Haftbefehl Über Geld spricht man

»Money her, amina.« Geld spielt in den Texten von Aykut Anhan seit jeher eine große Rolle. Kein Wunder: Der Weg zum Reichtum ist nun mal ein naheliegendes Thema für einen auf der Straße sozialisierten Rapper wie Haftbefehl, dessen frühere Lebensumstände den Griff nach den großen Töpfen eigentlich nicht vorgesehen hatten.

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Dass es bei ihm in monetärer Hinsicht mittlerweile sehr gut läuft, kann man sich angesichts seines sagenhaften Impacts auf Rap-Deutschland natürlich denken – aber er zeigt es auch deutlich: Um Haftis Hals baumelt heute ein beeindruckend großes Trumm Gold, an seinem Handgelenk funkelt ein feuchter Juwelierstraum aus Gold, Steinchen und Rolex-Logo.

Haftbefehl ist müde. Offensichtlich viel zu früh am Morgen ist der Offenbacher Hüne in Frankfurt ins Flugzeug gestiegen, um in Berlin ein paar Medienvertreter über seine vom 13. bis 15. Juni anstehende »Action Jackson«-Tour in Kenntnis zu setzen und die brennenden Fragen nach seinem Universal-Debüt »Azzlack Stereotyp 2« mehr oder weniger ausführlich zu beantworten. Die Interviews absolviert er quasi im Liegen, zwischen den einzelnen Gesprächen rollt er sich auf der Couch für ein Nickerchen zusammen. So manche Frage beantwortet Hafti einsilbig oder mit einem Gähnen, um sich jedoch gleich darauf höflichst für seine Müdigkeit zu entschuldigen. Jetzt danach zu fragen, wie hart sein kommendes Album nun genau werden wird, könnte ihn endgültig einschläfern, befürchte ich – Details kann er zu diesem frühen Zeitpunkt sowieso nicht verraten. Und die zwei brettharten Genickbrecher, die wir exklusiv zu hören kriegen, beantworten diese Frage ohnehin mehr als deutlich. Also lass doch lieber über Geld sprechen – und siehe da: Haftbefehl wird hellhörig.

  • Wie fühlt sich das an, wenn man früher kein Geld hatte und jetzt ziemlich viel davon?

  • Manchmal nervt es schon ein bisschen. Manche Leute denken, ich hätte im Lotto gewonnen und jetzt 80 Millionen Euro auf dem Konto. Natürlich hat man weniger Probleme mit viel Geld, aber leider auch neue Probleme. Nur die richtig ekelhaften Probleme von früher hab ich nicht mehr: Wenn man Gerichtskosten offen hat und die nicht zahlen kann, zum Beispiel. Das geht nämlich wirklich auf die Psyche. Diese ekelhaften Probleme hab ich beseitigt, aber ich hab dafür neue Probleme – die aber nicht so schlimm sind wie die alten. Vor allem kann ich jetzt meine Familie und mein Umfeld finanziell unterstützen.

  • Früher hast du ja kriminelle Sachen gemacht, um an Geld zu kommen. Jetzt machst du Musik und bist prominent – und bekommst auch entsprechende Angebote. Wie verlockend ist zum Beispiel ein Angebot von »Big Brother« für dich?

  • Ich lehne eigentlich alles ab. Ich will nur mit Musik Geld machen. Oder mit Klamotten. So einen »DSDS«-Scheiß würde ich nicht machen. Ich will nicht ins Fernsehen gehen und dann meine Mimik verstellen müssen, weißt du? Auf Knopfdruck lachen und freundlich sein, das würde ich für kein Geld der Welt machen. Okay, wenn du mir 20 Millionen geben würdest, dann würde ich mir das vielleicht überlegen. (lacht) Aber das ist ja nicht der Fall, also bleibt mir das erspart. Ich mache gerade genau das, was ich machen will: Aufnehmen, Konzerte spielen, hin und wieder mal in einer coolen Fernsehsendung auftreten – so wie es gerade läuft, ist es cool.

  • »Bei Steuern sollte man auf jeden Fall sehr vorsichtig sein – sonst endet man wie der Uli.«Auf Twitter teilen
  • Sind diese Fernsehsachen wirklich so lukrativ, wie man meint?

  • Ich kann dir ja mal sagen, was mir »Big Brother« geboten hat: Die wollten mir 70.000 Euro geben, für eine Woche im »Big Brother«-Haus. Ich hab aber 150.000 ausgerufen, und das war’s dann auch mit dem Angebot. (lacht) Aber ich hätte mich da sowieso so ekelhaft benommen, dass sie mich nach drei Tagen rausschmeißen. Dann hätte ich meine Patte genommen und gesagt: Fickt euch. Im Ernst: Für »Big Brother« müssten die mir richtig viel Geld geben, für ‚ne Viertelmillion würde ich das machen. Vielleicht.

  • Du hast einen Major-Verlagsdeal unterschrieben, dein kommendes Album erscheint bei Universal. Hat diese Veränderung deiner geschäftlichen Strukturen mit Geld zu tun oder willst du einfach nur, dass alles professioneller funktioniert?

  • Ich will, dass alles ordentlich funktioniert. Auch als Independent-Künstler hab ich schon sehr gut Geld verdient, vor allem mit meinem letzten Album hab ich wirklich einiges umgesetzt. Aber ich will, dass da Struktur reinkommt – und ich auch mal 100.000 Platten verkaufen kann. Das will ich auf jeden Fall erreichen, und deswegen bin ich zu Universal gegangen. Dort hab ich einfach bessere Möglichkeiten. Natürlich haben die mir auch einen Haufen Geld angeboten. Aber nicht nur Geld für die eigene Tasche zum Verballern, sondern auch Geld, das investiert wird – und das hatte ich vorher nicht. Meine Videos waren ja eigentlich alle billig. Wir hatten kein wirkliches Budget für Videos. Also haben wir viel mit 16bars.de und Thug Life gemacht. Die einzigen Videos, die wirklich richtig aufwändig und gut produziert wurden, sind »Chabos wissen wer der Babo ist« von Bugi und »Mann im Spiegel« von der Famefabrik – und da hatten wir auch nicht wahnsinnig viel Geld zur Verfügung. Das Amerika-Video zu »Rockafella mäßig« war letztendlich für den Arsch, obwohl das viel Geld gekostet hat. Und ich will, dass so was nicht mehr passiert. Um deine Frage zu beantworten: Ich hab das wegen der Strukturen und wegen des Geldes gemacht. Am Ende des Tages brauche ich beides, um krasse Mucke machen zu können und die Leute damit vom Hocker zu hauen.

  • Kannst du beim Major genauso frei arbeiten wie vorher?

  • Ja, auf jeden Fall. Ich hab von Universal das Go bekommen, dass ich machen kann, was ich will. Mit Azzlackz sind wir ja auch weiterhin bei Groove Attack, obwohl wir die Möglichkeit gehabt hätten, zum Major zu gehen. Ich war auch so loyal und habe Groove Attack öfter mal gesagt, dass sie das Angebot von Universal toppen sollen, damit ich bei Groove Attack bleiben kann. Aber das haben sie nicht gemacht, und dann bin ich gegangen.

  • »Ich beschäftigte mich mit Immobilien, da will ich investieren. Damit kann ich mir meine Zukunft absichern.«Auf Twitter teilen
  • Weil sie nicht konnten oder weil sie nicht wollten?

  • Die konnten bestimmt. Hätten die mir die gleiche Summe geboten wie Groove Attack – oder von mir aus auch 30.000 Euro weniger – dann wäre ich da geblieben. Aber dann kamen Universal mit einem Angebot um die Ecke, das einfach nur krass war. (grinst)

  • Ab wann sollte man sich als Rapper einen Steuerberater holen?

  • Ab dann, wenn du zwei Jahre lang Geld damit verdient hast. Bei Steuern sollte man auf jeden Fall sehr vorsichtig sein – sonst endet man wie der Uli.

  • Das ist ja auch schon einigen Rappern passiert, dass sie plötzlich mit sehr hohen Steuernachzahlungen konfrontiert waren und dadurch Probleme bekommen haben. Wie hast du verhindert, dass dir so was passiert?

  • Ich hatte auch schon solche Nachzahlungen. Aber ich hab die schon bezahlt. Sobald ein Brief vom Finanzamt kommt, überweise ich sofort. Ich würde auch nicht versuchen, Geld zu verstecken, um Steuern zu sparen. Warum sollte ich keine Steuern zahlen? Vor allem, wenn man so viel Geld hat wie ein Uli Hoeneß zum Beispiel – der hat doch für seine ganze Sippschaft ausgesorgt, der hat übertrieben viel Geld. Was willst du mit dem ganzen Geld? Dir ein eigenes Land kaufen? Irgendwann stirbst du doch auch, selbst wenn du 400 Millionen besitzt. 50 Millionen reichen doch sowieso locker, damit hast du nie wieder in deinem ganzen Leben Geldsorgen. Davon kaufste dir Immobilien, kriegst jeden Monat deine 100 Mille – damit hast du ausgesorgt. Was soll denn da noch schief gehen? So gierig kann man doch gar nicht sein.

  • Wie legst du denn dein Geld an? Kaufst du Aktien?

  • Nein, keine Aktien. Ich beschäftigte mich mit Immobilien, da will ich investieren. Damit kann ich mir meine Zukunft absichern. Das macht vielleicht keinen Spaß, aber das ist einfach meine Pflicht als Mann. Außerdem bin ich dabei, ins Klamottenbusiness einzusteigen. Und wenn ich irgendwann monatlich auf eine bestimmte Summe aus Mieteinnahmen komme, dann könnte ich mir auch vorstellen, mit Rap aufzuhören. Aber um monatlich 50.000 sauber aus Immobilien rauszuholen, müsste man wohl schon fünf Millionen investieren – und das ist noch ein langer Weg.

  • Du hast eine ziemlich auffällige goldene Uhr am Handgelenk. Warum kauft man sich so was?

  • Ich denke, das ist eine ziemlich gute Investition. Außerdem hatte Tupac die gleiche Uhr. Das ist eine Day-Date von Rolex, vollbesetzt mit Steinen. Die ist von 1996, also ein Klassiker. Der Vorbesitzer hat auf jeden Fall einen dicken Batzen ausgegeben, um die Steine draufsetzen zu lassen – sogar am Armband sind Steine drauf. Okay, das ist vielleicht ein bisschen viel, was ich da ausgegeben hab … (lacht) Ich wollte halt ein bisschen angeben. Und wenn ich die in drei Jahren verkaufe, krieg ich auf jeden Fall mein Geld wieder. Aber ich will die natürlich nicht verkaufen.

  • Mit zunehmendem Erfolg und zum Beispiel so einer Uhr am Arm steigen auch die Ansprüche an die Sicherheit. Wie handhabst du das, wenn du jetzt auf Tour gehst – bringst du jetzt ein paar Bodyguards mit oder wie vorher einfach so viele Leute, dass ohnehin nichts passieren kann?

  • Ich komm nicht mit so vielen Leuten wie vorher. Ich bringe ein oder zwei Leute mit, aber ich hab ja auch den Vorteil, dass ich auch selber auf mich aufpassen kann – was bei vielen anderen Rappern nicht der Fall ist. Aber wenn was passiert, dann passiert es halt. Was willst du machen? Sogar 50 Cent, der härteste Klotz, der neun Schüsse abbekommen hat – selbst dem wurde seine Kette abgerippt. In Nigeria ist einer auf die Bühne gerannt, hat ihm seine Kette abgezogen und ist in die Menge gerannt. 50 ist sogar noch in die Menge gesprungen! Aber er hat seine Kette nicht wieder bekommen. So kann’s gehen.