Loyle Carner »›hugo‹ ist das Geschenk, das ich mir mit 14 Jahren gewünscht hätte«

In gut drei Jahren ohne Album hat sich die Welt um Loyle Carner grundlegend gewandelt. Seine neue LP »hugo« ist eine Auseinandersetzung mit der ewigen Verzweiflung an Identitätsfragen, mit dem, was war, und dem, was wird.

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Wer aktuell auf Rap aus London schaut, wird viele grimmige Gesichter erblicken, düstere Messerstecher auf bohrenden Tresillo-Hi-Hats. Keiner von ihnen grinst so breit und freundlich wie Loyle Carner. Ein Mr. Nice Guy, der auf seinen bisherigen Alben tiefgreifende Geschichten auf dusselig-trudelnden Jazzbeats erzählte, die es seinem Publikum leicht machten, auf Durchzug zu stellen. Kein Wunder, dass der 28-Jährige schnell zum nicht ganz so heimlichen Favoriten der Pitchfork-Hypekids und Madvillain-Spätzünder wurde. Sein drittes Album, betitelt »hugo«, ist in Teilen ein Paradigmenwechsel. Loyle Carner, bürgerlich Benjamin Coyle-Larner, lässt Wut und Frust hier freien Lauf, und auch die Drums dürfen endlich so lawinenhaft anschwellen, wie die Emotionen strömen. Im Interview mit ALL GOOD-Autor Till Wilhelm spricht Loyle Carner über unreleaste Madlib-Beats, familiär-kulturelle Tradition und das Manövrieren dieses Raums, der sich mixed-race nennt.

  • Du sagtest mal, du hättest eine merkwürdige Verbindung zu Deutschland.

  • Ja, ich liebe es einfach. Ich liebe Deutsche.

  • Wieso denn das?

  • In der Schule habe ich Deutsch gelernt, auch wenn ich nicht sehr gut darin war. Wir haben dann einen Schüleraustausch gemacht und ich bin in Köln gelandet. Tatsächlich bin ich sogar von der deutschen Schule geflogen. Am Ende des Tages hat uns unser Lehrer abgeholt und ich saß einfach auf dem Boden vorm Gebäude. Das war ja nicht mal meine Schule! Da war ich 16 Jahre alt – seitdem komme ich immer wieder zurück. Ich verbinde Deutschland mit meiner Jugend. Die Leute sind so freundlich hier.

  • Hast du noch Kontakt mit Leuten aus Köln?

  • Als ich das letzte Mal in Köln gespielt habe, stand ein Mädchen vom Schüleraustausch, auf das wir damals alle standen, hinter der Bar. Mit mir reden wollte sie immer noch nicht.

  • Das klingt nach Material für einen deepen Song. Am 21.10. erscheint dein neues Album »hugo«. Wie hat sich dein Leben seit »Not Waving, But Drowning« verändert?

  • Ich bin jetzt Vater, das ändert natürlich alles. Ich musste sehr viel über meine Identität nachdenken und konnte wichtige Konversationen führen. Die Black Lives Matter-Proteste, Brexit… Haufenweise verrückte Sachen sind passiert, seitdem ich das letzte Mal in der Öffentlichkeit stand.

  • Hat sich die Art, wie du Musik machst, verändert?

  • Ich habe aufgehört, mit Beats zu arbeiten, die mir irgendwer schickt. »hugo« war Teamwork. Ich war im Studio mit Alfa Mist, einem Jazz-Pianisten und guten Freund, mit Drummer Richard Spaven und Rocco Palladino am Bass. Die Band, mein Produzent Kwes und ich haben uns durch Jam-Sessions an die Songs rangetastet. Vieles auf »hugo« entstand aus einer Laune heraus, wir haben einfach Ideen ausprobiert und uns ausgetauscht.

  • Also war es wichtig, die Gedanken nicht anzustauen, sondern ihnen in der Improvisation freien Lauf zu lassen?

  • Exakt. Jazz-Musiker sind so frei mit ihren Ideen. Sie können jede Eingebung verwenden, weil die nächste Idee gleich schon wieder lauert. Pure Improvisation. So wollte ich meine Texte schreiben. Deswegen habe ich auch das hier gelesen. (tippt auf das Buch »Scar Tissue« von Red Hot Chili Peppers-Frontmann Anthony Kiedis, das vor ihm auf dem Tisch liegt)

  • Die Red Hot Chili Peppers habe ich schon in deiner Spotify-Playlist entdeckt. Eine eher überraschende Inspiration, oder?

  • Es ist ein neuer Einfluss für mich. Ich denke wirklich, dass »hugo« mein Magnum Opus ist. Meine Texte sind oft sehr dicht, aber diesmal wollte ich reduzierter schreiben, raffinierter, runtergestrippt. Ich habe versucht, mit weniger Worten mehr zu sagen. Das macht Anthony Kiedis unfassbar gut.

  • »Georgetown« wurde von Madlib produziert. War das immer ein Traumpartner?

  • Von Anfang an. Durch Common und Slum Village habe ich das erste Mal von J Dilla gehört, dadurch dann auch von Madlib, Madvillainy, MF DOOM. Früher bin ich im Schlafzimmer einfach auf YouTube gegangen und habe zu Madlib-Beats geschrieben. Ich hatte Songs zu allen Madvillainy-Instrumentals! Seine Drum-Patterns, seine Samples, die Chops, das hat eine ganz eigene Magie. Auf seinen Beats fällt es mir super leicht, mich zu öffnen.

  • Ist so auch »Yesterday« zustande gekommen, deine Madlib-Kollabo von 2020? Der Beat war ja bereits veröffentlicht.

  • Das war funny. Schau, Madlib schickt einfach Beats. Und zwar riesige Ordner mit tausenden Beats. Für mein jüngeres Ich ist das ein Traum, der in Erfüllung geht. Aber für mein älteres Ich ist das sehr viel Verwaltungsarbeit. Und Madlib schreibt nicht dazu, welche Beats er schon benutzt hat, welche schon veröffentlicht sind. »Yesterday« war als »Cue One« das Intro der Stones Throw-Doku. Ich hatte die gesehen, aber nicht eins und eins zusammengezählt. Irgendwann saß ich nur noch da und habe seine Beats durch Shazam gejagt. Zu dem Zeitpunkt war ich aber schon zufrieden mit dem Song und wollte ihn unbedingt rausbringen. Die Leute lieben »Yesterday«, aber Haters gonna hate. Deswegen habe ich mich jetzt sehr über »Georgetown« gefreut, da muss ich mir nichts mehr vorwerfen lassen. Jetzt habe ich immer noch tausend, vielleicht zweitausend unreleased Madlib-Beats auf dem Laptop.

  • Neue Singles wie »Hate« und »Nobody Knows« haben eine Dringlichkeit, die älteren Releases häufig fehlte. Woher kommt das?

  • Auf meinen zwei bisherigen Alben habe ich schon immer auch heftige Themen behandelt. Manchmal sind die Leute aber zu beschäftigt damit, den Vibe zu catchen, anstatt zu realisieren, worüber ich eigentlich spreche. Für »hugo« habe ich mich mit großartigen politischen und sozialen Denkern umgeben. Ich hatte eine klare Botschaft, die ich den Leuten vermitteln wollte. Es sollte unmöglich sein, den Punkt zu verpassen. In der Zeit habe ich oft »To Pimp A Butterfly« und »Damn« gehört, auch »Igor« und Gil Scott-Heron. Sehr viel Gil Scott-Heron. Gerade da: Es führt kein Weg um seine Message herum. Mit »hugo« wollte ich endlich ein paar Dinge loswerden. Ich war wütend, frustriert. Das war eine richtig intensive Lebensphase. Dafür bin ich jetzt umso entspannter.

  • So sehr ich deine Musik liebe, hatte ich oft das Gefühl, dass du schwerwiegende Themen auf Beats packst, die es dem Publikum erlauben, einfach wegzuhören.

  • Und das war keine Absicht, sondern einfach mein Vibe, meine Beats und Produzenten. Meine Musik war ein trojanisches Pferd. Aber jetzt bin ich durch die Tür und weiß: Leute werden sich das anhören. Vielleicht nicht mehr so viele, vielleicht nicht mehr die gleichen. Vielleicht wird »hugo« kommerziell floppen, es ist mir egal. Aber dieses Album hat einige Aufmerksamkeit sicher – genau deswegen wollte ich den Leuten vor den Kopf stoßen.

  • Geht es dir auch darum, dein Image als Nice Guy in Frage zu stellen?

  • Nein. Es ist ja wahr, ich bin ein netter Typ. Es wäre dumm, das zu ändern. Ich möchte die Realität dessen zeigen, was es bedeutet, Mensch zu sein – und die Außenwelt zwingen, meine Menschlichkeit anzuerkennen. Ich bin nicht jeden Tag ein netter Typ. Niemand ist das. Aber wir versuchen jeden Tag unser Bestes. Ich wünsche mir, dass mein Sohn später meine Musik hört und versteht, dass es okay ist, wütend zu sein, Trauer und Schmerz zu empfinden. Dass es auch erlaubt ist, mal respektlos zu sein und das Falsche zu sagen. Ich durfte das nie fühlen, ich musste immer freundlich und anständig bleiben.

  • Nochmal zurück zu »Georgetown«. Schon der Titel verweist auf die kulturellen Wurzeln deines Vaters in Guyana. Wodurch war die Besinnung auf dieses Erbe motiviert?

  • Es war ein persönliches Bedürfnis, wie auch meine Musik und meine Entscheidungen persönlich sind. Ich wollte mit meinem Vater nach Guyana reisen. Er war selbst nie dort. In meiner Jugend habe ich mir gewünscht, mein Vater würde mit mir über unsere Kultur, unsere Schwarze Geschichte sprechen. Aber er war nicht da, und er wusste auch nicht viel darüber. Er wurde in einem Kinderheim geboren und ist nicht mit meinen Großeltern aufgewachsen, sondern mit weißen Vorstadtkids. Für ihn gab es keine Schwarze Kultur, die er mir zeigen konnte. Umso schöner war es, mit ihm nach Guyana zu reisen und zu erklären: Das hier ist das Nationalgericht, hier spielen wir Fußball, das ist die Musik, die hier gehört wird.

  • Also wurde die Versöhnung mit deinem Vater zu einer gemeinsamen Entdeckungsreise?

  • Genau. Du kannst einen Gegenstand erst dann wirklich verstehen, wenn du ihn anderen mühelos erklärst. Wie in der Schule: Wenn du ein cleveres Kind bist, werden die Lehrer sagen, dass du deinen Mitschülern helfen sollst – erst dann kannst du den Stoff richtig begreifen. Meinem Vater die Kultur von Guyana näherzubringen, ließ mich fühlen: Okay, ich bin Guyaner.

  • Das Gedicht »Half-Caste« von John Agard bildet eine Klammer um »Georgetown«. Welche Bedeutung haben diese Verse für dich?

  • Das Gedicht gab mir einfach einen Raum, in dem ich ich selbst sein konnte. Einen Mann in seinen Siebzigern zu sehen, der mixed ist und meine Geschichte reflektiert… mixed-race Menschen aus dieser Zeit waren nie wirklich mixed-race. Meghan Markle, Lewis Hamilton, Barack Obama. Alle diese Leute sind Schwarz, richtig? Sind sie ja auch. Ich verstehe das, ich werde auch als Schwarz rassifiziert. Selten wird die Tatsache anerkannt, dass sie auch weiß sind, dass sie teils keine Liebe aus der Schwarzen Community bekommen, wie sie manchmal auch keine Liebe aus der weißen Community bekommen. Meine Mutter ist Portugiesin, mein Vater guyanisch. Ich bin in der Mitte und weiß nicht, wo ich hingehöre. John Agard hat mich dazu inspiriert, ein Album zu machen, das für die Außenseiter ist, für die schwarzen Schafe und die Weirdos, die sich nicht verstanden fühlen. »hugo« ist das Geschenk, das ich mir mit 14 Jahren gewünscht hätte.

  • In »Blood on my Nikes« kommt Athian Akec, ein junger Aktivist aus London, zu Wort. Wieso war es dir persönlich wichtig, Stimmen aus so unterschiedlichen Generationen auf »hugo« zu platzieren?

  • Weil es die Hoffnung zeigt, die ich für die Zukunft habe. Schon immer gab es diese Menschen wie Athian, 19 Jahre alt, ein politischer Denker, der positiv bleibt. Athian ist kein Pessimist, er arbeitet sich nicht an Boris Johnson oder anderen dämlichen Politikern ab. Dafür ist auch keine Zeit. Er mobilisiert und stärkt die gesamte Community. Er sagt: Kommt alle mit mir. Nicht nur diejenigen, die wie ich aussehen. Er sagt: Nur als Einheit können wir die Grenzen von Geschlecht, race und Stereotyp überwinden. Und auf der anderen Seite steht Agard, der sagt: Hey, davon sprechen wir seit Jahrzehnten. Dass diese beiden Welten aufeinanderprallen, ist mächtig. Das Coole an diesen Samples: Nichts daran ist neu. »Half-Caste« wird in Schulen gelesen. Und die Rede von Athian Akec ging viral. Ich nehme diese Versatzstücke, nehme Geld in die Hand und verstärke diese Stimmen, erhöhe die Reichweite. Und bette diese Perspektiven in einen neuen Kontext. Damit sie nicht als beschissener Soundschnipsel auf Instagram überleben müssen, sondern 300 Jahre auf einer Vinyl überdauern können, umgeben von musikalischer Schönheit. Diese Message soll unsterblich sein, nicht im Besitz von Facebook.

  • Spiegeln die mehrgenerationalen Perspektiven deinen eigenen Pfad zwischen Erbe und Vaterschaft?

  • So habe ich noch nicht darüber nachgedacht, aber das ist ein wirklich schöner Gedanke. Exakt. Vielleicht nehmen die Worte von Athian einiges vorweg, das mir mein Sohn einst sagen wird. Ich wollte, dass mein Vater über das gesamte Album hinweg eine starke Präsenz einnimmt. Aber ich musste feststellen, dass er nicht alle Antworten bieten kann.

  • Wie Sway.

  • (imitiert Kanye) You don’t have the answers, dad! Armer Sway.

  • In Liedern wie »Blood on my Nikes« und »Hate« sprichst du darüber, in unsicheren Verhältnissen aufgewachsen zu sein, du sprichst auch über deine Angst vor deinem sozialen Umfeld. War das ein Faktor in deinem Kampf um das Gefühl von Zugehörigkeit?

  • Nein. Und zwar, weißt du was? Das konnte ich erst realisieren, als ich Vater wurde. Ich versuch’s mal mit einem Beispiel: Meine Haustür ist mit einer Kamera ausgestattet.

  • Für TikTok?

  • Genau – (lacht) damit ich viral gehen kann. Ich war mit meinem Sohn unterwegs, als meine Freundin angerufen hat. Sie war aufgeregt, ein Auto ist vor unserem Haus vorgefahren. Ein paar Kids sind ausgestiegen und haben Weed geraucht, das ist ja normal. Es hätten auch Zigaretten sein können. Alles cool, aber einer der Jungs geht in die Nähe unserer Tür und zieht ein gigantisches Messer. Wie eine Machete, so groß. Dann reden die da draußen ein bisschen, das Auto fährt weg, der Typ geht in die andere Richtung. Und meine Freundin sagt, sie würde am liebsten die Polizei rufen, aber will die Polizei nicht rufen, weil sie diesen beschissenen Teufelskreis nicht aufrechterhalten will. Die Gegend ist gefährlich und unser Sohn wohnt hier. Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Früher hat mich das nicht gekümmert. Wenn du mittendrin bist, hast du ein bisschen Angst, aber du steckst drin. Ich war ein nettes Kind. Ich habe Ärger gemacht, aber nicht solchen Ärger. Ich habe nicht versucht, zu sterben. »Blood on my Nikes« ist das Ergebnis dieser Gedanken: Was wäre, wenn mein Sohn hier aufwachsen müsste? Inspiriert wurde der Song von einem Jungen, der im Streit über ein Paar Schuhe sein Leben gelassen hat, nicht weit von der Schule, an der meine Freundin unterrichtet. Viele meiner Kollegen machen Musik, die etwas lauter und aggressiver ist. Das ist ihre Realität. Mein Blick auf diese Geschichten ist anders und schwermütiger. Meine Güte, das war ein kleiner Junge.

  • Britische Medien und Politiker behaupten in den letzten Jahren immer wieder, Drill-Musik wäre verantwortlich für die Messerkriminalität auf den Straßen. Du schüttelst jetzt schon den Kopf.

  • Drill ist einfach die aktuelle Ausdrucksform. Wenn du Drill verbietest, werden die Kids ein anderes Ventil finden. Das Problem ist nicht die Musik. Das Problem ist der Mangel an Jugendclubs und Mentoring, die Unterfinanzierung der Schulen, strukturelle Diskriminierung. Wenn den Kids täglich eingeredet wird, sie seien nutzlose Tiere, sie werden es niemals zu etwas schaffen – was erwartest du von ihnen? Die Musik ist ein Ausweg und die Jungs würden nichts von alledem sagen, wenn sie echte Chancen hätten. Die Behörden sollten sich bei den Drill-Rappern bedanken. Rap liefert Einsichten in eine Realität, die den Studien und Statistiken verborgen bleibt. Ich weiß auch, dass einiges, was die Kids auf ihren Tracks erzählen, wirklich abgefuckt ist. »I put your friend in a spliff and I smoked him«, das ist schlimm. Klar, wer sich ans Mikrofon stellt und einen Mord gesteht, ist ein verdammter Idiot. Trotzdem sollte man diesen Kids mit Empathie begegnen. Das sind keine Monster, das sind Kinder. Wenn sie nach Hause gehen, umarmen sie ihre Großmutter. Was muss passiert sein, um so zu enden?

  • Die Diskussionen um Drill füttern auch einen Fan-Diskurs vom vermeintlichen Gegensatz zwischen Conscious- und Gangsta-Rap. Fehlt da das gegenseitige Verständnis?

  • Das ist das Herzzerreißende. Genau deswegen wollte ich wütende Musik machen, die zeigt: Sogar ich, Mr. Nice Guy, den alle für leicht bekömmlich halten, sogar ich werde rassistisch unterdrückt, ich bin frustriert, ich werde von der Polizei nicht respektiert. Einige denken, ich hätte diese Erfahrungen nicht gemacht, ich könnte nicht mitreden. Aber niemand ist sicher. Deswegen soll »hugo« ein Album sein, vor dem man sich nicht verstecken kann.

  • Immer wieder formulierst du auf »hugo« den Willen, präsent zu sein für deinen Sohn. Wie lässt sich die Balance halten zwischen einer Rap-Karriere mit internationalen Touren und dem Familienleben?

  • Indem ich ihn mitbringe, egal, wohin ich gehe. Eigentlich sollte er auch hier dabei sein, aber meine Mutter ist glücklicherweise eingesprungen. Das nächste Mal will ich für die Tour einen der Busse, die hinten ein abgetrenntes Schlafzimmer haben. Mit King Size-Bett, ich will ihn unbedingt mitnehmen. Stell dir mal vor, welche Geschichten der in ein paar Jahren erzählen kann. Am Glücklichsten bin ich sowieso, wenn ich mit ihm zusammen sein kann. Es wird die Tour besser machen.

  • Worauf freust du dich gerade am meisten?

  • Ich möchte Konzerte spielen, mit Live-Band, und wirklich sehen, wie die neuen Songs ankommen. Ich rede nicht von Rezensionen, das ist eine schreckliche Sache. Nach den Shows mit den Leuten am Merch-Stand zu sprechen, das ist mir wichtig. Weil… Okay, die Antwort wird lang, aber sie ist gut. Das neue Album von Kendrick Lamar hat in vielen Menschen sehr viel ausgelöst, heftige emotionale Prozesse. Mentale Gesundheit und Therapie, das sind Themen, denen viele Leute, besonders Männer, niemals ausgesetzt waren. Ich bin nicht wütend auf Kendrick, aber ich hätte mir gewünscht, dass er nach seinem Album Initiative ergreifen und einen Raum für Konversationen schaffen würde. Stattdessen hat er sich nach Ghana verabschiedet. Und wir alle blieben zurück, verlassen und verwirrt, und wussten nicht, wohin mit unseren Gedanken. Ich weiß, dass auch mein Album Schwerwiegendes behandelt und Erschütterndes zur Sprache bringt. Deswegen hoffe ich, an diesen Konversationen teilhaben zu können, statt mich ihnen zu entziehen. Wenn du glücklich genug bist, eine Plattform und Reichweite zu haben, solltest du sie nutzen, um Menschen zusammenzubringen. Das ist es, was Vermächtnis bedeutet. Das ist der springende Punkt an Musik.