Kool Savas »Ich dachte, ich wäre der Einzige, der seinen deutschen Shit amerikanisch stylt.«
Als Curse »Feuerwasser« veröffentlichte, machte sich Kool Savas selbst zum »King Of Rap« – ein gegenseitiger Respekt besteht bis heute. Hier spricht Savas über 15 Jahre »Feuerwasser«.
Er gilt als bester Rapper Deutschlands und hat – nach seinem Start im beinharten Rap-Untergrund Berlins – mittlerweile auch eine Mainstream-Relevanz wie wenige andere Acts hierzulande. Im dem Jahr, als »Feuerwasser« erschien, beanspruchte Kool Savas den Thron mit dem ewigen Klassiker »King of Rap« für sich. Es folgten Alben, Mixtapes und Songs, auf denen Savaş Yurderi ein ums andere Mal der Szene seinen Stempel aufdrückte. Neben Azad und Samy Deluxe haben Kool Savas und Curse die Nullerjahre wie wenige andere MCs geprägt. Auf dem Posse-Cut »Spinne« von Savas’ »Haus & Boot«-EP tauchten Savas und Curse das erste Mal nebeneinander auf – gemeinsam mit Tone und Azad gab es sogar die Idee, eine Supergroup namens Cherubim zu gründen. Es wird wohl daran gescheitert sein, dass die beiden Über-MCs lieber wegweisende Soloalben veröffentlichten.
Das Interview ist Teil der großen ALL GOOD-Berichterstattung zum 15-jährigen Jubiläum von Curse’ »Feuerwasser«, zu dem auch die exklusiv von ALL GOOD präsentierte »Feuerwasser 15«-Tour ab November stattfindet. Außerdem erscheint am 20. November eine Re-Edition des Curse-Debütalbums. Neben den üblichen CD- und Vinyl-Formaten wird es auch eine limitierte Collector’s Edition geben, in der neben Sechsfach-Vinyl und allerlei Bonus-Material auch das Buch »Warum hört ihr mir eigentlich zu?« enthalten ist, das die Autoren von ALL GOOD geschrieben haben. Diese limitierte »Feuerwasser 15«-Edition kann man ab sofort hier vorbestellen.
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Wann und wie hast du zum ersten Mal von Curse gehört?
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Über Ono von Walkin’ Large. Ich war ja Backup-Rapper von Ono. Der hat mir von einem deutschen Rapper erzählt, der einen ziemlich amerikanischen Flow hat. Ono wusste, dass ich zwar auf Deutsch rappe, aber eben nur Ami-Rap höre. Ich dachte, ich wäre der Einzige, der seinen deutschen Shit amerikanisch stylt. Aber Ono erzählte, dass es da eben einen krassen Typen gibt, der extrem lyrisch ist. Und dann habe ich irgendwann über Ono ein paar Songs gehört. Auch weil Götz Gottschalk zu der Zeit ebenfalls mit Ono zusammengearbeitet hat. Da hatte er gerade das Management übernommen.
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Wie war euer erstes Treffen?
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Das erste Treffen war zu Hause bei Scope von STF aus Köln. Ich hatte meine Songs mit und Curse seine. Ich habe meine Tracks den Jungs gezeigt und Curse war sehr aufmerksam, sehr gechillt und bescheiden. Obwohl er zu der Zeit schon viel weiter war als ich – er hatte schon Deals auf dem Tisch, er hatte einen Hype. Dafür, dass ich zu der Zeit ein Nachwuchsrapper war, war er sehr respektvoll und gechillt. Mein erster Eindruck war durchweg positiv.
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Welche Verbindungen hatte Curse in der Szene?
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Curse war sehr aktiv in Nordrhein-Westfalen. Er hatte Kontakt mit STF, RAG, aber auch zu den Stieber Twins. Curse bewegte sich in der Szene, die zu der Zeit angesagt war und den Ton angab. Er war für die Leute etwas Besonderes.
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Wie stehst du zu »Feuerwasser«?
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»Feuerwasser« ist eines meiner Lieblingsalben von Curse, weil man da die Gelegenheit hatte, ihn zum ersten Mal auf einem Longplayer zu hören und man dabei ganz schön hören konnte, was er für ein Typ ist. Das Album wirkt auf jeden Fall homogen, aber hat so viele verschiedene Styles und so unterschiedlichen Input – man merkt, dass Curse damals schon über die Grenzen hinaus gedacht hat. Die Beat-Auswahl ist top. Auch heute noch. »Feuerwasser« ist für mich ein Meilenstein der deutschen Rap-Geschichte.
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Wie fandest du das Album, als du es im März 2000 gehört hast?
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Ich habe es irgendwann später gehört. Ich war geflasht. Weil ich ihn damals auch persönlich gekannt habe und mochte, habe ich ihm den Hype voll gegönnt. Ich hab es abgefeiert.
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Hast du einen Lieblingstrack auf dem Album?
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Mein Lieblingstrack ist »Auf uns ist Verlass« mit Tone. Da zerstören einfach beide den Beat. Beide haben diese durchgehenden Flows. Für mich waren zu der Zeit Tone, Azad und Curse wirklich die einzigen deutschsprachigen Rapper, die ich als MC zu einhundert Prozent respektiert habe.
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Kannst du als Experte ein bisschen sowohl auf Curse‘ Rap-Stil, als auch die jeweiligen Produktionen eingehen?
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Das war schon angelehnt an das, was man früher gehört hat. Die Beats waren teilweise schon ein bisschen Premo-mäßig. Deutschland war geprägt von diesem Boombap-Sound. Das war sehr samplebasiert und die Drums waren sehr rough. Der Mix von Busy war nicht so mein Geschmack. Aber das war alles extrem professionell gemacht. An Curse’ Rap-Stil habe ich gefeiert, wenn er diese durchgehenden Flows gebracht hat – am Stück, ohne Punkt und Komma durchgerappt. Das stand ihm sehr gut. Ich habe mir immer gewünscht, dass er zu dem Style wieder zurückkommt.
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Was für ein Typ war Curse im Vergleich mit den anderen relevanten Rappern der Zeit um die Jahrtausendwende?
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Curse war immer sehr offen. Er hat immer viel erzählt, wenn wir uns getroffen haben. Dabei hat er nicht immer nur von sich erzählt. Er war immer interessiert und hat immer mit einem offenen Ohr zugehört. Curse ist ein sehr offener, fairer und straighter Mensch. Das bewundere ich an ihm. Und er war früher auch schon ein sehr kopflastiger Dude, der sich über wirklich viele Gedanken gemacht hat. Deswegen habe ich immer sehr gerne mit ihm über Gott und die Welt gesprochen.
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Wie erging es dir dabei, als dieser 22-jährige Jungspund sich das Recht rausnahm, zehn Rap-Gesetze aufzustellen? Auch wenn du ja nichts Großes sagen kannst – du hast dir ja kurz darauf das Recht auf den Thron herausgenommen.
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Ich fand das cool. Ich habe damals nicht Biggie gehört, weil ich ja in erster Linie Westcoast-Sachen gehört habe. Biggie und seine »Ten Crack Commandments« hatte ich nicht auf dem Schirm. Ich bin ja auch in dem Video zu sehen. Melbeatz und ich sind da zum Videodreh gefahren, haben uns blicken lassen und unseren Respekt an ihn gezollt.
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Wie war die Stimmung in der Szene gegenüber Curse und seinem Debüt?
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Curse wurde parallel zu Samy ziemlich abgefeiert. Der Unterschied war, dass er mehr Persönliches erzählt hat. Ich glaube, in Berlin, NRW und Frankfurt wurde Curse noch mehr abgefeiert. Samy war in Hamburg, München und Stuttgart am Start, das andere war das Ding von Curse. Beide waren Kings zu der Zeit!
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Wurdest du von »Feuerwasser« beeinflusst?
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Nein, das kann man nicht sagen. Wie von jedem guten Album wurde ich inspiriert. Ich wurde von dem guten, qualitativen Entertainment motiviert.
- »Nach Curse gab es sehr viele Leute, die den gleichen Sound hatten und raptechnisch auf jeden Fall beeinflusst wurden.«Auf Twitter teilen
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Wurde die Szene von Curse im Allgemeinen und »Feuerwasser« im Speziellen irgendwie beeinflusst?
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Definitiv. Nach Curse gab es sehr viele Leute, die den gleichen Sound hatten und raptechnisch auf jeden Fall beeinflusst wurden. Rasputin aus Bielefeld klang zum Beispiel wirklich eins zu eins wie Curse. Das Album hat auf jeden Fall viele Rapper geprägt.
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Welche Stellung nimmt »Feuerwasser« in der Deutschrap-Historie ein?
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»Feuerwasser« ist eines der fünf bis zehn bedeutendsten Deutschrap-Alben aller Zeiten. Es gehört definitiv zu den Alben, die man nie vergessen wird. »Feuerwasser« muss in jeder Bestenliste auftauchen.
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Wie findest du, ist »Feuerwasser« 15 Jahre später gealtert?
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Für das, was es ist, ist es immer noch grandios. Wenn heute andere Rapper so klingen würden wie »Feuerwasser« von Curse, dann wäre ich übertrieben glücklich.
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Die exklusiv von ALL GOOD präsentierte »Feuerwasser15«-Tour startet am 20. November in Minden. Tickets gibt’s hier.
Ebenfalls am 20. November erscheinen die verschiedenen Re-Editions von »Feuerwasser 15«. Die limitierte Collector’s Box enthält unter anderem das 100-seitige, von ALL GOOD geschriebene Liner-Notes-Buch »Warum hört ihr mir überhaupt zu?« – hier geht’s zur Vorbestellung.