KC Rebell »Disziplin ist das A und O.«

Ganze acht Jahre ist KC Rebell mittlerweile schon im Geschäft. Als SAW hielt KC zusammen mit PA Sports die HipHop-Fahne im Pott hoch, als Snaga & Pillath schon in der Versenkung verschwunden waren, um danach ziemlich erfolgreich auf Solopfaden zu wandeln.

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Mittlerweile ist Hüseyin Köksecen bei Banger Musik untergekommen und bildet gemeinsam mit Summer Cem und Labelboss Farid die wohl produktivste Trias aus HipHop-NRW. Jetzt erscheint sein neues Album »Rebellution«. Zeit für ein Gespräch: über seine Kindheit in Magdeburg, Jugendfußball und Immobiliengeschäfte.

  • KC, was bedeutet Heimat für dich?

  • Heimat ist der Ort, an dem man sich am wohlsten fühlt. Und natürlich auch deine Herkunft. Irgendwo dazwischen.

  • Und wo ist das?

  • Da wo ich gerade bin. Also nicht hier in Berlin. Sondern dort wo ich lebe. Das sind Düsseldorf und Essen.

  • Bist du eigentlich auch in Essen aufgewachsen?

  • Meine Jugend habe ich dort verbracht. Geboren wurde ich in der Türkei. In Maras. Das liegt im Osten der Türkei. Und mit sechs Jahren bin ich dann mit meiner Familie nach Magdeburg gezogen.

  • Wie war deine Kindheit in Magdeburg?

  • Es gibt Leute, die laufen über die Straße, werden beinahe überfahren und sagen dann, dass das etwas ist, dass sie geprägt hat. Aber meine Kindheit in einem Gebiet, in dem viel Krieg herrscht, und dann in so ein Nazinest zu ziehen, hat mich sehr geprägt. Als ich dort gewohnt habe, konnte man die ausländischen Familien an zwei Händen abzählen. Aber wir konnten es uns nicht aussuchen als Asylbewerber. Sich dort etwas aufzubauen, hat viel Kraft gekostet.

  • »Das Einzige, was einen Job zu einem richtigen Job macht, ist das Honorar.«Auf Twitter teilen
  • Das glaub ich dir gern.

  • Meine Narben am Hinterkopf und  an der Augenbraue stammen aus dieser Zeit. Unser Asylantenheim wurde dreimal angezündet. Außerdem sind noch einige andere krasse Sachen passiert. Darüber spreche ich aber nicht so gerne in der Öffentlichkeit, weil diese Geschichten noch in Form von einem Buch erscheinen werden. Die Zeit in Magdeburg war krass. Ich hatte so gut wie gar keinen Freundeskreis. Das hatte aber einen Vorteil: Ich konnte mich deshalb auf die Schule konzentrieren. In Essen wollte ich dann auch mein Abitur machen, aber wurde irgendwann von der Schule geschmissen. Ich bin ein richtiger Wichser geworden, der das Kanakenklischee erfüllen musste.

  • Aber wieso denn?

  • Ich habe mich einfach so wohl gefühlt. Auf einmal war ich von Leuten umgeben, die meine Sprache gesprochen haben. Das kannte ich bis dato ja gar nicht! Dann habe ich angefangen, Scheiße zu bauen und war undiszipliniert. Das hat mich viele Dinge gekostet. Nicht nur meine Schul-, sondern auch meine Fußballerkarriere.

  • Ich habe auch viele Kumpels von früher, die mal bei der Borussia Probetraining gemacht haben, aber dann auf die schiefe Bahn geraten sind.

  • Ich habe bis zur U17 unter Uli Stielike gespielt. Dann habe ich anderthalb Jahre Sperre vom Verband bekommen, weil ich einen Schiedsrichter geschlagen habe.

  • Gewalt im Jugendfußball ist generell ein großes Problem, oder?

  • In den Jugendverbänden sind die Schiedsrichter ja auch Jugendliche! Und man kennt sich. Ich habe den Schiri damals geschlagen, weil er mich Hurensohn genannt hat. Aber alles im Leben hat einen Sinn. Und ich war zu undiszipliniert, um Fußballer zu werden, also bin ich Rapper geworden. Disziplin ist das A und O. Egal ob im Sport oder in der Schule. Wenn du Abitur machen willst, musst du Hausaufgaben machen und für Klausuren lernen.

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  • Gut, als Rapper muss man ja auch trainieren. Das kommt ja auch nicht von jetzt auf gleich.

  • Klar. Am Anfang hat mich das Undisziplinierte aber auch weiter gebracht. Ich war ruppig und habe mit meinem Image als Bad Boy kokettiert. 

  • Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man das professionell angehen muss.

  • Voll. Ich stehe jeden Tag spätestens um 9 Uhr auf und arbeite jeden Tag hart. Klar mache ich auch mal zwei Stunden nichts, dafür sitze ich dann aber nachts wieder da. Das Label Banger Musik ist eine richtige Maschinerie geworden. Wir arbeiten viel professioneller und erfolgreicher als andere Straßenrap-Labels. Das kommt nicht durchs Eierschaukeln.

  • Vor zehn Jahren gab es auch viele Indie-Labels, aber viele sind ja nach kürzester Zeit wieder verschwunden, weil einfach die Infrastruktur und die Disziplin gefehlt hat.

  • Absolut. Farid war auch ein Straßenjunge aus Dehrendorf. Der war der asozialste Junge, den ich kenne. Mittlerweile ist er ein ernstzunehmender Geschäftsmann.

  • Ist das für deine Familie ein richtiger Job, den du da machst?

  • Mittlerweile schon. Das Einzige, was einen Job zu einem richtigen Job macht, ist das Honorar. Das ist bei mir so, bei dir und bei jedem anderen auch. Wenn du nicht vernünftig dafür bezahlt wirst, ist das keine richtige Arbeit.

  • Worauf arbeitest du denn eigentlich hin? Kollegah will ja aus diesem Aufstehen-Geld-verdienen-Miete-zahlen-Kreislauf ausbrechen.

  • Leute wie Farid oder ich hätten ja auch ein Problem, wenn wir in fünf Jahren aufhören würden. Wir haben das Problem, oft erkannt zu werden. Da kannst du nicht einfach irgendeinen Job machen. Das fickt irgendwann deine Psyche. Du kannst nicht Lebensmittel verkaufen, nachdem du Rap-Star warst. Deswegen sollte man immer weiterplanen. Das versuche ich auch. Ich mache ja schon seit ein paar Jahren Geschäfte mit Immobilien. Aber da geht es mehr um Grundstücke als um Bauten.

  • Du bist 26. Wie fängt man da an, mit Grundstücken zu handeln?

  • Ich habe ein Angebot bekommen, in der Türkei ein Grundstück zu kaufen. Das hatte eine krasse Wertsteigerung. Und nach einem Jahr habe ich das Grundstück mit dem doppelten Gewinn wieder verkauft. Und dann hört man ja nicht auf.