobt zu haben und sich einfach mit etwas anderem beschäftigen zu wollen. Dann ist das Diggen und Sammeln und Auflegen von Musik mehr in den Vordergrund getreten, was auch immer schon dazugehört hat. Ich war ja immer schon so halb Rapper, halb Produzent, und das Musikmachen hat mich immer begeistert. Das Rappen war auch okay, aber irgendwie habe ich mich da ausgetobt. (Pause) Ehrlich gesagt hat mich das mit den Liveauftritten auch immer ein bisschen abgeturnt. (lacht)

  • Du hattest auch hinter den Kulissen lange beruflich mit HipHop und allgemein mit Musik zu tun. Kannst du uns einen Überblick über dein Berufsleben damals und heute geben?

  • Als wir damals mit Rude Poets angefangen haben, gab es kein Label, an das man sich wenden konnte, um seine Musik rauszubringen. Also haben wir selber eins gegründet, unsere Platten selber gepresst und unter dem Namen Sellout Records rausgebracht. Darüber habe ich unter anderem Akim Walta kennengelernt und in den Gründungstagen auch bei MZEE mitgemacht. Dort habe ich auch den Sampler »Joining Forces« initiiert und kuratiert. Das fand ich alles ganz interessant: Wie organisiert man Promotion, Produktion, Pressen?

    Dann wurde ich vom Fleck weg gecastet für »Deutschland sucht den Superstar« … ach nee, Quatsch, für VIVA »Freestyle«, das war so die Medienkomponente. Von dort aus bin ich zu EMI Electrola gegangen und habe da im Grunde genommen das »Black«-Repertoire betreut, war auch für die Promo zuständig und habe die nicht-traditionellen Promo-Maßnahmen aufgebaut. DJ-Promotion, Guerilla-Aktionen, Events und so weiter.

    Danach bin ich wieder zu VIVA gegangen und habe mit den »Wordcup«-Jungs gearbeitet, hinter den Kulissen als Redakteur. Mit denen habe ich eine Agentur gegründet (»Panthertainment«, Anm. d. Verf.), im weitesten Sinne eine Marketingagentur, mit der wir solche Sachen professionalisiert haben wie DJ-Promotion und Guerilla-Marketing im Black-Music-Segment. Die Agentur hat »Wordcup« für 1Live weiter produziert, da war ich auch Redakteur und Moderator. Ich glaube, das ist auf dem Sendeplatz gelaufen, wo jetzt Curse seine Sendung hat.

    Und dann… (überlegt) Was hab ich denn dann gemacht? Dann hört es auch auf, mit Musik zu tun zu haben, sondern ging mehr in Richtung Netz. Zwischendurch hatte ich selbständig einen Online-Versandhandel für trendige Kinderklamotten, und von dort aus ging es in größeren Agenturen in dem Umfeld weiter.

  • Erzähl doch bitte ein paar Worte über Disco Diamant, dein DJ-Team.

  • Als die aktive Zeit des HipHop-Machens für Philipp (DJ Defcon von LSD, Anm. d. Verf.) und mich eigentlich schon zu Ende ging, haben wir uns mehr auf Plattenhören als auf Plattenmachen fokussiert. Wir haben halt den gleichen Hintergrund: HipHop produziert man mit Samples, Samples kauft man auf dem Flohmarkt, da kauft man jede Menge Scheiße, und was macht man dann mit der Scheiße? Irgendwann dachten wir uns bei einem Bierchen, man könnte doch einen Abend machen, bei dem man den Disco-Kram auf die Plattenteller schmeißt, um diese Investition irgendwie noch zu amortisierten… (kichert) und Spaß dabei zu haben. Die kleinen Partys wurden dann immer größer, bis wir jedes Wochenende irgendwo gespielt haben, und das halt seit… 1999? 1998?

  • Haben wir euer 15-Jähriges verpasst?

  • Mmmh, kann sein. 

  • »Ich habe ja sowieso ein Problem mit den ganzen Gute-alte-Zeit-Leuten, ich bin überhaupt kein Typ, der so im gestern unterwegs ist.«Auf Twitter teilen
  • Du warst als MC immer ein Vertreter der reinen HipHop-Lehre, gegen Ausverkauf, gegen Pop. Wie nimmst du die neueste Welle des kommerziellen Erfolgs wahr, die deutscher Rap erlebt? Gehst du damit anders um als früher?

  • Auf jeden Fall gehe ich damit anders um. (überlegt) Ich finde viele Sachen gut, und manche halt auch nicht. Ich glaube, es gibt einfach insgesamt mehr Zeug, aber in der Quote nicht mehr besseres Zeug oder mehr schlechteres Zeug. Die grellen und lauten Sachen machen so viel Lärm, dass man sie zuerst mitkriegt, was aber nicht heißt, dass alles völlig den Bach runtergeht.

    Aber was heißt auch »reine HipHop-Lehre«? Wenn ich mir so was anhöre wie »Keine Effekte«  dann finde ich das immer noch gut. Ich mag immer noch keine Rap-Songs mit gesungenem Refrain, und für mich gehört immer noch ein ein Scratch-Part in einen HipHop-Song. Das ist aber keinem ideologischen Ansatz geschuldet, der die reine Lehre aus fünf Elementen vertritt, sondern eher: Guckt mal lieber auf den Inhalt eurer Songs als auf das ganze Drumherum, und guckt mal weniger auf Image als auf die Essenz der Aussage. Dann geht das alles schon. Und ein paar neue Sachen, die ich höre, sind auch genau so, deswegen gibt es eigentlich keine Beschwerden. Ich hab da teilweise schon echt Spaß dran.

  • Die VIVA-Sendung »Freestyle«, die u.a. von dir moderiert wurde, wird ausgerechnet über »Aggro TV« einer neuen Generation von HipHop-Interessierten zugänglich gemacht. Freut dich das?

  • (überlegt) Das, wofür Aggro steht – so wie es zumindest bei mir ankommt – finde ich jetzt nicht unbedingt passend. Aber ich ärgere mich da nicht groß drüber. Es ist mir… nicht wurst, aber es ist nah dran. Ich habe ja sowieso ein Problem mit den ganzen Gute-alte-Zeit-Leuten, ich bin überhaupt kein Typ, der so im gestern unterwegs ist. Für mich gibt’s immer nur heute und vielleicht noch morgen.

    An ganz viele Details kann ich mich auch einfach nicht mehr erinnern. Das waren insgesamt 156 Sendungen, glaube ich, und ich finde es ganz gut, dass die auf irgendeiner Plattform gebündelt anzuschauen sind. Wenn’s jetzt gerade Aggro ist, ist das nicht perfekt, aber dann ist es halt so.

  • Wie oft kommt es vor, dass dich das Rappen wieder reizt?

  • Ach, eigentlich gar nicht so selten. Ich sammle ständig Ideen und Textschnipsel, ich mache nur nie was daraus. Irgendwie finde ich nie Zeit dazu, und ich finde es auch immer ein bisschen anstrengend, weil für mich viel Übung und Routine dazugehört, das gut hinzukriegen. Das kriege ich gar nicht so auf die Schnelle hin, da fehlt mir dann die Erfahrung. (lacht)

  • Stimmt eigentlich das Gerücht, dass es einen unveröffentlichten Song von Retrogott und dir gibt?

  • Na ja, das ist eher eine unveröffentlichte Strophe. Ich habe den Retrogott gerade vor einer halben Stunde auf der Straße getroffen, und eigentlich sagen wir jedes Mal, wir müssen daran weiterarbeiten… und heute ist das zum ersten Mal nicht passiert. Man darf also weiter gespannt sein.

  • … und zuletzt: wann kommt eigentlich das STF-Album?

  • Ich schätze im Sommer.