Mädness »Ich feier das Handwerk!«

madnessgude

Mit was für einem mächtigen Song ist Mädness denn da bitte gerade zurückgekommen? Vom Darmstadt aus täuschte der 34-Jährige gemeinsam mit Yassin traditionsbewusstes Realgekeepe an – nur um Deutschrap dann mit »Maggo«, dem Titeltrack seiner am Freitag erscheinenden EP, den Marsch zu blasen. Is eben de Gude, Baby! Daran hat eh nie jemand gezweifelt. Ein Ruf als »kompletter MC« eilte Mädness voraus, diverse sehr gute Alben folgten auch. Aber irgendwie fragte man sich doch ständig: Wieso ist es bei Mädness eigentlich nie so richtig losgegangen? Gute Frage. Und von denen hatte Jan Wehn noch ein paar mehr, als er de Gude im Darmstädter Norden zum Interview traf.

  • »Maggo« ist ja schon ganz schön durch die Decke gegangen, oder?

  • Also für meine Verhältnisse auf jeden Fall. Und mich freut das total, weil ich das erste Mal solch eine Aufmerksamkeit für meinen Rap bekomme. Rap, der ja sehr technisch und straight ist. Mit solcher Musik ist ja nicht viel Geld zu verdienen. Ohne jetzt tiefstapeln zu wollen, wundert mich das wirklich. Denn ich mache ja eigentlich das Gleiche, wie sonst auch. Aber dieses Mal stimmt einfach alles. Wir haben gute Videos, eine gute Grafik, gute Fotos. Als ich früher gerappt habe, war ab dem letzten Satz den ich geschrieben habe, das Release beendet. Wie das Dingen klingt oder so hat mich nie interessiert. Das habe ich immer meinen Jungs überlassen. Die haben das auch gut gemacht. Aber Promo oder nach Konzerten mit den wichtigen Leuten reden war mir immer zuwider. Außerdem war ich immer sehr angestrengt. So nach dem Motto »Ich habe Skills, das muss jetzt auch jeder wissen und deshalb packe ich die in jeden Song!« Jetzt bin ich 34, habe meinen Job und Rap ist für mich, ich sage das ja auch auf »Maggo«, pure Entlastung. Das ist auch Tatsache. Ich stehe gerne an den Wochenenden auf der Bühne, Rap ist mein allergrößtes Hobby. Das wird auch nie anders sein. Aber das Unbekümmerte hat meiner Musik sehr gut getan.

  • Ich finde, die ganze EP strahlt das auch aus.

  • Das kann gut sein. Der Druck selbst ist weg und die Verbitterung darüber, dass durch diesen Druck nichts ausgelöst wurde, auch.

  • »Promo oder nach Konzerten mit den wichtigen Leuten reden, war mir immer zuwider.«Auf Twitter teilen
  • Das hat man auf alten Songs von dir ja doch hier und da mal vernommen.

  • Ja, das ärgert mich auch total. Aber es war zu der Zeit so und es war letzten Endes auch gut, dass die Songs entstanden sind, denn sonst säßen wir jetzt ja nicht hier.

  • Trotzdem bleibt die Frage, warum es bei dir, trotz der guten Voraussetzungen, nie richtig losgegangen ist.

  • (überlegt) Ich war nie voll dabei. Zum einen liegt es sicher an dem, was ich eben gesagt habe. 

  • Das verstehe ich halt nicht. Auf mich hat deine Musik schon immer so gewirkt, als wenn du da richtig bei der Sache wärst.

  • Ich stelle mir die Frage ja selbst immer. (schmunzelt) Nimm zum Beispiel mal »Zuckerbrot & Peitsche« – das hatte einen sehr englischen Sound, lange bevor das Garage-Ding und z.B. Acts wie Wiley hierzulande richtig angekommen waren. Nicht, dass wir unserer Zeit voraus waren, aber wir haben das relativ früh gecheckt und für uns umgesetzt. Vielleicht lag’s auch an der Außendarstellung. Man wusste bei mir nie so richtig, wer ich bin und konnte das schwer greifen. Auch, weil ich mich in Sachen Beats nie wirklich festgelegt habe. Man konnte nie mit einem Satz sagen, was Mädness ist. Und dadurch, dass es nun ein Schlagwort wie »Gude« gibt, dass ich teils auf Hessisch rappe und mich klar zu Technik und straightem Rap bekenne, ist das für die Leute vielleicht greifbarer.

  • »Ich mache ja eigentlich das Gleiche, wie sonst auch. Aber dieses Mal stimmt einfach alles.« Auf Twitter teilen
  • Ich muss ehrlich gestehen, dass ich ewig gebraucht habe, bis ich das mit Maggo, also der hessischen Aussprache deines Vornamens, gecheckt habe. Mich hat das viel mehr an diesen Sprech von Italo Reno & Germany erinnert.

  • »Ey, mein Koseng, alles tschukka?« und so? (grinst)

  • Ja. Wann kamst du denn auf die Idee, diesen Rufnamen als Trademark zu verwenden?

  • Das weiß ich gar nicht mehr. Ich fand es schon immer cool, mit den Sachen zu arbeiten, die ich zur Verfügung habe oder die sowieso in meinem Alltag allgegenwärtig sind. Ich hatte den Beat von Gibmafuffi schon bekommen, bevor der als »Whistle«-Beat auf seinem Tape »Trinkhallenromantik« gelandet ist. Dann haben wir aber zusammen beschlossen, dass das auch optimal als EP-Intro wäre. Und dann habe ich einfach losgeschrieben.

  • Einer der Kommentare unter dem Video war übrigens: »Klingt wie Peter Fox.«

  • (lacht) Geil! Das ist ja geil.

  • Welchen Spielmannszug und welche Cheerleader sieht man da eigentlich im Video?

  • (lacht) Das ist der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehren Dreieich-Götzenhain/Offenthal. Ich habe halt geschaut, wo man im Umkreis einen Spielmannszug findet, der auch Bock auf so was hat. Du musst denen ja erklären, dass du Rapper bist und in dem Song keiner verunglimpft wird. Ich habe denen dann etwas von meinem Projekt Dirty Dabbes mit Gerd Knebel von Badesalz vorgespielt, weil das für die sicherlich zugänglicher war. Das fanden die gut. Genau wie die Cheerleader von den Darmstadt Lions. Ich war dann auch bei diversen Proben und habe das jeweils mit denen abgesprochen. Das war echt Arbeit, die auch hätte schiefgehen können. Würde man das Video im Originalton sehen, dann würde man auch ständig das Rufen von außen hören. Wir waren 30 Leute auf dem Platz, die aber alle sehr diszipliniert waren. Als wir abends nach Hause gekommen sind, um das Material zu sichten, waren wir echt glücklich damit, dass alles so geklappt hat. 

  • Im Video ist ja, die Hook impliziert es, auch dein Bruder Döll zu sehen.

  • Genau. Ich muss sagen, dass er auch ein Grund für mich war, wieder Spaß an der Musik zu haben. Bei der »Weit entfernt«-EP wussten wir alle auch schon, dass es wohl das beste Produkt ist, das wir bis jetzt aufgenommen haben. Da hat einfach alles gestimmt. Döll und ich wohnen ja zusammen. Und dieser Hunger und Antrieb, den er beim Rappen ausgestrahlt hat, ist auf mich übergesprungen. Das hat mir total viel gegeben. Wir spielen an den Wochenenden ja auch immer zusammen und backen uns gegenseitig. Das heißt: Seine Show ist meine Show und umgekehrt. Döll hat Südhessen jetzt nicht direkt wieder auf die Karte gebracht, weil es bereits auf der Karte ist. Aber er hat gesagt: »Und hol nicht nur für mich, sondern für mein ganzes Umfeld Respekt ab!« Das ist erst mal als Statement cool und zudem mega loyal. Seine Sachen haben uns alle hier wieder beflügelt. Ich mag das auch. Einfach rappen und Leute treffen.

  • »Ich wollte einfach noch mal kurz und knackig in Erscheinung treten. Ein Album wäre jetzt vielleicht zu viel gewesen.«Auf Twitter teilen
  • So ein bisschen der Backpacker-Ethos halt.

  • Klar.

  • Gleichzeitig werden die Backpacker auf »Ich sterbe für HipHop« aber auch mal abgewatscht.

  • Ai, wenn der net gud rappen kann! (lacht) Wir haben das ja schon immer gemacht. Wir waren damals schon auf allen erdenklichen Jams und machen das auch immer noch. Vielleicht hatte ich deshalb auch nie den Zug nach oben. Es hat mir einfach immer Spaß gemacht, an der Basis zu arbeiten. Nicht an der Nachwuchsbasis. Aber an mir als MC, für mich und meine Jungs.

  • Man hört auch einfach, dass du ein guter MC bist.

  • Ich feier das Handwerk und achte da auch bei anderen Leuten extrem drauf! Mein Bruder oder Leute wie Megaloh sind auch brutal gut ausgebildete MCs. Solche Leute brauchen nichts. Die stellen sich auf die Bühne, müssen keinen Schritt nach links oder nach rechts machen und es funktioniert. Natürlich feiere ich auch die große Show, wenn Jan Delay den Vorhang fallen lässt und alle stehen da in der gleichen Garderobe. Aber für meine Musik reicht es, straight zu mceen.

  • Sind die beiden Songs mit Kamp eigentlich Überbleibsel aus der Zeit, in der es noch eine gemeinsame EP geben sollte?

  • Ach, der Kamp ist halt ein Eierbär. Und ich bin auch einer. Wir kennen uns ja schon ewig und ich habe immer begeistert verfolgt, was er da so angestellt hat und glücklicherweise mit »Versager ohne Zukunft« dann endlich auch mal gewürdigt wurde. Und irgendwann war ich dann in Wien und wir wollten die EP machen, hatten aber beide eine Schreibblockade. Entstanden sind aber diese beiden Songs, die ich immer noch total stark finde und die jetzt auf der »Maggo«-EP gelandet sind. Es sind also schon Überbleibsel, aber nicht im Sinne von Resten, sondern eher als zwei schöne Stücke aus einer ganz besonderen Zeit.

  • »Lästermaul« ist dann vermutlich zu einer eher nicht so schönen Zeit entstanden.

  • Genau. Das ist dennoch mein Lieblingssong, der wirklich real ist. Den musste ich schreiben.

  • Letzte, obligatorische Frage: Warum EP und nicht LP?

  • Ach, ich hätte schon ein Album gemacht. Wir haben auch noch ein paar starke Nummern rausgelassen, die dann nächstes Jahr kommen. Ich wollte einfach noch mal kurz und knackig in Erscheinung treten. Ein Album wäre jetzt vielleicht zu viel gewesen. Diese sechs Tracks haben einfach super zusammengepasst und beschreiben für mich persönlich auch diese letzten vier Jahre perfekt. Da ist alles drauf. Höhen, Tiefen und Launen.