Bluestaeb & Juju Rogers »Ganz viel Liebe für Musik, viel Handarbeit.«

Der eine ist Rapper aus Schweinfurt, der andere Beatbauer aus Berlin. JuJu Rogers und Bluestaeb haben beide bereits ein Album auf Jakarta Records releast und machen jetzt gemeinsame Sachen. Ein Audio-Interview von Naima Limdighri.

JuJuRogers_Bluestaeb

Ein süddeutscher Rapper mit Wurzeln in New Orleans und ein Produzent, der für die transeuropäische Inspiration zwischen Paris und Berlin pendelt – beide haben auf Jakarta Records releast, beide sind jung, motiviert und international aufgestellt: JuJu Rogers und Bluestaeb. JuJus erstes Solo-Album »From the Life Of A Good-For-Nothing« (in Anlehnung an den Eichendorff-Roman »Aus dem Leben eines Taugenichts«) kam letzten Sommer über Jakarta und bewies, dass Rap auf Englisch aus Deutschland mit den passenden Beats, Lyrics und dem nötigen melodischen Talent tatsächlich funktioniert. Bluestaeb, eine der Schlüsselfiguren der neuen Berliner Produzentenszene, gab mit »Rodalquilar« sein Jakarta-Debüt. Es ist einem andalusischen Bergdorf gewidmet, in dem seine Eltern bereits vor Jahren angefangen haben, einen alten Bauernhof umzugestalten – sein Vater spielt auf einem Song Gitarre. JuJu Rogers und Bluestaeb haben sich zufällig in Berlin kennengelernt, geklickt hat es sofort und gemeinsame Arbeit folgte schnell.

ALL GOOD-Autorin Naima Limdighri sprach mit JuJu Rogers und Bluestaeb in ihrer Radio-Show »Naimalig« über Ambitionen als Musiker, die Zusammenarbeiten mit Beatmaker Figub Brazlevič und was die jeweiligen Väter ihren Söhnen an musikalischen Einflüssen mit auf den Weg gegeben haben. Das Gespräch ist in verkürzter Form nachfolgend als Fließtext zu lesen – das ganze Interview ist auf Soundcloud nachzuhören:

  • Eure beiden Projekte sind jeweils sehr persönliche Werke geworden, beide beinhalten Kindheitsfotos von euch und eure Eltern finden jeweils Erwähnung. Inwiefern haben eure familiären Erfahrungen eure Musik geprägt? Sind die Projekte vielleicht sogar eine Art Hommage an eure Eltern?

  • Bluestaeb: Bei mir definitiv. Also Hommage weiß ich nicht genau, aber ich habe ja bewusst mit meinem Vater zusammengearbeitet, weil das Album quasi diesem Ort in Spanien, Rodalquilar, gewidmet ist. Das ist natürlich stark mit meinem Vater verbunden, weil der da damals eine Ruine von einem Bauernhof gekauft hat. Mein Vater ist Architekt und er hat dann da zusammen mit meiner Mutter ein Haus gebaut. Dann ist das natürlich stark mit meinen Eltern verbunden.

  • Wenn dein Vater selbst Musik macht – was hat er dir mitgegeben für das Projekt? Er hat ja auch auf einem Song Gitarre gespielt. Inwiefern fließt das mit ein?

  • Bluestaeb: Er hat damals ziemlich viel in Rock/Jazz-Formationen gespielt. Das ist natürlich alles jetzt ein bisschen eingerostet, aber es geht mir da eher ums Erlebnis Vater-und-Sohn-machen-zusammen-Musik als das krasseste Gitarrensolo aller Zeiten auf meiner Platte zu haben. Dann würde ich jemand anderen fragen. 

  • Und dein Daddy kommt aus New Orleans, du hast früher auch Trompete gespielt – Louis Armstrong kommt ja auch aus New Orleans…

  • JuJu: Yes, Jazz kommt aus New Orleans. Master P, Lil Wayne, Mystikal, Jay Electronica, Juvenile…

  • Hat dein Vater dir da aus New Orleans was mitgegeben?

  • JuJu: Absolut. Mein Vater hat einen unglaublich guten Musikgeschmack und eine unglaublich ausgeprägte Liebe für Musik. Das heißt, wir haben eine unglaublich gute, qualitativ hochwertige Plattensammlung zuhause, schon immer gehabt – CDs auch. Bis zu dem Alter von 14, 15 war mein Vater auf jeden Fall die prägende Kraft, was Musik angeht, neben natürlich meiner Mutter, die Wert drauf gelegt hat, dass ich ein Instrument lerne – und so kommen die beiden Einflüsse zusammen. Aber hauptsächlich war es die Plattensammlung meines Vaters und der Flavor, den er aus seiner Stadt, aus seiner Heimat bekommen hat. 

  • »Ich versuche einfach so gut wie möglich Gefühle, Emotionen, Momente einzufangen.« (JuJu Rogers)Auf Twitter teilen
  • New Orleans ist ja sehr speziell – in den USA eigentlich bereits voll das Outsider-Ding, weil es absolut nicht amerikanisch ist. Was sind denn so die Lieblingskünstler von deinem Vater, die er dir ans Herz gelegt hat?

  • JuJu: Wow. Das könnte ich dir noch nicht mal sagen! Mein Vater liebt Musik ohne Ende. Wenn ich ihn jetzt fragen würde, wer seine Lieblings-Künstler sind, könnte er mir wahrscheinlich keine Antwort geben. Viel Soul Musik, viel Rhythm&Blues, das geht sogar bis in Country, Jazz natürlich, Louis Armstrong – das waren so die Einflüsse, die er mir gezeigt hat, als ich angefangen habe, Trompete zu spielen. Aber wie du schon sagst, die Stadt ist sehr speziell: Second Line, Funeral – das waren so Sachen, die er mir gezeigt hat und die mich dann beeinflusst haben. Aber ich könnte dir jetzt keine spezifischen Künstler sagen…

  • Warst du mal in New Orleans?

  • JuJu: Absolut. Mein Vater hat 13 Geschwister, ich habe 300 Cousins in New Orleans. Ich versuche da regelmäßig hinzugehen, ich habe massive Familie da. 

  • Du verwendest in deiner Musik oft eine Art Sing-Sang – da rappst du nicht wirklich, aber singst auch nicht komplett. Machst du das bewusst?

  • JuJu: Ne. Das ist – ohne mich damit brüsten zu wollen –, was mich als Musiker ausmacht. Ich setz mich da nicht hin und überlege, was für Styles ich jetzt flexe. Ich versuche einfach so gut wie möglich Gefühle, Emotionen, Momente einzufangen. Ein Kollege von mir hat das mal »Mord im Affekt« genannt. Das heißt, wenn ich draußen bin, und mir passiert etwas, das mich inspiriert, dann versuch ich diesen Moment einzufangen, aber ich plane relativ wenig in meiner Musik. 

  • Du warst lustigerweise der erste Praktikant bei Jakarta. Ihr habt beide über Jakarta releast und mit internen Künstlern gearbeitet. Wie ist die Arbeitsweise bei Jakarta? Herrscht dort ein familiäres Verhältnis?

  • Bluestaeb: Ja, es ist schon sehr familiär. Die Arbeitsweise ist sehr angenehm, weil einem nicht – so wie man das von Major-Label-Klischees kennt – irgendwas vorgeschrieben wird, sondern man sehr offenes Feedback bekommt. Es wird einem schon vermittelt, wenn etwas nicht gefällt, aber man kann eigentlich machen, was man für sich selbst künstlerisch am Besten findet.

  • JuJu: Ich kann das nur bestätigen. Ich war fest davon überzeugt: Wenn ich jetzt ein Projekt über ein Label herausbringe, dann auf jeden Fall über Jakarta. Weil ich gesehen habe wie die arbeiten – ganz viel Liebe für Musik, viel Handarbeit. Da wird im Prinzip alles selber gemacht. 

  • Bluestaeb: Zum Beispiel bei mir. Bei meiner Platte gibt’s ein Inlay bei der Vinyl-Version mit Fotos von dieser Region Rodalquilar und noch bisschen Storytelling drumherum. Man war sehr offen dafür, was ich da ausdrücken wollte.

  • »Irgendwann findet man eine eigene Identität.« (Bluestaeb)Auf Twitter teilen
  • Weißt du, was ich meine, wenn ich sage »Dein Sound ist warm.«? Ist das eine Ästhetik, die du verfolgst?

  • Bluestaeb: Nicht bewusst, aber ich kann mir schon vorstellen, was du damit meinst. Das haben mir auch schon viele Leute gesagt. Ich habe nie bewusst versucht, einen warmen Sound zu machen. Ich mache jetzt neun Jahre lang Beats – irgendwann findet man eine eigene Identität. Früher habe ich oft Beats gemacht, irgendwie ein Sample gesucht, dann irgendwie versucht, das zu choppen, dann Drums druntergelegt und dann war das halt manchmal cool und manchmal nicht. Wenn man Glück hat mit dem Sample, kann der Beat ja auch einfach krass sein, wenn man da ein bisschen eine Kick und eine Snare druntermacht. Heute ist es aber ganz anders. Heute weiß ich, schon bevor ich den ersten Klick gemacht habe, was ich für eine Art von Musik machen möchte und versuche dann, dieses Ziel zu erreichen. Das Kreieren ist bewusster geworden. Es gibt immer natürlich diesen Zufallspunkt, der auch sehr wichtig ist. Für mich ist das Talent, auch im Zufall das Potential zu sehen. Gerade wenn du jetzt irgendwelche Samples anhörst, dann ist da eine Stelle, an der du denkst. »Wenn ich das jetzt so verändere, dann passt das.« Es ist jetzt auf jeden Fall deutlich mehr von mir in der Musik, als es das früher der Fall war.

  • … der Rest des Interviews ist hier als Audio-Stream verfügbar.