Ahzumjot »Ich kann Oberflächlichkeit nur anprangern, wenn ich sie selbst verstehe.«

Knapp drei Jahre nach dem Kritiker-Lieblingsalbum »Monty« ist es endlich so weit: Ahzumjot bringt mit »Nix mehr egal« sein Majordebüt heraus. Stephan Szillus verfolgte den Werdegang des Hamburgers seit besagtem »Monty« ganz genau – und hatte dazu die ein oder andere Frage.

Ahzumjot_Voy

Vor drei Jahren legte mir DJ Stickle einen jungen Hamburger Rapper ans Herz, der zunächst ungooglebar erschien und der deshalb in einer »Juice«-Ausgabe sogar mal als »A zum J« bezeichnet wurde. Ein paar Wochen später spielte mir Ahzumjot sein DIY-Debütalbum »Monty« auf dem Künstlerparkplatz des splash!-Festivals in einem Multivan vor. Seine später eingestandene Aufregung merkte man ihm keinen Millimeter an, das Album klang erstaunlich innovativ, offengeistig und reif für einen 21-Jährigen. Auch andere HipHop-Medien hielten bald große Stücke auf den Hamburger. Der Druck stieg. Nach einem Umzug nach Berlin, einem Major-Deal und unzähligen Shows steht ab morgen sein zweites Album »Nix mehr egal« in den Läden. Ein Wiedersehen mit Ahzumjot.

  • Denken wir mal zurück an die Zeit nach »Monty«: Du merkst, dass das erste Feedback kommt. Unser erstes Urteil ist sehr überschwänglich, in der Berliner Szene feiern es einige ab. Wie war dein Mindstate zu der Zeit? Was hattest du vor? Was dachtest du, wie es mit dir weitergeht?

  • Ich wurde von so vielen Meinungsmachern hochgelobt und teilweise als das nächste große Ding bezeichnet, dass es mir schwer fiel, das für mich zu filtern. Mit Abstand betrachtet, muss man sagen, dass sich dieses Gerede in den letzten zwei Jahren sehr abgenutzt hat. Denn das entscheiden im Endeffekt nicht die Journalisten, sondern die Hörer. Dessen war ich mir da noch nicht bewusst. Damals waren Marteria oder Casper das nächste große Ding. Künstler, die nach ihren Platten beide riesengroß wurden. Wenn dir das auch prophezeit wird, glaubst du das irgendwann. Dann hat man sich so Traumvisionen ausgemalt. Riesige Shows spielen und so weiter. Aber dann kommst du zurück in die Realität und alles sieht ein bisschen anders aus. Es war mehr dieses gesunde Wachstum. Also musste ich mich wieder darauf besinnen, was meine Aufgabe als Künstler ist. Nämlich nichts aus einem Erfolgsstreben heraus machen, sondern die Musik machen, die man machen will.

  • »Ich bin keiner von diesen Zugezogenen, die nach Berlin gekommen sind, weil ihre Heimatstadt ein dreckiges altes Kaff ist, auf das sie keinen Bock mehr hatten.«Auf Twitter teilen
  • Du bist dann bald nach Berlin gezogen. Ein nachvollziehbarer Schritt für einen jungen Künstler, der sich in der Musikwelt etablieren will.

  • Sag das mal den Hamburgern. Als ich 2012 beim splash! das erste Mal auf Jan Delay getroffen bin, meinte er so: »Ey Ahzumjot, ich kenn deine Sachen von Denyo und feier dich. Aber warum bist du nach Berlin gezogen?« Und ich so: »Denyo ist doch auch nach Berlin gezogen.« Dann habe ich Samy letztes Jahr getroffen und der meinte: »Ich finde deine Sachen richtig gut und dachte, jetzt käme endlich mal wieder was Freshes aus Hamburg. Und dann bist du nach Berlin gezogen.« Aber ich bin ja trotzdem noch Hamburger. Ich sehe mich nicht als Wahlberliner. Ich bin keiner von diesen Zugezogenen, die nach Berlin gekommen sind, weil ihre Heimatstadt ein dreckiges altes Kaff ist, auf das sie keinen Bock mehr hatten. Ich bin doch nur aus der zweitgrößten in die größte Stadt gezogen, weil ich hier Musik machen wollte.

  • Es hat aber doch eine Weile gedauert, bis du dein musikalisches Umfeld gefunden hast. Wie ist das passiert?

  • Mir war von Anfang an wichtig, dass Levon Supreme dabei ist. Bei »Monty« war er ja auch schon involviert und hat hier und da produziert. Ich wollte dieses Mal mit ihm Musik schreiben. Und ich wollte selbst Musik schreiben. Es war klar, dass ich nicht produzieren werde. Ich wollte aber auch nicht auf Beats von einem Produzenten rappen. Man hat ja schon bei »Monty« gemerkt, dass ich eine klare musikalische Vision habe. Lev und ich lieben es, Beats zu bauen. Deshalb suchten wir jemanden, der darauf eingehen und das umsetzen kann. Dann habe ich mich im Sommer 2012 mit diversen Produzenten getroffen. Das war nie so richtig befriedigend. Für mich ist es wichtig, dass es auch menschlich passt. Dass es nicht nur ein geiler Produzent ist, sondern jemand, mit dem man ein Jahr verbringen kann. Jemand, mit dem man sich streiten, den man aber auch umarmen kann. Dann hat mein Manager vorgeschlagen, dass ich mich doch mal mit Nikolai Potthoff treffen solle. Der hatte die letzte Leslie-Clio-Platte produziert. Dann habe ich mitbekommen, dass er bei Thees Uhlmann in der Band ist und dachte mir, dass es ganz interessant sein könnte, jemanden dabei zu haben, der nichts mit HipHop zu tun hat. Also haben wir uns getroffen und erst mal nur Musik gezeigt. Er hat mich mit den Worten vorgewarnt: »Ey, ich kenne mich null mit HipHop aus!« Aber er kannte jeden Song, den ich ihm gezeigt habe, und dann hat er mir Sachen von Zebra Katz oder Haleek Maul gezeigt – Sachen, die ich nicht kannte. 

  • Also ein Nerd.

  • Ja, total. Der kam jeden Tag mit neuen Songs ins Studio, die er auf Blogs gefunden hatte. Ein richtiger Fuchs. Als ich das erste Mal bei ihm zu Hause war, hat er mir Platten gezeigt, die er in seiner Jugend gekauft hat. Da waren Sachen von Ma$e, Bad Boy und LL Cool J dabei. Und weil er mir zum Beispiel Theophilus London gezeigt hat, der auch auf meiner Referenzliste stand, hatten wir sofort eine Wellenlänge. Dann habe ich ihn gefragt, ob ich Lev mal mitbringen könnte. Lev hat ihm einen Beat gezeigt und Nikolai meinte sofort: »Wir produzieren jetzt einen Song. Scheiß mal aufs Kennenlernen.« Daraus ist dann »Besser jetzt als spät« entstanden. Nikolai war es sehr wichtig, dass wir zu dritt an diesem Album arbeiten. Den größten Teil haben wir zusammen gemacht. Deswegen hat sich das auch nie angefühlt, als wäre ich jetzt beim Major und hätte nun einen Profi an der Hand. Es war genau so, wie ich immer arbeiten wollte.

  • Hat die große böse Plattenfirma überhaupt versucht, da Einfluss zu nehmen?

  • Nicht wirklich. Klar haben die Kritik geäußert, was auch gut ist. Ich bin ja kein perfekter Musiker. Aber es ging mehr darum, meine Stärken herauszuarbeiten. Dann hieß es etwa: »Das mit den Betonungen kannst du doch viel besser. Auf dem Song hier hast du doch auch viel geiler mit der Stimme gespielt.« Aber mir wurde nicht vorgegeben, einen Song für die Ladys zu schreiben.

  • Hast du dir »Monty« noch mal wieder angehört?

  • Klar, zuletzt vor einem Monat. Ich bin wahnsinnig stolz auf die Platte und finde sie immer noch gut. Aber ich sehe da viel mehr Schwächen als früher. Ein Paradebeispiel ist der Song »Geht okay«, den ich heute so anstrengend finde, dass ich ihn immer skippen muss. Das würde ich heute nicht mehr so machen. Oder »Keine Zeitmaschine«, der einer meiner Lieblingssongs ist. Ich mag die Strophen und das Outro, aber dann kommt diese dumme Dubstep-Hook, bei der ich mir denke: »Warum habe ich den Song damit kaputtgemacht?« Auch beim Rap fehlte mir einfach die Erfahrung. Ich wusste nicht, wie man im Studio richtig rappt. Viele Leute kamen nach Konzerten zu mir und meinten, dass sie »Monty« nicht so gut fanden, aber dass ich doch mal eine Live-Platte machen solle. Da ist mir aufgefallen, dass ich auf der Bühne viel mehr mit meiner Stimme spiele. Also habe ich das auch im Studio gemacht.

  • Casper hat vor dir auch schon eine Platte mit jemandem gemacht, der gar nicht aus dem HipHop kam. Nun wart ihr eine Zeit lang beim gleichen Management und der Vergleich drängt sich ein bisschen auf. Was ist der Vorteil daran, mit jemandem zu arbeiten, der nicht aus dieser HipHop-Beatmaker-Ecke kommt?

  • Vor allem habe ich das bei Refrains gemerkt. Nikolai sprach immer vom großen, epochalen und riesigen Moment im Refrain. Wenn man sich alten HipHop anhört, dann sind das ja teilweise nur Loops, die auch über die Hook hinweg dieselben Strukturen haben. Eine deiner und meiner Lieblingsplatten, »Hell Hath No Fury« von Clipse, ist einfach nur hingerotzt. Was auch geil ist, aber für diese Platte wollte ich das nicht. Da hatte ich eine ganz andere Ambition. Die hatte ich auch schon bei »Monty«, aber konnte es noch nicht. Du kannst halt einfach viel mehr mit Melodien spielen und die Möglichkeiten von Instrumenten komplett ausnutzen. Bei »Für immer« und »Wann bin ich dran« haben wir zum Beispiel keine Plug-ins benutzt, sondern den Tim von Abby die Cellos einspielen lassen. 

  • »Wenn jemand 2014 einen Song über Hipster macht und darin Karohemden, bunte Sonnenbrillen und Primark-Sneaker anprangert, dann ist das einfach falsch.«Auf Twitter teilen
  • Während du dich musikalisch über HipHop hinaus öffnest, bist du auf textlicher oder inhaltlicher Ebene doch wieder sehr HipHop, weil du den Authentizitätsbegriff sehr ernst nimmst, richtig?

  • Ja. Sich selbst oder andere mit erfundenen Geschichten anzulügen, das wird im Pop viel gemacht. Also ein Liebeslied schreiben, obwohl du nicht mal in einer Beziehung bist, aber weißt, dass es gut funktioniert. Es gibt auch zwei Songs über Liebe auf meinem Album – aber eben, weil ich in einer Beziehung bin und diese Frau über alles liebe. Ich schreibe schon über das, was in meinem Leben passiert. Deswegen ist »Monty« auch so geworden, wie es ist. Ich war damals in einer Phase, in der ich mich scheiße gefühlt habe, deswegen ist die Platte auch so ruhig, melancholisch und fast schon drückend geworden. Nachdem PRZ, mit dem ich Schlechte Menschen gemacht habe, sich auf sein Studium konzentrieren wollte, habe ich mich schnell gefragt, was ich überhaupt erzählen will. Ich wollte nicht mehr darüber schreiben, dass ich der beste Rapper bin und jeden am Mic vernichte. Ich will demjenigen, der Musik macht, das auch abkaufen. Man kann von Kanye West halten, was man will, aber wenn der sagt »I am a God«, dann denkt er das wirklich. Und wenn er es nicht denkt, dann verkauft er es zumindest gut. Natürlich gibt es Hyperbeln als Stilmittel, aber der Kern muss ehrlich sein. Wenn ich von Familie spreche, will ich von meiner Familie sprechen. Und wenn ich von den Problemen einer Generation spreche, dann will ich von meinen Problemen sprechen. Ich sträube mich immer dagegen, das Sprachrohr einer Generation zu sein. Auch bei Casper sind die Geschichten nicht erfunden. Aber er wird zum Sprachrohr, weil viele sich damit identifizieren können. 

  • Wenn ich mir deine Pressebiografie durchlese und dein Album anhöre, dann hagelt es darin Kritik an Oberflächlichkeit. Nun bist du aber auch jemand, der sehr darauf achtet, wie er sich kleidet, dem Fashion und damit Oberfläche extrem wichtig sind. Wie erklärst du das?

  • Man kann erst etwas kritisieren, wenn man sich wirklich damit auseinandergesetzt hat. Ich kann Oberflächlichkeit nur anprangern, wenn ich sie selbst verstehe. Nehmen wir das Hipster-Ding. Es gibt genug Rapper, die »Scheiß Hipster« sagen, sogar Songs darüber machen, sich aber mit dem Thema überhaupt nicht befasst haben. Wenn jemand 2014 einen Song über Hipster macht und darin Karohemden, bunte Sonnenbrillen und Primark-Sneaker anprangert, dann ist das einfach falsch. Das war vielleicht vor drei Jahren mal so. Natürlich bin ich jemand, der viel auf sein Äußeres gibt, aber es war mir bei anderen nie wichtig. Da ich mit ganz verschiedenen Leuten aufgewachsen bin, war mir das schon immer egal, was andere anziehen. Natürlich kann ich das nachvollziehen, wenn jemand darin einen Widerspruch sieht. Ich bin aber keiner, der in angesagten Kreuzberger Cafés abhängt, sondern ich lebe in Schöneberg. Und am allerliebsten in Hamburg. Ich ziehe mich einfach nur gerne gut an, bin sonst aber nicht so.

  • Würdest du sagen, dass du sogar selbst diskriminiert wirst, wenn man dich in diese Hipster-Schublade steckt?

  • Natürlich. Genau das prangere ich ja an.

  • »Egalheit ist eine omnipräsente Sache in der Popkultur. Es geht nur noch darum, sich abzuschießen, auf Morgen zu scheißen und den Moment zu leben.«Auf Twitter teilen
  • Als ich dich kennen gelernt habe, fiel mir auf, dass du nie gerne auf Partys und in Clubs gegangen bist – was normal wäre, wenn man in deinem Alter ist und nach Berlin zieht. Nun sprichst du auf dem Album sehr konkret über den Alkoholismus deines Vaters. Inwieweit hat dich das geprägt?

  • Eher unterbewusst. Meine Eltern haben sich getrennt, als ich acht Jahre alt war. Ich habe ihn dann nur an den Wochenenden gesehen und irgendwann auch mal zwei Jahre gar nicht. Ein guter Freund von mir hatte das gleiche Problem – unsere Väter trinken heute beide nicht mehr –, nur hat er seinen betrunkenen Vater jeden Tag hautnah miterlebt. Da wird der Abturn auf Alkohol noch größer. Aber ich erinnere mich natürlich daran. Denn meine Eltern haben sich deswegen getrennt und ich bin mit meiner Mutter in eine kleine Wohnung gezogen. Das war die schönste Zeit meines Lebens, obwohl wir nichts hatten. Wir waren nur auf uns gestellt. Ich hatte keinen Fernseher, keine Comics, keine Spielekonsole. Nur ein kleines billiges Radio, das mehr schlecht als recht funktionierte, aber ich habe mich immer gefreut, wenn »Phenomenon« von LL Cool J lief. (lacht) Es war schon eine glückliche Zeit, weshalb ich diese Gefahr von Alkohol eher unterbewusst wahrgenommen habe. Ich gehe gerne mal was trinken und schieße mich auch mal ab, vielleicht einmal in einem halben Jahr. Ich habe früher auch mal gekifft, aber abgesehen davon spielen Drogen in meinem Leben keine Rolle. Ich mag es nicht, die Kontrolle über mich zu verlieren. Ich habe gerne alles unter Kontrolle. Deshalb habe ich mein erstes Album auch selbst gemacht. Noch heute lasse ich mir nicht so viel reinreden. Und ich gehe nicht auf Partys, um mich abzuschießen. Ich will wissen, was ich tue und Herr meiner Sinne sein.

  • Diesen Eskapismus prangerst du auch auf dem Album an. Weil man sich zu wenig um existenzielle Dinge kümmert.

  • Durchaus, der Titel rührt ja auch daher. Egalheit ist eine omnipräsente Sache in der Popkultur. Es geht nur noch darum, sich abzuschießen, auf Morgen zu scheißen und den Moment zu leben. Für mich bedeutet »den Moment leben« aber nicht »saufen«. Das kann mal lustig sein, aber nicht die Essenz des Lebens. Ich habe es bei vielen Leuten gesehen, dass es niemandem etwas gebracht hat, nach Berlin zu ziehen und zu saufen. (lacht) Der Song »Für immer« spricht das am konkretesten an. Ich glaube, dass das für viele ein YOLO-Song sein wird. Wenn ich darin von »wir« spreche, meine ich aber weniger mich als meine Generation. In der ersten Strophe geht es, ausgehend von dem »Alles neu«-Zitat von Peter Fox, um dieses Ankommen in Berlin, das Feiern und das Zusammenpuzzlen der großen Liebe aus vielen kleinen. In der zweiten Strophe geht es darum, wohin das führt. Dann guckst du mit Mitte 50 auf deine verwaschenen Tätowierungen, die Falten im Gesicht und schaust auf deinen Finger, an dem ein Ehering fehlt, den man trotz des vielen Modeschmucks noch immer nicht besitzt. Im C-Teil kommt dann der resignierende Moment und das Zweifeln an der ersten Strophe, weil die zweite Strophe daraus resultieren könnte. Dann denken wir aber wieder: »Scheiß drauf!« Man kann das »Für immer jung« im Refrain aber auch anders deuten. Für mich bedeutet es, etwas zu tun, von dem man wirklich überzeugt ist, und seine kindliche Naivität zu bewahren.

  • Vielleicht auch sich davon zu befreien, wie man gesehen wird. Wir leben in einer Zeit, in der es permanent darum geht, etwas darzustellen. Wir stilisieren eine bloße Mahlzeit zu einem Event und wissen, aus welchem Winkel man das perfekte Selfie schießt. Cro sagt sehr schön naiv, dass man mal kein Foto schießen, sondern den Moment genießen sollte. Siehe auch die Handyvideo-Problematik bei Konzerten, die MoTrip und Eko Fresh sehr humorvoll aufgegriffen haben.

  • Casper sagt ja bei »Michael X« auch immer, dass das jetzt ein wichtiger Song ist und man das bitte respektieren solle. Bei der »Glow In The Dark«-Tour von Kanye waren Handys sogar verboten. Das fand ich geil, weil es einfach darum ging, die Show zu genießen und zu zeigen, dass die Erinnerungen daran viel schöner sind als die verschwommenen Handyaufnahmen. Jetzt mal Hand aufs Herz: Du stehst auf einem Konzert, spürst einen geilen Moment und filmst ihn mit deinem Handy. Wenn du es dir später anguckst, siehst du eine verwackelte Aufnahme, hörst dich selbst im Hintergrund schief schreien und der Bass ist viel zu laut. Das ist der Moment, den du mitgenommen hast. Das wird dem schönsten Moment der Show doch gar nicht gerecht.

  • Wenn man die inhaltlichen Aussagen auf dem Album herausfiltert, könnte man zu dem Schluss kommen, dass du moralisch ein bisschen konservativ bist.

  • Ja, total. (lacht) Ich sage auch immer, dass ich zu spießig für Berlin bin.

  • Hamburger halt.

  • Das ist wirklich so! Ich bin einfach in einer der spießigsten Städte aufgewachsen. Das hat nicht mal was mit der Erziehung zu tun. Aber mein eingeschlagener Weg ist ja alles andere als konservativ. Wobei man das so auch nicht mehr sagen kann, oder? Vor 20 Jahren wäre ich total der Ausreißer gewesen.

  • »Ich mache das nicht, damit ich rumlaufe und erkannt werde. Das ist mir einfach nicht so viel wert.«Auf Twitter teilen
  • Rapper ist immer noch nicht dasselbe wie Bankangestellter.

  • Ja, aber heutzutage ist es ja fast schon abgefahren, wenn du sagst, dass du gerne Bankangestellter werden möchtest. (lacht)

  • Wenn du dir jetzt mal die Musiklandschaft anschaust und alle von diesem HipHop-Hype sprechen hörst: Wie verortest du das selbst? Musst du mit dieser Platte jetzt Superstar werden und Hallen füllen?

  • Es gab tatsächlich den Punkt, wo ich dachte, dass es mit dieser Platte – auch aus existenziellen Gesichtspunkten heraus – durch die Decke gehen muss. Aber dann bin ich auch wieder realistischer und erwachsener geworden und denke mir: Es kann auch weiter nur gesundes Wachstum sein. Selbst wenn ich nach der Platte wieder jobben muss, solange ich nebenher an meiner Musik arbeiten, auf Tour gehen und Festivals spielen kann, ist das in Ordnung. Hauptsache, es geht voran. Hätte ich es auf den großen Erfolg angelegt, dann hätte ich eine andere Platte gemacht und mich nicht so verkopft. Aber das will ich nicht. Wenn ich ein Star werde, dann mit der Musik, hinter der ich zu 100 Prozent stehe. Mit meinen Geschichten. Und wenn es mit dieser Platte nicht klappt, mache ich halt weiter. Denn es ist mein großer Traum. Ich bin 25 Jahre alt. Guck dir Marteria oder Casper an und wann es bei denen durch die Decke ging. Und selbst wenn es nie passiert und ich nur weiter meine Musik mache, ist das auch okay. Ich habe mich damit arrangiert, dass es darum geht, eine geile Zeit zu haben und nicht nur etwas für den Effekt zu machen. Der Effekt ist für mich das eigene Glück und nicht das Glück des Starseins. Ich mache das nicht, damit ich rumlaufe und erkannt werde. Das ist mir einfach nicht so viel wert.