Disarstar »Ich habe mich irgendwann entschieden, Dinge anders zu machen.«

Hamburg ist langsam aber sicher wieder fester Bestandteil der Deutschrap-Landkarte – nicht zuletzt ein Verdienst des 21-jährigen Disarstar, der nach unzähligen Mixtapes nun sein offizielles Debüt »Kontraste« veröffentlicht. Jan Wehn hat den Hochbegabten zum Gespräch getroffen.

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In einer Zeit, in der sich gefühlt jeder Rap-Newcomer schon vor Karrierebeginn ein findiges Image erdenkt, um im Fall des Falles möglichst viele Alben abzusetzen, sind so straighte Typen wie Disarstar aus Hamburg die angenehme Ausnahme. Nach zig Mixtapes und einer gefeierten EP im letzten Jahr erscheint jetzt mit »Kontraste« das Debütalbum des 21-Jährigen. Jan Wehn sprach mit Disarstar über seine Vergangenheit, Neid, Materialismus und ein neues Politikbewusstsein im deutschen Rap.

  • Wann hast du das erste Mal ganz bewusst so etwas wie Neid verspürt?

  • Das ist eine schwere, aber auch sehr gute Frage. (überlegt sehr lange) Ich glaube, da war ich schon 14 oder 15. Ich weiß nicht mehr genau, warum ich neidisch war – aber es war sicher etwas Materialistisches. Ich bin generell auch ein sehr neidischer typ, allerdings auch sehr bipolar. Gerade wenn es um Rap geht, kann ich einerseits ein Neider sein, jemandem andererseits aber auch viel Anerkennung entgegenbringen. Wenn ich neidisch bin, dann auch immer mit einem Augenzwinkern.

  • Neidisch auf einen Rapper und seine Skills sein ist meiner Meinung nach ja vollkommen legitim. Aber wann hast du gemerkt, dass der Neid auf die materialistischen Besitztümer anderer Leute vielleicht Quatsch ist?

  • Neid resultiert ein Stück weit ja auch immer aus Unzufriedenheit und einem Bedürfnis, das erzeugt wird und vorher gar nicht da war. Je älter man wird, desto stärker habe ich gemerkt, wie unabhängig Glück und Zufriedenheit von Materialismus funktionieren. Man sieht Menschen, die scheinbar alles haben, trotzdem aber depressiv sind, besoffen auf die Bühne getragen werden müssen und dann – zum Beispiel – mit 27 an einer Überdosis Drogen sterben. Es gibt auch Jungs mit denen ich groß geworden bin, aber nicht mehr viel zu tun habe. Die haben viel Scheiße gebaut und fahren einen großen Wagen, aber sind todunglücklich. Neid entsteht ja immer auch aus einem Selbst heraus. Das soll nicht politische Situationen legitimieren, aber ich glaube, wenn man mit sich selbst unzufrieden ist, dann kann man auf materialistischer Ebene haben, was man möchte, und ist trotzdem nicht zufrieden. Wenn du dir die Lederjacke leisten kannst, die du schon ewig haben wolltest, freut dich das halt drei Tage oder eine Woche und danach ist es auch nur eine Lederjacke, die in deinem Schrank hängt.

  • Du hast gerade von Jungs gesprochen, mit denen du groß geworden bist. Im Song »Außer Rand und Band« kann man ein wenig über deine Vergangenheit erfahren, an anderer Stelle rappst du davon, »Ex-Intensivtäter« zu sein. Was warst du früher eigentlich für ein Typ?

  • Ich bin ein Typ gewesen, der mit sich selbst nicht im Reinen war. Ich will nicht sagen, dass ich das heute zur Gänze bin, sondern denke, dass das eine Lebensaufgabe ist. Ich habe mich nur irgendwann entschieden, Dinge anders zu machen. In den Jahren davor habe ich viele Drogen genommen, woraus natürlich Minderwertigkeitskomplexe, Frust und eben auch Neid resultierten. Das hat dann wiederum zu Kriminalität geführt. Ich war einer von denen, die in fünf von zehn Fällen erwischt wurden und stand deshalb zweieinhalb Jahre auf einer »Obachtliste«. Das ist ein Level über »Intensivtäter« und in der Zeit musste ich mich alle zwei Monate mit Staatsanwaltschaft, Gericht, Jugendamt, Jugendbewährungshilfe, Schule und Polizei zusammensetzen, um zu besprechen, wie es mir geht und wie ich mich entwickle. 

  • »Die Leute wollen nicht nachdenken oder sich Gedanken machen, sondern wollen lieber jemanden haben, der ihnen sagt, was sie zu tun haben.«Auf Twitter teilen
  • Du hast neulich mal erwähnt, dass du zu der Zeit kokainabhängig warst. Wie hast du das alles denn hinter dir gelassen?

  • 2011 ging es mir immer mal wieder sehr schlecht und ich habe in dem Jahr mit dem, ich sage mal, »Straßenlifestyle« abgeschlossen und wollte – auch wenn ich es komplett nachvollziehen kann, dass Leute kriminell werden – damit nichts mehr zu tun haben. Ich habe damals viel getrunken und Alkohol hat immer das Schlechteste aus mir herausgeholt. Das Kokain hat Dinge hervorgebracht, die gar nicht heraus sollten und für die ich mich am nächsten Tag in Grund und Boden geschämt habe – und um das zu kompensieren, habe ich abends wieder gesoffen. Ich habe dann, wie gesagt, 2011 beschlossen, mein Leben umzukrempeln. Da gibt es auf meinem dritten Mixtape »Phase 2« auch einen Song namens »Schauspieler«, der aus einem großen Umbruch heraus entstanden ist und auf dem ich schon viele Dinge thematisiert habe. Den wirklichen Cut habe ich dann 2013 gemacht.

  • Wir haben jetzt über Neid, materielles Anhaften und das Ego gesprochen. Sich von all solchen Dingen zu befreien ist ja eine sehr buddhistische Herangehensweise an das Leben. Hast du damit etwas zu tun?

  • Um ehrlich zu sein: total. Ich bin kein Esoteriker und versuche für alles eine wissenschaftliche Erklärung zu finden. Ich finde aber, dass die Wissenschaft und der Buddhismus sich, zum Beispiel in Bezug auf das Prinzip Yin und Yang, oft ergänzen. Ein guter Freund von mir ist ein sehr renommierter Tätowierer, der bei Cat von D in den USA gearbeitet und sich mit dem Tätowieren dumm und dämlich verdient hat. Er nutzt das aber nur noch als Mittel zum Zweck und bereist die ganze Welt. Der war in Peru und hat Ayahuasca genommen, Schweigemeditationen in Indien gemacht. Der ist überhaupt kein Hippie, sondern ein unglaublich reflektierter Typ, der fernab von westlicher Psychologie versucht, den ganzen Scheiß, den er sein ganzes Leben lang erfahren hat, zu überwinden. Mit ihm bin ich oft im Dialog und wir führen sehr interessante Diskussionen und Gespräche, weil er manche Sachen etwas romantischer sieht als ich. 

  • Ich finde, dass viele Dinge, die Bestandteil des Buddhismus sind, aber auch fernöstliche Philosophie in unserer westlichen Welt fehlen und uns gut tun würden. Wie siehst du das?

  • Aber viele Aspekte des Buddhismus findest du ja auch im Christentum oder im Sufismus, der eher spirituellen Ausrichtung des Islam. Wenn man will, kann man das Christentum auch ganz praktisch-dogmatisch auf spirituelle Weise interpretieren. Aber ich denke auch, dass andere Kulturen uns da viele Schritte voraus sind. Ich denke da zum Beispiel an Solidargemeinschaften oder Dinge wie Nächstenliebe. Da sind wir ja auch ein Stück weit bei der Politik. Nimm doch die ganzen Pegida-Leute, die nicht verstehen, das Kultur etwas Wundervolles ist, das auch in vielen hundert Jahren noch einen Eindruck davon vermittelt, wie wir Menschen waren. Kultur ist etwas, das sich stetig entwickelt und von Einflüssen lebt. Etwas, dass sich nicht aus sich selbst speist oder in einem bestimmten Zustand konserviert werden kann oder sollte. Deshalb finde ich es total gut, dass unsere Welt so groß ist und es so viele unterschiedliche Kulturen und Menschen gibt, von denen man sich Dinge abgucken kann.

  • Aber es gibt viele Leute, die sich dafür nicht interessieren oder sagen: »Mir geht es hier gut, ich will nicht, dass Leute hier hinkommen und ich mich plötzlich mit anderen Sprachen, anderem Aussehen oder anderen Essensgewohnheiten auseinandersetzen muss.« 

  • Das liegt meiner Meinung nach nicht, wie oft behauptet, an der Politikverdrossenheit, sondern an dem Mangel zur Reflektion. Die Leute wollen nicht nachdenken oder sich Gedanken machen, sondern wollen lieber jemanden haben, der ihnen sagt, was sie zu tun haben. Dem muss man entgegenwirken. Und da kann man mit Kunst oder Musik aufklärerisch tätig werden. Gar nicht mal, um den Leuten zu sagen, wie sie sich zu verhalten haben, sondern indem man ihnen Impulse gibt, sich selbst Gedanken zu machen und Schlüsse zu ziehen. Vielen Leuten fehlt auch einfach der Bezug. Ich wohne auf St. Pauli und bin mit den unterschiedlichsten Kulturen aufgewachsen. In Dresden wohnen 4.000 Moslems – der Hass, der dort ausgeübt wird, ist eine weiße Leinwand, auf die sie draufkritzeln können, was sie wollen, weil der Austausch fehlt.

  • Was war für dich denn ausschlaggebend, zu sagen: »Ich mache jetzt Musik – und vor allem auch mein Maul auf!«?

  • Ich war in der Schule damals viel mit den Nerds unterwegs, war aber auch mit den Gangstern immer cool. Auch sonst bin ich auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen sozialisiert. Ich will da jetzt nicht ins Detail gehen, aber bis ich zwölf Jahre alt war, war meine Familie sehr wohlhabend. So, dass ich freitags nach der Schule mit meiner Familie in den Flieger gestiegen bin und wir übers Wochenende nach Spanien geflogen sind. Das ist dann vom einen auf den anderen Tag weggebrochen. Das ist eine Sache, die mich mitgenommen und zur Reflektion, auch in Form von Musik, gezwungen hat. 

  • Bist du ein Einzelgänger?

  • Die Frage hat Staiger mir auch gestellt. Ich bin schon ein einsamer Wolf, aber ich bin eben auch ein exzentrischer Typ, der nicht mit vielen kompatibel ist. Es ist nicht so, dass ich Menschen nicht mag. Aber wenn ich die Möglichkeit habe, alleine zu sein, dann sehe ich mehr Sinn darin, alleine zu sein. Ich lese dann zum Beispiel viel – oder ich denke nach und drehe mich drei Stunden am Stück gedanklich im Kreis. Es ist wirklich so: Wenn ich nicht rede, dann denke ich nach. Und wenn ich mit Leuten bin, dann muss ich viel reden, weil ich sonst das Gefühl habe, dass mir der Kopf platzt.

  • Ich finde ja, dass diese Momente des Nichtstuns, in denen man mal kurz seinen Gedanken freien Lauf lässt, heute oft fehlen. Weil man jede freie Sekunde mit dem Griff zum Smartphone bekämpft.

  • Auf jeden Fall. Es ist natürlich schwierig: In Zeiten, in denen Solidarität schwindet und die Familie immer unwichtiger wird, sehnen wir uns nach Aufmerksamkeit – und die bekommt man eben, wenn man mal schnell ein Foto postet. Mit meinem privaten Facebook-Profil habe ich zum Beispiel nur gut 200 Seiten von Politikern, Magazinen oder Psychologen geliked. Wenn ich also bei Facebook reingehe, sehe ich nicht, wer gerade einen Tee getrunken und sich einen neuen Wagen gekaut hat, sondern bekomme ganz viel Input. Damit versuche ich, dem entgegenzuwirken. Ich trete auf meiner Facebook-Seite ja auch Debatten los.

  • »Über linksradikale Idioten, die Porsche anzünden oder die Scheiben beim Juwelier einschmeißen, kann man ganz klar streiten, aber es ist ein ganz klarer Unterschied zu Rechtsextremen, die Asylantenkinder aus der Bahn schmeißen.«Auf Twitter teilen
  • Zum Beispiel als du in einem Video-Blog über deine politische Gesinnung gesprochen und unter anderem gesagt hast, dass Linksextremismus die einzige Alternative sei.

  • Rechtsextremismus ist auf jeden Fall keine Alternative. Mit Reformen oder dem Gehen zur Wahl im bürgerlichen Parlamentarismus kann man nichts verändern. Die Tendenzen in diesem politischen Konsens bleiben die gleichen. Die Linken bilden die Opposition und die anderen Parteien sind in neun von zehn Fällen auf einer Linie. Es findet kein Dialog statt und keiner widerspricht sich. Aber die Linke würde sich auf dem Weg nach oben genau so korrumpieren lassen wie die anderen auch. Hinzu kommt: Unser Wirtschaftssystem ist wie es ist und basiert einfach auf Wettkampf, Wachstum und Sozialdarwinismus. Zu Beginn funktioniert das mit der sozialen Marktwirtschaft immer gut und Leute verdienen viel Geld. Aber dann endet es immer im Krieg und führt auf globaler Ebene zur Ausbeutung. Auch wenn ein Unternehmer Unmoralisches tut, ist er letzten Endes auch nur dem Wettbewerb ausgesetzt. Der muss zusehen, dass er fit bleibt. Ich sehe im bürgerlichen Parlamentarismus keine Alternative. Darüber, wie man den jetzt »stürzt« oder etwas anders macht, ist auf jeden Fall zu diskutieren. Ich bin Pazifist und gegen Gewalt, aber dahingehend auf jeden Fall bei Rudi Dutschke, der gesagt hat, dass Revolution in den Köpfen der Menschen stattfindet. Das ist, egal was er sonst so gemacht hat, auf jeden Fall ein guter Satz. Es macht keinen Sinn, die Leute von der einen Herrschaft zu befreien und ihnen einen neue Herrschaft überzustülpen. Die Leute müssen erst mal begreifen, dass auch noch eine andere Welt möglich wäre – und die ist theoretisch möglich. Es wird dann immer gesagt, der Mensch sei gierig. Das glaube ich nicht. Denn der Mensch ist schon hunderttausend Jahre alt und hat eine unglaubliche Entwicklung mit vielen Revolutionen durchgemacht. Der Feudalismus wurde von der Monarchie abgelöst, die Monarchie wiederum von der Demokratie. Es ist in diesem Zyklus Zeit für eine neue Ordnung – vielleicht ist das drastisch formuliert. Ich finde es nicht gut, wenn Leute sagen, dass der Kommunismus nicht funktionieren kann. Kommunismus kann nur auf globaler Ebene funktionieren. Denn selbst ein realsozialistisches Land ist immer noch vom kapitalistischen Wettkampf mit dem Rest der Welt abhängig. Das heißt, auf innenpolitischer Ebene kann man das dann Sozialismus nennen, aber außenpolitisch muss man dennoch kapitalistisch handeln und sich durchsetzen. Dass die Sowjetunion und jedes andere bis dato existierende, realsozialistische Land viele Probleme wie Diktatur oder Barbarei hatten, steht außer Frage. Aber ich finde, dass man einen objektiveren Blick darauf bekommen sollte. Denn: Bis der Feudalismus von der Monarchie abgelöst wurde, hat es hunderte Anläufe gebraucht. Genau so war es auch mit der Demokratie und der Monarchie. Der Realsozialismus hatte bisher eben nur diesen einen Anlauf – und der ist gescheitert. Hätte man in Bezug auf die Demokratie gleich die Flinte ins Korn geworfen, hätten wir sie heute nicht als Staatsform. Über linksradikale Idioten, die Porsche anzünden oder die Scheiben beim Juwelier einschmeißen, kann man ganz klar streiten, aber es ist ein ganz klarer Unterschied zu Rechtsextremen, die Asylantenkinder aus der Bahn schmeißen.

  • Aber braucht es diese große Revolution?

  • Ich stehe immer zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Oft resigniere ich und denke, man sollte vielleicht einfach nur das Beste aus der Situation machen und es braucht gar nicht die große Revolution. Es gibt ja die Hegelsche Dialektik, die von Prothese, Antithese und Synthese spricht. Heißt: Wir Menschen sind in der Lage zu kommunizieren, die Welt ist in Bewegung und die Probleme dieser Welt lösen sich von alleine. Der Kapitalismus ist ein Problem. Dass die Leute das checken, wird sich mit ein bisschen Hilfe von alleine entwickeln. Denn nichts bleibt, wie es ist. Ich erlebe auch immer wieder so tolle Sachen, bei denen ich mir denke: »Der Mensch ist einfach geil und ganz bestimmt nicht schlecht.« Ich versuche die Leute mit meiner Musik ein bisschen aufzuklären und sie vielleicht auch zur Diskussion anzuregen. Deshalb mag ich es auch so, wenn man mir – wie in dem Fall meines Video-Blogs – widerspricht. Denn nur so kommen wir voran.

  • Diese Themen, die du hier gerade ansprichst oder auch in deinen Texten behandelst, gibt es ja auch an anderer Stelle in der Szene, wo sie unter dem Sammelbegriff Zeckenrap verhandelt werden. Ein häufiger Kritikpunkt gegenüber diesem Subgenre ist die große Diskrepanz zwischen Form und Inhalt.

  • Weißt du, wir sitzen hier in der Sonne und führen ein geiles Gespräch. Es ist auch nicht alles scheiße und schlecht. Politik ist ein wichtiger Teil der Gesellschaft, aber vieles funktioniert auch ganz unabhängig davon. Freundschaft oder Liebe sind Dinge, die unabhängig vom System existieren. Mein Problem mit den Zeckenrappern ist, dass es bei denen keine Themenvielfalt gibt. Das ist mir einfach zu wenig.

  • Aber es gibt auch Bands wie K.I.Z. oder Zugezogen Maskulin, deren Texte von politischem Bewusstsein geprägt sind. Woher rührt dieses neue Bewusstsein deiner Meinung nach?

  • Ich glaube nicht, dass es ein neues Bewusstsein gibt. K.I.Z. hatten dieses Bewusstsein ja schon immer. Aber es gibt einen neuen Mut, diese Dinge zu thematisieren. Das finde ich super und ist eine geile Tendenz.

  • »Ich finde es toll, wie Rap sich entwickelt. Aber ich bin oft auch derbe enttäuscht.« Auf Twitter teilen
  • Du sprichst in Interviews oft davon, dass es für dich im Bezug auf Rap immer wieder Hochs und Tiefs gibt. Empfindest du so etwas wie ein Rap-Verdrossenheit?

  • Ich würde nicht sagen, dass ich Rap-verdrossen bin, aber ich bin oft enttäuscht davon, wie die Leute sind und wie es sich entwickelt und schon hinentwickelt hat. Ich liebe Rap und Rap ist ein Stück weit ja immer auch eine Lebenseinstellung. Ich finde es toll, wie Rap sich entwickelt. Aber ich bin oft auch derbe enttäuscht. Samy hat in seinem offenen Brief auf der splash!-Bühne mal gerappt: »Früher war der beste Rapper der Typ mit dem miesesten Flow, heute sind die ersten Fragen: ›Dealt er mit Koks?‹, ›Schießt er dich tot?‹« Ich finde es in einem gewissen Maße cool, aber eben auch traurig, dass das Entertainment über Skills und Flows des Rappers steht. Sachen, die ganz objektiv nicht gut sind, verkaufen sich heute wie geschnitten Brot. Ich habe Jahre lang Rap gemacht, ohne eine müde Marke zu verdienen – einfach, weil ich es gerne mache und der Scheiß mir auch etwas gibt. Gerade versuche ich mir mit der Musik eine Zukunftsperspektive zu erschaffen. Wenn das nicht klappt, heißt es nicht, dass ich nicht weiter Musik machen würde. Mir fehlt ein bisschen der Idealismus. Aber dann kommen immer wieder Sachen raus, die mich total kriegen. MoTrip hat es mit »Mathematik« zum Beispiel geschafft, einem klassischen Representer einen roten Faden zu geben. Und K.I.Z. brechen mit Subtilität, Zynismus und Sarkasmus und werden auf einmal sehr konkret. Das sind Sachen, bei denen ich dann doch immer wieder Bock auf Rap habe.