DJ Heroin & LGoony »Ich bin ein Gegner davon, Musik ironisch zu hören.«

Nein, LGoony ist kein Money-Boy-Sidekick, den man einfach so wegignorieren kann. Dieser unscheinbare Typ aus Köln hat mit dem »Grape Tape« gezeigt, dass in Zukunft mit ihm zu rechnen sein wird. Jan Wehn traf ihn und Dj Heroin zum Interview.

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Wann hat es das zum letzten Mal gegeben: einen Typen, auf den sich eine gute Zweidrittelmehrheit inklusive Casper und Konsorten einigen kann? Womöglich könnte dieser unscheinbare Typ aus Köln das Dingen hier ins vierte Jahrzehnt retten und weiterentwickeln.

Dem Dunstkreis von Money Boy und seiner Glo Up Dinero Gang entstammend hat LGoony sich – all den anfänglichen Unkenrufen zum Trotz – binnen der letzten zwölf Monate zu so etwas wie der großen Hoffnung von HipHop gemausert. Nach dem halbernsten Warm-Up »Space Tape Vol. 1: Goonyverse« aus dem letzten Jahr, hat LGoony im Spätsommer mit dem »Grape Tape« eines der besten Releases des Jahres 2015 nachgelegt und gerade erst letzte Woche mit seinem Part auf der Zugezogen-Maskulin-Kollaboration »Füchse 2015« noch mal richtig abgerissen.

Dabei wurde auch klar: auch wenn der Typ das Auto-Tune mal ausschaltet, hat er immer noch Bawrs – für Damion Davis und seine Parkplatz-Backpacker-Homies genauso wie für den genrefremden Gen-Y-Nachwuchs. Jan Wehn traf LGoony und Dj Heroin zum Interview und sprach mit ihnen über die Enttäuschungen durch alte Helden, die Vermemefizierung von deutschem Rap, die Strahlkraft des Swag Mobs, die Genialität von SDiddy, das Suchtpotential der »RapUpdate«-Community und ob man die Musik von Fler ironisch hören kann oder nicht.

  • Wann hast du eigentlich mit dem Rappen angefangen?

  • Anfang 2011. Da habe ich mir ein USB-Mikrofon gekauft und dann ging es los.

  • Und warum?

  • Ich weiß nicht. Ich habe schon seit 2008 Rap gehört und das hat mich immer sehr interessiert. Irgendwann habe ich angefangen Beats zu bauen. Erst mit Magix Music Maker, dann mit Fruity Loops und danach mit Cubase – und dann kam das USB-Mikrofon dazu. Ich habe dann auf ein paar Beats von mir gerappt, aber meistens Freebeats benutzt.

  • Hast du damals noch alleine gerappt oder warst du schon mit einer Crew unterwegs? Soweit ich weiß, warst du ja mal Mitglied von Jungs mit Charakter?

  • (grinst) Nein, das kam erst viel später. Es gibt ganz viele verschiedene Crews und Rappernamen. (lacht) Im Internet finden sich sicherlich noch fünf AKAs von mir, die du auch nicht kennst.

  • Habt ihr eure Tracks von Anfang an ins Internet gestellt?

  • Nur wenn es unseren Ansprüchen genügt hat. Wir haben dann auch Tracks von uns auf YouTube geladen, mit einem Bild von Eminem versehen und den Videos dann Titel wie »Eminem freestyled auf Deutsch« gegeben.

  • Waren die Klickzahlen dann dementsprechend?

  • Bei uns nicht. Aber es gab ein paar Jungs, die sich Die Pakistars genannt und ihren Songs Namen wie »Azad sucht Kurdistan auf der Landkarte« oder »Rosenstolz: Schlägerei mit Bushido nach Bambi-Verleihung« gegeben haben. Davon haben wir uns ein bisschen inspirieren lassen.

  • »Wir haben halt immer diese Online-Battle-Turniere verfolgt und hatten Lust, schlechte Lines mit aktuellen amerikanischen Flows zu rappen.«Auf Twitter teilen
  • Wer waren denn dann die Jungs mit Charakter?

  • Das waren ich und Headskin. Wobei man dazu sagen muss, dass das eigentlich auch nur Spaß war. Wir haben halt immer diese Online-Battle-Turniere verfolgt und hatten Lust, schlechte Lines mit aktuellen amerikanischen Flows zu rappen. (lacht)

  • Als Teil von Jungs mit Charakter warst du noch als Nu Era Kidd unterwegs. Irgendwann hast du dich dann aber in LGoony umbenannt. War das der Punkt, an dem du das mit dem Rappen ernsthafter verfolgt hast?

  • Die Sachen, die ich dann als LGoony gemacht habe, rührten einfach von meinen Einflüssen her. Davor habe ich extrem viel Battlerap gemacht, aber eben auch angefangen, mehr Amirap zu hören. Das Turnier, an dem wir als Jungs mit Charakter teilgenommen haben, war dann zu Ende, aber ich habe eben noch einen Song gemacht und direkt gedacht, dass das ziemlich Bock macht. Ich finde, man hört auch, dass die ersten Sachen wie »Fly Shit« oder »Millionen Euro« noch nicht ganz so ernst klingen. Bei denen haben ich eher drauf los gemacht – aber danach habe ich die LGoony-Sache dann ernsthafter verfolgt. Erst war gar nicht geplant, dass ich ein Mixtape mache. Aber dann hatte ich nach und nach so viel Material, dass ich mich doch dazu entschieden habe.

  • Der erste Song als LGoony war damals »Sie rufen«.

  • Ja, das sollte eigentlich auch wieder eine Qualifikation für ein Battlerap-Turnier sein – und zwar für das Turnier von einem Typen, der mit seiner Stimme und der Betonung eins zu eins JuliensBlog nachgemacht hat. (DJ Sick’s Rap Battle, Anm. d. Verf.) Das fand ich lustig und wollte unbedingt eine Analyse von ihm haben. (lacht) Das hat sich dann leider verlaufen. Eigentlich war das schon ein ziemlicher Aufwand. (lacht)

  • Gab es damals schon eine Idee, wer LGoony sein soll – musikalisch, aber vielleicht auch optisch?

  • Nein, überhaupt nicht. Aber der Sieger der ersten Staffel hieß Zeptah und hat immer so einen Handschuh getragen, den er auch ständig erwähnt hat. Das fand ich lustig und deshalb habe ich in dem »Sie rufen«-Video auch einen getragen. (lacht)

  • »Was LGoony angeht, bin ich viel freier. Ich kann alles machen und bin nicht so festgefahren.«Auf Twitter teilen
  • Bist du an die Tracks für das »Space Tape Vol. 1: Goonyverse« anders herangegangen als an deine Battlerap-Sachen? Hast du mit Auto-Tune herumprobiert oder einfach losgelegt?

  • Nö, ich habe einfach angefangen. Das gute an dieser Art von Musik ist ja auch, dass man viel mehr gute Beats findet. Für die Battlerap-Sachen eignen sich halt Beats von Necro oder Kool Keith, die ich alle schon durch habe – die Beats müssen halt düster und aggressiv sein, aber das meiste ist einfach nur langweilig. Was LGoony angeht, bin ich viel freier. Ich kann alles machen und bin nicht so festgefahren.

  • Und was ist mit den Adlibs? Entstehen die spontan?

  • Tatsächlich entstehen die Adlibs eigentlich immer spontan, ja. Ich finde, sie geben dem Ganzen eine andere Energie und füllen den Track aus. 

  • Warum hast du denn aufgehört, deutschen Rap zu hören? Soweit ich weiß, warst du schon großer Fan und hast von Die Orsons bis Morlockk Dilemma eigentlich alles gehört.

  • Ja, auf jeden Fall. Ich kann es dir nicht genau sagen. Rap hat sich irgendwann besser verkauft, die Leute haben gecheckt, dass sie davon leben können und dementsprechend weniger drauflos gemacht, sondern mehr nachgedacht. Vielleicht liegt es daran.

  • Aber so richtig ausgeblendet hast du deutschen Rap ja dann doch nicht. Wenn man sich deine Musik anhört oder deinen Twitter-Feed verfolgt, merkt man schon, dass du dich mit allem auskennst. Hörst du einen Fler wirklich gerne – oder hat das auch eine ironische Komponente?

  • Nein, eigentlich nicht. Ich bin ohnehin ein Gegner davon, Musik ironisch zu hören. Ich finde es einfach interessant und Fler hat auf seinen Alben immer ein oder zwei Songs, die ich richtig gut finde.

  • Wer aber definitiv ironisch gefeiert wird, ist Money Boy. Ich habe neulich gelesen, wie du dich darüber aufgeregt hast, dass alle jetzt seinen Sprech – man »ist« nicht mehr, sondern alle sind nur noch irgendetwas am »be-en« – imitieren würden. Ich finde es schon enorm, wie Money Boy die deutsche Sprache geprägt hat.

  • Klar, das ist natürlich kreativ. Aber wenn jeder es mit so einer hohen Frequenz macht und ständig irgendwo Wörter wie »be-en« oder »sein tuht« einflechtet, ist es nicht mehr lustig.

  • Wenn wir schon bei Money Boy sind: Wo warst du, als »Dreh den Swag auf« veröffentlicht wurde?

  • Ich weiß es nicht mehr genau. Das muss zu der »MeinRap.de«-Zeit gewesen sein, in der man immer alles relativ schnell mitbekommen hat. Ein Kumpel hat mir das Video relativ bald zugeschickt und erst dachte ich »Hö, was?!« – aber ein paar Tage später habe ich es voll gefeiert. Ich fand es total spannend zu beobachten, wie sich das mit Money Boy entwickelt hat. Manchmal hat er ganz offensichtlich einen schlechten Song mit schiefer Hook rausgehauen, damit der Hate wieder ansteigt. Er hat ja immer die Philosophie gehabt, dass auch schlechte Promotion gute Promotion ist.

    (Dj Heroin kommt dazu) 

  • Wie habt ihr beiden euch eigentlich kennengelernt?

  • LGoony: Über eine Facebook-Gruppe mit dem Namen Swag Mob …

  • … das war doch quasi der Clan von Money Boy. Da habe ich auch immer reingeschaut – so lange, bis das eine geschlossene Gruppe wurde. Seid ihr da noch drin?

  • Dj Heroin: Ja, ich bin da schon drin, seit ich 14 bin. Das war für mich in Sachen Social Media eigentlich immer dabei. Ich kann mir das ohne Swag Mob gar nicht mehr vorstellen, auch wenn ich diesen zur Zeit nicht mehr so aktiv verfolge.

  • Wie hat das bei dir mit dem Produzieren angefangen?

  • Dj Heroin: Mit 14 oder 15. Aber ich habe am Anfang noch gar keine Beats gemacht, sondern einfach Geräusche aufgenommen und zu Collagen zusammengebaut. Das war richtig weirdes Zeug. Ich habe zu der Zeit Shlohmo und so gehört und wollte das auch machen – nur klang es halt scheiße. (lacht) 

  • Und wann klang es nicht mehr scheiße?

  • Dj Heroin: Ende letzten Jahres. Da habe ich gemerkt, dass ich an einem Punkt bin, an dem ich besser geworden bin.

  • Du hast gerade schon Shlohmo angesprochen. Wer hat deine Musik noch beeinflusst?

  • Dj Heroin: Mit 14 habe ich viel Flying Lotus und so Zeug gehört. Jetzt würde ich sagen …

  • LGoony: … Hot Sugar. Oder?

  • Dj Heroin: Ja, der ist ein krasser Typ. Der macht alle seine Sounds aus Field Recordings. Der nimmt auf, wie Leute im Nebenraum weinen, und macht daraus eine Lead. Oder er nimmt Knochen in irgendwelchen Katakomben in Paris als Drums auf. In den Albumcredits steht dann auch immer, was er so benutzt hat.

  • LGoony: Der hat auch mal was für The Roots gemacht.

  • Dj Heroin: Das ist aber nicht groß rausgekommen. Der fliegt immer noch krass unter dem Radar.

  • LGoony: Das ist super schade, weil der mit »Gods Hand« dieses Jahr echt ein super Album rausgebracht hat.

  • Dj Heroin: Aktuell mag ich auch Metro Boomin’ sehr gerne. Ansonsten bin ich halt mega viel auf Soundcloud unterwegs und daher kommen dann auch meine Einflüsse. hnrk ist zum Beispiel auch krass. Den höre ich schon seit anderthalb Jahren und plötzlich machen wir einen Song zusammen – das ist schon ein cooles Gefühl. Gerade höre ich auch sehr viel Ambient – aber weniger als Einfluss, sondern einfach nur, weil ich das interessant finde: Oneohtrix Point Never oder Tim Hecker.

  • »Cloud Rap ist ein total sinnloser Genrebegriff.«Auf Twitter teilen
  • Kann man das, was du machst, unter irgendeinem Sammelbegriff zusammenfassen?

  • Dj Heroin: Ich glaube nicht. Wenn man selber Musik hört, die wiederum von anderer Musik inspiriert ist, dann wird man ja nicht von der Quelle, sondern von demjenigen, der es schon mal geflippt hat, inspiriert. Das ist ja das Gute am Internet: Alles inspiriert sich auf eine weirde Art und Weise und es kann sein, dass zwei Sachen aus ein und derselben Quelle stammen, aber am Ende ganz anders klingen.

  • LGoony: Es gibt da auch noch keinen richtigen Begriff für.

  • ›Cloud Rap‹ kann es schon mal nicht sein. Den Begriff findest du, LGoony, ja nicht so geil.

  • LGoony: Wenn die Leute Cloud Rap sagen, meinen sie damit eigentlich Yung-Lean-Musik.

  • Dj Heroin: Was ist mit Main Attrakionz?

  • LGoony: Ich finde, Cloud Rap trifft auf fast nichts und gleichzeitig alles zu. Deswegen ist es ein total sinnloser Genrebegriff. So eine Bezeichnung sollte ja eigentlich Sachen sammeln – aber Cloud Rap ist alles und nichts. Heute braucht man ja nur Auto-Tune in der Hook und ist schon Cloud Rap. Selbst Hustensaft Jüngling wird als Yung-Lean-Imitat bezeichnet! Wobei ich sagen muss, dass ich Yung Lean schon mag und besonders die ersten Sachen von ihm sehr feiere.

  • Dj Heroin: Die Leute feiern sich ja auch, wenn sie sagen, dass sie Cloud Rap machen.

  • LGoony: Das ist halt Musik für Tumblr-Kinder, die auf Yung Lean machen.

  • Dj Heroin: Mit Edits in Leaniefied.

  • Was ist denn Leanified?

  • Dj Heroin: Früher musste man sich Foto-Edits noch in Tumblr zusammenbauen, aber dann hat jemand die gute Idee gehabt, eine App daraus zu machen, mit der das auf Knopfdruck geht. Damit kann man dann Fiji-Bottles in seine Bilder kopieren.

  • Wenn Yung Lean ein Meme ist, dann sind deutsche Rapper es definitiv auch. Jeder hat sich freiwillig oder unfreiwillig einen ganz eigenen Kosmos aus Charakterzügen und Catchphrases geschaffen. Ich habe das Gefühl, dass Deutschrap-Konsumenten die Musik oft gar nicht mehr nur um der Musik willen hören, sondern auch diese ganzen Memes verinnerlichen und fast in einer Art Geheimsprache kommunizieren. Gute Typen sind stabile Syneks, ein Album ist ein Albung und so weiter. Was für einen Stellenwert hat das bei euch?

  • LGoony: Seit »RapUpdate« hat das auf jeden Fall einen sehr hohen Stellenwert.

  • Dj Heroin: Das ist einfach das Internet. Leute lieben es, aus allem Memes zu machen. Nimm doch einfach Drake und die Milliarde Memes über ihn. Genau deshalb gibt es jetzt auch Toony- oder Fler-Memes. Dieser komische Twitter-Kosmos, in dem sich alle nur in Fler-Zitaten unterhalten, ist eine ganz krasse Sub-Blase.

  • Du meinst so Leute wie Kuhherden Joe und dergleichen? Ist das nicht total überzogen, dass Leute extra Social-Media-Accounts für solche von Money Boy erfundene Charaktere erstellen und auf Twitter oder in den »RapUpdate«-Kommentarspalten in einer ganz eigenen Sprechweise kommunizieren? Ist dann nicht irgendwann alles ein Meme?

  • LGoony: Ja, alles ist ein Meme. (lacht)

  • Dj Heroin: Alles ist ein Meme. (grinst) Ne, ich weiß nicht. Das ist einfach lustig. Man rutscht einfach irgendwie in diesen Humor rein – und kommt nicht mehr zurück. (lacht)

  • Kann man deutschen Rap denn überhaupt noch ernst nehmen, wenn alles so vermemefiziert wird?

  • LGoony: Ich denke schon. Aber manche reduzieren sich halt selbst auf die Memes. Wenn ein Toony immer wieder auf seine Erziehungsschelle hinweist, ist es doch klar, dass man ihn damit assoziiert.

  • Das Cover von »Stabil« war ja dann quasi ein doppeltes Meme, weil es zum einen seine Erziehungsschelle, aber eben auch auf das »Batman Slapping Robin«-Meme referenziert hat.

  • LGoony: Viele bauen aber auf Memes auf. Zum Beispiel Audio88 & Yassin mit »Normal« oder »In dein Mund drin, du Schmutz!«. Das ist einfach ein Bestandteil der künstlerischen Identität geworden. Trotzdem kann man die Musik unabhängig davon ernst nehmen.

  • Früher brauchte es das aber nicht. Da hatte man halt seine Punchlines und heute braucht man…

  • Dj Heroin: … Bawrs! (Gelächter)

  • »RapUpdate ist die logische Konsequenz aus der deutschen Rapmedienlandschaft, genau wie SpongeBozz die logische Konsequenz aus Deutschrap ist.«Auf Twitter teilen
  • Wenn wir gerade schon dabei sind. Du hast dich in Vergangenheit auch immer wieder über die deutsche Rapmedienlandschaft geäußert. Ich habe meinen Unmut darüber ja auch mal in einem Text geäußert. Nachdem es kurz mal besser wurde, habe ich das Gefühl, dass es jetzt noch schlimmer wird und das Clickbaiting teilweise wirklich Überhand nimmt.

  • Dj Heroin: »RapUpdate« steppen gerade richtig up. Die haben neulich sogar einen Kommentar von Kollegah unter einem Instagram-Foto von French Montana aufgespürt: »DIESER Rapper sagt, das DIESER Typ der hässlichste Mensch ALLER Zeiten ist!« (Gelächter)

  • LGoony: »RapUpdate« macht echt alles richtig. Die machen alles, was die anderen Seiten wie zum Beispiel »hiphop.de« vorher schon versucht haben, nur konsequenter und erfolgreicher. Ich habe mir diese Talkrunde über HipHop-Journalismus angeguckt und da haben alle mit dem Finger auf »RapUpdate« gezeigt. Da habe ich mir gedacht: »Ihr seid doch Schuld daran!« – »RapUpdate« ist die logische Konsequenz aus der deutschen Rapmedienlandschaft, genau wie SpongeBozz die logische Konsequenz aus Deutschrap ist.

  • Ich muss ganz ehrlich gestehen, dass ich zwar auch mal gesagt habe, dass man »RapUpdate« keine Klicks schenken sollte, aber nach zwei Monaten hing ich trotzdem wieder dort rum.

  • LGoony: Die Community dort ist richtig lustig.

  • Dj Heroin: Da wird überhaupt nichts über den Artikel, sondern immer nur irgendwelche random Sachen geschrieben.

  • LGoony: Da wird gar nicht so verbissen kommentiert und diskutiert. Da sind auch irgendwelche Studenten, die Witze reißen und versuchen, in die Topcomments zu kommen.

  • Ich habe das Gefühl, die Leute hängen auch den ganzen Tag dort. Teilweise wird sich spät abends ja sogar verabschiedet – nach dem Motto: »Sorry, Jungs, bin für heute mal raus!« So, als ob die Schicht vorbei wäre.

  • (Gelächter)

  • LGoony: Das ist krass zeitaufwändig. Man muss seinen Account pflegen und darauf achten, dass die Likes reinkommen. Ein Kumpel von uns hat sich da auch ein bisschen reingearbeitet und ist auch sehr aktiv.

  • Aktiv wie Alberto Sieef, ja? Wo habt ihr denn eigentlich ausgegraben?

  • LGoony: Der kommt aus dem Swag Mob. Genau wie Hans Entertainment. Dort wurde er bekannt gemacht und Leute von dort haben ihn auch dazu gebracht, eine Facebook-Seite zu erstellen.

  • Dj Heroin: Das ist alles so krank.

  • LGoony: JB Bizeps kam doch auch da her! Es gibt echt viele Leute im Swag Mob, die sehr viel Zeit dafür aufwenden, um dieses Crack nach oben zu bringen. (Gelächter)

  • Ich würde dich gerne noch fragen, was du mit folgenden Zitat meinst: »Diese ganzen beschränkten Realkeeper-Rapper. Ich war ja früher Fan von denen, aber warum halten die nicht die Fresse, wenn sie keinen Plan haben.«

  • LGoony: Ach, man kriegt das so mit, wenn man die ganzen Leute geliked hat oder mit ihren Privataccounts befreundet ist, weil man die früher mal geaddet hat, als man Fan war. Morlockk Dilemma oder Sylabil Spill haben mit »Apokalypse Jetzt!« und »Komm Nicht Her. Ich Töte Dich.« zwei meiner persönlichen Deutschrap-Klassiker erschaffen, aber entwickeln sich gar nicht mehr weiter und posten inzwischen ständig so Realkeeper-Memes. Das finde ich ganz komisch. Man merkt, dass die alle immer weiter von der aktuellen Szene entfernt sind, aber trotzdem noch zu allem eine Meinung haben. 

    Die sind genau so verbittert wie Damion Davis in diesem Interview mit Visa Vie auf dem splash!-Festival. Ich habe Damion Davis früher auch gerne gehört und mochte den Film »Wholetrain« total gerne. Aber was die da vom Stapel lassen… auch diese ganze Rap-am-Mittwoch-Ecke lebt in ihrer ganz eigenen Welt abseits der Realität. Die sind eingeschränkt in ihrem Denken. Die denken nicht offen. Ein Falk ist zum Beispiel überhaupt nicht so, auch wenn man es vielleicht von ihm erwarten könnte, da er Teil derselben Generation ist.


  •  »›CCN‹ und ›Vom Bordstein bis zur Skyline‹ sind zwei meiner absolut liebsten Deutschrap-Releases aller Zeiten.«Auf Twitter teilen
  • Man merkt, dass du dich ziemlich viel mit der ganzen Materie auseinandersetzt. Deswegen fand ich es auch so schön, dass du auf dem »Grape Tape« zum Beispiel Bushido zitierst.

  • LGoony: »CCN« und »Vom Bordstein bis zur Skyline« sind zwei meiner absolut liebsten Deutschrap-Releases aller Zeiten. Bushido fand ich eine ganze Zeit lang sehr berechenbar und langweilig, aber seit »Kleine Bushidos« und dem »Sonny Black«-Album hat er seine alten Stärken wiederentdeckt.

  • Das stimmt. Es hat ja gerade wieder so eine Rückbesinnung der Rapper stattgefunden, die styletechnisch an ihre alten Tage anknüpfen wollen. Der einzige, bei dem das wirklich geklappt hat, war letzten Endes Bushido.

  • LGoony: Vermutlich, weil er wirklich so denkt.

  • Dj Heroin: Bushido hat ja auch nichts zu verlieren. Der hat’s geschafft …

  • LGoony: … und kann auf alles scheißen. Ich glaube, er hat eigentlich immer so gedacht und sich nur eine Zeit lang in der Öffentlichkeit reduziert, damit er akzeptiert wird. Aber dann hat er drauf geschissen und wieder da weitergemacht, wo er früher aufgehört hat. Deshalb funktioniert das auch – und weil es nicht so konstruiert wirkt und er meint, er müsse jetzt auf der Skateboard-Halfpipe irgendwelche Wack-MCs dissen. (Gelächter)

  • Bei Fler hat es aber auch ganz gut funktioniert.

  • LGoony: Ja, bei Fler hat das eigentlich schon immer gut geklappt. Ich weiß auch gar nicht, warum er da so eine Unterscheidung zwischen Fler und Frank White gemacht hat. Bei »Keiner kommt klar mit mir« rappt er eigentlich fast wie immer – nur mit ein paar mehr Ausdrücken und auf Beats, die an seine alten Sachen angelehnt sind.

  • Wenn wir schon bei Lieblingsrappern sind: Du bist großer SDiddy-Fan, oder?

  • LGoony: Ja. Ein Kumpel hat mir mal Songs von ihm auf YouTube geschickt und dann habe ich mir »21 Gramm« angehört – es ist eines meiner absoluten Lieblingsalben im deutschen Rap. Ich finde es sehr schade, dass er aufgehört und ihn anscheinend niemand so richtig verstanden hat. Er ist ein unfassbar guter Rapper und war, was Timing und Flows angeht, seiner Zeit weit voraus. Vielleicht sogar mit das Beste, was es gibt. Da geht es nicht um die Lines an sich, sondern wie er rappt, und das ohne ständig irgendwelche wacken Rap-Phrasen einzubauen – so wie es meiner Meinung nach öfter sein sollte.

  • Es gab ja vor gut zehn Jahren mal diese Phase, in der Leute wie Snaga & Pillath oder auch Sentino Dipset nach Deutschland gebracht haben und die Art sich zu kleiden, zu rappen und Beats zu produzieren eins zu eins von The Diplomats übernommen haben. Was ist denn, wenn das, was ihr – du, Money Boy oder die Cosmo Gang – da gerade musikalisch macht, in einem Jahr keinen mehr interessiert?

  • LGoony: Ich mache die Musik ja so, weil ich diese Art von Rap hier selber gerne hören würde. Ich kopiere aber keine Styles. Meine Musik ist das Produkt all meiner Einflüsse, die da zusammenkommen. Ich mache einfach immer das, worauf ich Bock habe und lasse mir das ganz offen. Ich denke sehr selten daran, wie die Tracks ankommen werden und ob sich die Leute dafür interessieren. Ich finde, das ist eigentlich nicht wirklich mit der Deutschrap-Dipset-Phase vergleichbar. Die hat ja auch leider viele Rapper wie Kid Kobra, Eko und Savas komplett kaputt gemacht. Ich habe das nie wirklich gefeiert.

  • Soweit ich weiß, hast du eine Zeit lang zum Beispiel auch unter dem Pseudonym Luis Lone gerappt. Neulich hast auch in einem Interview gesagt: »LGoony ist vielleicht nicht mein letztes AKA.«

  • LGoony: Ich trenne LGoony und Luis Lone voneinander und das Ganze ist auch nicht unbedingt timeline-mäßig zu sehen. Ich werde also nicht nur als LGoony Musik machen, sondern in Zukunft auch wieder mehr als Luis Lone machen. Ich bin zum Beispiel auch auf dem neuen Mixtape von James Jencon mit drauf. 


  • Das erste Tape hieß ja »Space Tape« und handelte vom Fliegen, das aktuelle trägt den Namen »Grape Tape« und dreht sich viel um lila Geldscheine. Schlussfrage: Wovon wird denn das nächste LGoony-Tape handeln?

  • LGoony: Ich würde nicht sagen, dass sich das »Grape Tape« auf lila Scheine herunterbrechen lässt. Es geht in erster Linie viel mehr um Stimmungen, Licht und Farben. Natürlich auch um Ice, Gold, Waffen und lila Scheine. 

    Worum es auf dem nächsten Tape geht, weiß ich noch nicht. Als nächstes kommt erst mal eine EP. Dann kommt noch eine EP. Vielleicht kommt davor auch noch ein Mixtape. Vielleicht kommt irgendwann auch mal ein Album. Mal sehen. Ich denke nur von Song zu Song.