Peter Sreckovic & STF Put Da Needle To Da Records – ein Label und seine Geschichte — Teil 1/2

Klassiker-Alben von RAG und Creutzfeldt & Jakob, ein sehr guter Riecher bei Curse und Kool Savas und auch Business-technisch hat das legendäre Label Put Da Needle To Da Records vieles – wenn auch nicht alles – richtig gemacht. Knapp 20 Jahre nach der Gründung ist es allemal Zeit für einen umfassenden Rückblick: Ein Label und seine Geschichte, Teil 1.

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Deutscher HipHop in der zweiten Hälfte der 90er: Inmitten der Dominanz schwäbisch-tüchtiger Kolchewiken und an der Grenze zum Nonsens flashender Mongos bietet Put Da Needle To Da Records dem hiesigen Untergrund eine neue Identität an. 1996 von STF-MC und -Producer Peter Sreckovic aka Fast Forward aka das F in STF gegründet, entwickelt sich PDNDTR von einer Aachener Studentenbude aus zur Heimat für Hardcore Rap aus der gesamten BRD. Der nahegelegene Ruhrpott steuert mit den lichtscheuen Debütalben von RAG und Creutzfeldt & Jakob zwei der einflussreichsten Platten überhaupt bei. Ähnlich legendäre Maxis wie »Harte Zeiten/Wall Street« von La Familia und Kool Savas‘ »LMS/Schwule Rapper« erweitern das Koordinatensystem des Labels in Richtung Heidelberg, Minden und – endlich – Berlin. Mit dem Sublabel Home Recordings schafft man nebenbei eine Plattform für unprofessionelle Musik von Westberlin Maskulin, Taktlo$$ und Absztrakkt, während der Put-Da-Needle-Mailorder sich zu Indie-Raps favorisierter Klolektüre entwickelt. Schwarze Zahlen blieben in der Katerstimmung der frühen Nullerjahre dennoch aus.

Nach einem folgenschweren Schulterschluss mit Def Jam Germany (u.a. Phillie MC, Glanz FX, LL Cool J & Spax) und einer so öffentlich wie einseitig ausgetragenen Schlammschlacht mit Savas, Teilen von Der Klan und dem Kölner MC Lenny, gingen bei Put Da Needle To Da Records 2003 die Rollläden runter. Über die Professionalisierung und den steilen Absturz eines ganzen Marktes, die späte Aussöhnung mit Savas und die Kunst, langlebige Musik zu entdecken, unterhielten wir uns mit Peter Sreckovic im Kölner Eigelstein. Und weil STF zwar nicht mehr wirklich als Band, aber weiterhin als Stammtisch aktiv sind, waren Scope (S) und Tuareg (T) als Stichwortgeber freundlicherweise gleich mit dabei.

In knapp 20 Jahren sammelt sich einiges an, das es zu erzählen gilt – deswegen erscheint die PDNTDR-Story in zwei Teilen. Im ersten Teil geht es um die Anfangstage von Put Da Needle To Da Records, untergegangene Katalognummern und Erfolge mit Doppelplatin-Status.

  • Put Da Needle beginnt mit deiner eigenen LP »Ich und MC Bibabutz«. Ich habe den Titel immer als Anspielung auf Der Tobi & das Bo verstanden. 

  • Fast Forward: Fettes Brot hatten doch auch dieses »Außen Tophits, innen Geschmack«. Interessanterweise hatte ich eine ganz ähnliche Punchline auf meinem Album. Es gab insofern durchaus Berührungspunkte mit diesen Bands. Aber die waren halt mitten im Blödelkosmos und bei uns waren das eher einzelne Blödsinns-Ausläufer unseres Humors. Wir hatten jede Menge Spaß beim Texte schreiben. 

  • Tuareg: Die ganzen Übertreibungen – das war doch alles nicht ernst gemeint.

  • Das Album markierte eine Übergangszeit, in der die Flows langsam nicht mehr hölzern klangen und die Leute gelernt hatten, ihr Equipment zu bedienen. Gerade auf »Ich und MC Bibabutz« sind Tracks, die man bis heute gut hören kann. 

  • Tuareg: »Ich hoffe die Radiosender lassen diese Platte spielen« ist absolut zeitlos – das funktioniert heute noch. 

  • Das Album war 1996 der erste Release auf Put Da Needle To Da Records. Das Label war nach deinem Weggang von MZEE aus der Notwendigkeit geboren worden, alles selbst machen zu wollen. Welcher andere Künstler hat dich so begeistert, dass du den gleichen Stress für ihn auf dich nehmen wolltest? 

  • Fast Forward: Savas war in jedem Fall wichtig. Interessanterweise haben wir kurz bevor ich meine LP rausgebracht habe, aber auch Curse kennengelernt. Da war er 15 oder so. 

  • Tuareg: Der war da gerade aus New York wiedergekommen. 

  • Fast Forward: Er lief mit so einer gelben Kassette, seinem Demo, durch die Gegend. Wir haben Curse an der Hall Of Fame in Köln-Ehrenfeld kennengelernt. Von ihm war ich so begeistert, dass ich mich gemeldet habe. 

  • Scope: Da war Curse aber auch schon wieder in Amiland. 

  • Fast Forward: Ich habe ihm dann meine Platte hinterhergeschickt, um mal Kontakt zu knüpfen. Schließlich haben wir ihn bei der Popkomm auf dem Kölner Ring auf die Bühne geholt. 

  • Hat Curse da noch ausschließlich Englisch gerappt? 

  • Fast Forward: Nein, das gelbe Tape war wie meine Platte halb Deutsch, halb Englisch. Das hatte er mit Busy aufgenommen. 

  • Scope: War da nicht schon »Alles Real« drauf?  

  • Fast Forward: Ja, das war da drauf. Das hat er auch auf dem Ring performed. 

  • »Damals ist nichts so nach dem Prinzip ›Heute back ich, morgen brau’ ich und übermorgen mach ich ein Label‹ passiert.«Auf Twitter teilen
  • Wolltest du für Curse das Label erweitern? 

  • Fast Forward: Ach, damals ist nichts so nach dem Prinzip »Heute back ich, morgen brau’ ich und übermorgen mach ich ein Label« passiert. (Gelächter)  

  • Tuareg: Da hat man eher so vom Hölzchen aufs Stöckchen planlos was gemacht. (lacht) Genauso hat sich ja auch der PDNTDR-Mailorder entwickelt. Wir haben PC-Zeitschriften geblättert, in denen konnte man immer eine Mark günstiger Festplatten und Grafikkarten erstehen. Nach diesem Modell hat der Peter seinen Mailorder aufgezogen. 

  • Fast Forward: Leute haben bei uns angerufen und gefragt: »Der Vertrieb liefert nicht zu uns ins Dorf, können wir nicht direkt bei Euch bestellen?« Wir haben uns gedacht, wenn die unsere Sachen nicht bekommen, kriegen die andere, »exotische« Platten oder Importe schon mal gar nicht. Solche haben wir dann beim Großhändler mitbestellt und auf die Liste gepackt. So ist der Mailorder geboren. Auf dem Fotokopierer haben wir dann eine Packung Preislisten gedruckt und gewartet, was passiert. Das hat alles gut funktioniert.  

  • Was hieß denn »gut funktioniert« in Zahlen damals? Wie viele hast du zum Beispiel von »Ich und MC Bibabutz« absetzen können? 

  • Fast Forward: Von meiner Platte waren es so 4.000 bis 5.000. Von der RAG »Unter Tage«, meine ich, 20.000.  

  • RAGs »Unter Tage« war das erste Album eines anderen Künstlers, das bei Put Da Needle rauskam?

  • Fast Forward: Ja, genau. Ich habe das Label mit meinem Album und einer Maxi dazu begründet. Ein paar Sachen waren danach angedacht – so kam es zu den Lücken in den Katalognummern. Ich hatte mal ein fertiges DAT von… weißt du, was ein DAT ist? 

  • Tuareg: Digital Audio Tape. 

  • Scope: Ich hab übrigens jetzt einen Tascam DAT-Player zu Hause stehen. 

  • Tuareg: Ich hab noch STF-DATs zu Hause. 

  • Scope: Ja, gib mal her, ich kann die jetzt spielen! 

  • Ich dachte DAT war uncool und man musste seine Instrumentals auf Platte pressen? 

  • Scope: Naja, wenn du einen Mischer beim Auftritt hattest, der HipHop mischen konnte, dann war das wie ein 6er im Lotto. Alle Typen, die Sound gemacht haben, kamen aus dem Rock. Die wussten nichts.  

  • Tuareg: Die hatten doch gar keinen Bock, die haben dich absichtlich schlecht gemixt…

  • Scope: Insofern war es legitim, seine Instrumentals auf CD oder vom DAT zu spielen. Richtige Mischer und Sound-Engineers für die Live Gigs zu haben, war jedenfalls der nächste Schritt in der Evolution. Danach kam die Idee, eine eigene Platte rauszubringen. Diesen Pioniergeist haben wir versucht, in alle möglichen Bereiche zu transportieren. Auf einmal gab es HipHop-Radio- und Fernsehsendungen, Plattenlabels, alles von HipHopern gemacht. Das war auch so ein bisschen das Problem mit der zweiten Generation, die ja diese Arbeit nicht leisten musste und dann die Infrastruktur für ihre Blödelrap-Platten genutzt hat. Du musstest das wirklich wollen, sonst hätte es nicht geklappt. Sonst setzt man sich nicht in jeder freien Sekunde in den Keller und wiegt mit einer Briefwaage Spraycan-Caps ab, damit der MZEE-Graffiti-Store an den Start kommt. 

  • Tuareg: In Budenheim, im Haus der Eltern von Akim Walta, die neben der Müllverbrennungsanlage gewohnt haben. Das war Körperverletzung! (lacht)

  • Was war der Stress mit Akim Walta noch mal? 

  • Tuareg: Ach, keine Ahnung… Ich kriege das nicht mehr zu 100 Prozent auf die Kette.  

  • Ich will ja auch nur darauf hinweisen, dass Peter 1999, also Jahre später, noch gerappt hat: »…mach‘ deine Rapkarriere kaputt wie Akim Walta.«

  • Fast Forward: Aber das bezog sich schon wieder auf andere Künstler. Scope hat zu dem Zeitpunkt bei Spin Records/EMI gearbeitet und MC Rene ist damals von MZEE weggegangen. Wenn ich mich recht erinnere, ist an viele große Labels ein Fax verschickt worden, in dem Akim davon abriet, mit Rene zu…

  • Scope: Nee, warte, da ging es um die Cora-E.-Platte. 

  • Fast Forward: Ah, siehst Du. Na, das war halt eine Punchline unter vielen. Die hatte schon gar keinen Bezug mehr zu meinem Weggang von MZEE. Womit wir wieder bei der eigentlichen Frage wären. Ich habe das nicht großartig geplant. Ich habe mich bei MZEE nicht wirklich wohl und unterstützt gefühlt. Ich hatte denen die Platte auch vorgespielt und es kam eine eher lauwarme Reaktion, so dass ich mir dachte: »Ich kann es auch selber machen.« Im Prinzip habe ich mir ein cooles Logo und einen Namen ausgedruckt und den auf meine Platte gepresst. Ich habe nicht drüber nachgedacht und mir gesagt »Dann nehm‘ ich den und den unter Vertrag.« Es kamen einfach Leute, die wissen wollten, wie ich meine Platte rausgebracht habe, wie GEMA, Label-Code und Tralala funktionieren. Ich hatte ein bisschen Kohle mit der Platte verdient und wollte gerne etwas Neues rausbringen.

  • »›Unter Tage‹, die erste Creutzfeldt & Jakob – das waren Meilensteine.«Auf Twitter teilen
  • Was waren jetzt die untergegangenen Katalognummern? 

  • Fast Forward: Eine war entweder eine STF-Maxi oder -LP, ich weiß es nicht mehr. Wahrscheinlich war es eine Maxi. Scope und ich hatten schon angefangen, etwas zu schreiben. Die B-Seite hieß, glaube ich, »Der Beißer«. (lacht) Das ist aber nie fertig geworden. 

  • Wieso habt ihr überhaupt Katalognummern angefordert, bevor ihr Tracks hattet? 

  • Fast Forward: Das war ja nicht wie heute mit YouTube, es brauchte schon etwas Vorlauf. Von Tatwaffe hatte ich ein fertig produziertes DAT, das Studio war schon bezahlt. Aber dann habe ich es mir ein paar mal angehört und mir gefiel es nicht so. Das war nicht der Tatwaffe, den ich von Jams kannte und der über Ami-Instrumentals abgegangen ist. Das war schon eher der Firma-Sound – sehr grade. »Hier, die Ufos und da, der Feuerball…« 

  • Tuareg: »Die Anakonda…« (lacht) 

  • Fast Forward: Hat mich nicht überzeugt, habe ich also nicht rausgebracht. Einen Masterplan gab es also definitiv nicht. Jedenfalls kannten wir den Karsten – Aphroe – damals schon und er erzählte uns, dass er neben Raid mit Wiz auch ein Projekt mit den Filo Joes, Pahel und Galla – R.I.P.! – machen würde. 

  • Tuareg: Da hatte der noch Dreadlocks.  

  • Fast Forward: Ich habe dann die Demos gehört und bin mit meinem Mischpult zu Wiz. In zwei, drei Wochen haben wir die Platte abgemischt und ich habe mich um die Labelarbeit gekümmert. Da hatten sich wirklich zwei Parts gesucht und gefunden. 

  • Gemessen daran, dass sogar bei uns im Kaff jeder diese »Unter Tage«-CD gekauft hatte, muss sich das richtig gelohnt haben. 

  • Tuareg: Die war ja auch hammer. »Unter Tage«, die erste Creutzfeldt & Jakob – das waren Meilensteine.

  • Put Da Needle hat schon überraschend viel langlebige Musik herausgebracht.  

  • Fast Forward: Was ich mir auf die Fahne schreiben kann, ist: Ich war mit dem Label zur richtigen Zeit am richtigen Ort und mein Geschmack hat diese Zeit auch ein bisschen geprägt. 

  • Hat Aphroe euch Flipstar & Lakmann vorgestellt? 

  • Fast Forward: Durch RAG kam der Kontakt mit Creutzfeldt & Jakob zustande, ja. Das ging genauso reibungslos. Ich fand die Jungs super auf dem RAG-Kollabotrack. Ich hab die ein paar mal getroffen und wir sind zusammen aufgetreten.  

  • Wenn das alles so lief und du selber sogar abgemischt hast, waren die Produktionskosten ja relativ niedrig. 

  • Fast Forward: Ja eigentlich schon – so konnte ich das Geld in andere Sachen stecken.  

  • Hast du dann mal ein Büro angemietet und ein paar Leute eingestellt?  

  • Fast Forward: Hatte ich nachher auch alles, ja. Dann kam der Mailorder dazu. Aber man muss sich das schon so vorstellen: Bevor das Ganze mit Major-Unterstützung weiterging, bin ich auch mal bei Banken vorstellig geworden und habe die anstehenden Projekte best-case- und worst-case-mäßig durchkalkuliert. Banken wollen Sicherheiten – und natürlich habe ich nichts bekommen. Träumereien von jungen Leuten lassen sich Bankern schwer vermitteln. Die machen ja auch nur ihren Job. 

  • Tuareg: Die haben ja auch nix zu verschenken, ne. 

  • Scope: Außer ihre Provisionen und Boni. (Gelächter)

  • Fast Forward: Es gab jedenfalls keine Garantien. Und aufwändige Produktionen wie das Der-Klan-Album mit buchdickem Booklet gehen ganz schön ins Geld – und werfen nicht unbedingt etwas ab. 

  • »Als der Major-Deal eingetütet war, dachten wir: Jetzt geht’s erst richtig los!«Auf Twitter teilen
  • Wie schnell hat dieser Negativtrend sich für euch als Label bemerkbar gemacht?

  • Fast Forward: Die Entwicklung kann man noch gut an den sich innerhalb weniger Katalog-Nummern immer wieder wechselnden Label-Adressen ablesen. Die erste LP wurde im Prinzip aus meiner Studentenbude, die ich damals mit einem Studienkollegen bewohnte, heraus veröffentlicht. Dann bin ich mit meiner Frau zusammengezogen und in der Privatwohnung wurden dann nicht nur diverse Klassiker wie Teile der La-Familia-Maxi, der Creutzfeld-&-Jakob-Klassiker »Partner« oder Savas‘ »LMS« aufgenommen, sondern auch die fertigen Tonträger wie RAGs »Unter Tage« und der Anfangsbestand des Mailorders zwischengelagert und verschickt. Wir haben aus Platzmangel erst mal so einen Hinterhof-Verschlag angemietet, der nach kurzer Zeit auch wieder zu klein wurde, und dann unser erstes richtiges Büro für Label und Mailorder angemietet. Da haben dann auch schon viele Aachener Leute, DJs und Writer, im Wechsel als Aushilfen gearbeitet. Wir hatten Praktikanten und später konnte man Einigen auch ein ganz ansehnliches Festgehalt bezahlen. Als der Major-Deal eingetütet war, dachten wir: Jetzt geht’s erst richtig los! Wir sind in ein größeres Büro gezogen und haben Leute für Grafik und Promotion eingestellt. Vieles kam dann leider auch ganz anders als erwartet.

  • Zu der Zeit sitzt Put Da Needle also in Aachen, dein direktes Umfeld ist in Köln. Die richtig großen Alben kamen aus dem Ruhrpott: »Unter Tage« und »Gottes Werk und Creutzfeldts Beitrag«. Letzteres war, glaube ich, sogar ein Top-40-Album – zu einer Zeit, als das noch etwas hieß…

  • Fast Forward: Das werden so 40.000 Einheiten gewesen sein.

  • Scope: Das wäre heute so Doppelplatin-Status. (lacht) 

  • Fast Forward: Wir konnten jedenfalls einmal über die 40.000er-Grenze gucken und danach mit ansehen, wie alles den Bach runter geht.   

  • Vor den Ruhrpottlern gab es noch die besagte, nicht ganz unwichtige Entdeckung aus Berlin. 

  • Fast Forward: Das Savas-Demo habe ich von Chris Maruhn bekommen. Der hatte damals noch sein selbst kopiertes »In Full Effect«-Magazin. Der meinte, er hätte da etwas Abgefahrenes, das wäre was für mich. Das Tape habe ich mir drei Tage angehört und drei Tage nonstop gelacht. 

  • Tuareg: Peter hat uns dann abends ganz aufgeregt angerufen: »Kommt vorbei, das müsst ihr hören!« 

  • Scope: Peter hatte immer ein Gefühl dafür, was gerade State of the Art ist und funktionieren kann. So ein Ding rauszubringen wie Savas… Als ich zum ersten mal Savas gehört habe, wusste ich nicht, was ich damit anfangen sollte – ob das Ernst oder Parodie ist.  

  • Tuareg: Wir haben gehofft, es sei nicht ernst gemeint. 

  • Scope: Wir waren uns nur einig, dass der einen kompletten Vollschaden haben muss und somit per se geil war. (lacht) 

  • Fast Forward: Dann kam der in Aachen vorbei. So ein total schüchterner Kerl… 

  • Tuareg: Der war so schüchtern, der hat sich noch nicht mal eine Pizza aus der Tiefkühltruhe geholt, sondern draußen was beim Döner gegessen, so schüchtern war der. 

  • Fast Forward: Ich bin mit der ersten Maxi von Savas auch überall auf Unverständnis gestoßen. Aus irgendwelchen Vertriebskanälen hieß es: »Two Live Crew haben wir doch grad hinter uns.« (lacht) Aber so überzeugt ich davon war, so schwierig war das für alle anderen… Ein Einziger bei Groove Attack hat sich dann bereit erklärt, das zu machen. 

  • »Als ich zum ersten mal Savas gehört habe, wusste ich nicht, was ich damit anfangen sollte – ob das Ernst oder Parodie ist.«  Auf Twitter teilen
  • Wenn man sich gewisse Zeilen aus »Ihr müsst noch üben« anhört, hat Savas‘ Humor auch ein bisschen auf euch abgefärbt, oder? 

  • Fast Forward: Klar, das war ja auch kein Feature, wo man die Spuren hin- und herschickte. Wir haben uns getroffen und ein Schreib-Battle gemacht: Wer zuerst 16 Takte voll hat, darf in die Kabine. 

  • Tuareg: Wobei Savas aufgewärmte Texte genommen hatte. 

  • Fast Forward: Ja, so Geistesblitze, die er mal aufgeschrieben hatte. Aber der war ein ganz netter, umgänglicher Kerl. 

  • Tuareg: Wir kannten ihn sogar noch von früher, als er noch mit englischen Raps als MC Juks mit Ono von Walkin’ Large aufgetreten ist. 

  • Scope: … was wir allerdings vergessen hatten im Laufe der Zeit. (lacht)

  • Wo wir schon alle drei beieinander haben: Es gibt diese Fast-Forward-Line »Sogar Tuareg ist besser als die meisten deutschen MCs, denn er schreibt nix« – hast Du überhaupt noch ein mal was eingerappt in der ganzen Zeit? 

  • Tuareg: Ich hab doch nur auf zwei Tracks überhaupt mal gerappt – beide Male auf dem Blitz-Mob-Sampler. 

  • Scope: Auf der Bühne war Haluk immer Backup-MC, was man echt nicht unterschätzen darf. Die absolute Stärke von STF war, dass wir unsere fertigen Texte gegenseitig bewertet haben. Und Haluk ist jemand, der bilaterales Denken mitbringt – da kommen die konfusesten Sachen bei rum. Wenn dir Textzeilen im Kopf schwirren, hilft es sehr, im Sparring mit Haluk daran herumzudoktern.

  • Tuareg: Auf der Bühne war Scope auch nicht immer der Textsicherste. (lacht) 

  • Scope: Ich brauchte meinen persönlichen Teleprompter.   

  • Tuareg: Man muss auch auf dem Höhepunkt abtreten können. (lacht) Ich war mir meiner Rolle jedenfalls immer bewusst und deshalb nicht einen Deut weniger wert – so habe ich es immerhin empfunden. 

  • Du bist ja auf dem Cover von »Comeback« auch mittig platziert.

  • Fast Forward: Eben. Wir haben das auch nie infrage gestellt, ob er jetzt was macht auf den Songs oder nicht. 

  • Scope: Haluk war bei jeder einzelnen Studiosession dabei, um die einzelnen Takes zu bewerten, ob die – streng genommen – STF waren oder nicht. Auch das haben wir hardcore durchgezogen und gerne mal 20 verschiedene Takes aufgenommen. Irrationaler Perfektionismus vielleicht. 

  • Hat genau dieser Perfektionismus ein STF-Album auf Put Da Needle verhindert? 

  • Tuareg: Nein. Niemand von uns hatte diesen unbändigen Willen, ein Album aufzunehmen. Als diese ganze Major-Geschichte los ging, mit 180.000, 200.000 Vorschuss, Chartplatzierungen – das alles hat uns nie berührt. Schon zu Rude-Poets-Zeiten kam der damalige Manager der Fantastischen Vier zu uns, das war noch vor Bär Läsker. Der meinte, er bräuchte Nachschub. Wir haben ihn zwei Stunden lang ausgefragt, wie das Business läuft und ihm dann gesagt: »Pass mal auf. Da vorne hat der Maurer ein Loch in der Wand gelassen, da kannste jetzt durchgehen!« (lacht) Rückblickend könnte man sagen: wir haben Chancen vergeigt. Aber ich finde, wir haben etwas ganz anderes geschaffen. Und 20 Jahre, auf die wir mit Stolz und Freude zurückblicken können.  

  • Im zweiten Teil des Interviews geht es weiter mit der Zeit der großen Vorschüsse, der Geschichte mit Def Jam Germany, dem Bruch mit Savas – und einem STF-Album.