Bushido »Bei Nacht« – ein Song und seine Geschichte

Kaum ein deutscher Straßenrap-Track hallt bis heute derart nach wie Bushidos »Bei Nacht« von seinem Aggro-Berlin-Debüt »Vom Bordstein bis zur Skyline« aus dem Jahr 2003. Hier spricht Bushido über die Entstehung des legendären Songs.

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Nachdem Bushido und Fler auf »Carlo Cokxxx Nutten« bereits unmissverständlich klargemacht hatten, dass Deutschrap ab jetzt nicht mehr nur Baggyjeans, Hoodie und Fullcap trug, sondern mit Lederjacke, Panzerkette und Nike Shox mindestens genau so gut, wenn nicht sogar besser aussah und Kokain das bessere Kush war, legte Bushido ein gutes Jahr später mit »Bei Nacht« die erste Single aus seinem Aggro-Debüt nach.

»Du machst nichts, was ich nicht schon gestern gut gemacht hab / du willst rappen und brichst dir dabei den Schwanz ab« rappte Bushido über dumpf brummende Bässe, einen krächzenden Synthie und Hydraulik-Drums. Im Video drängten sich düster dreinblickende Gestalten um eine Kamera, luden Pumpguns, verteilten Jabs in die Luft, rappten aus geöffneten Schiebedächern. Nichts sollte mehr so sein, wie es einmal war.
 

  • Wie ist der Beat von »Bei Nacht« entstanden?

  • Benjamin Bommer war ein Kumpel von Ilan, den Halil irgendwann angeschleppt hat. Der war ein totaler Computernerd und konnte alles hacken und hat für Aggro immer die Homepages klargemacht und auch die ganzen EDV-Sachen programmiert, als Downstairs größer wurde. Und der hat nebenher Drum’n’Bass gemacht. Und irgendwann war ich dann mal bei ihm und habe in einem seiner Songs so eine krasse Synthie-Line gehört – und ich meinte sofort: »Kannst du mir das geben? Ich will nur dieses kleine Stück!« Dann habe ich das Sample genommen und daraus »Bei Nacht« gemacht. Ich war aber der einzige, der diesen Beat gefühlt hat – genau wie übrigens auch bei »Nie ein Rapper«, wo ich sowohl Saad als auch Neffi krass therapieren musste. Er hat mir dann das komplette Arrangement in Logic mitgegeben und los ging’s.

  • Es gab auf der Single ja auch einen »Bei Nacht«-Drum’n’Bass-Remix von Bommer.

  • Genau, das war ein Deal. Als Gegenzug dafür, dass er mir die Synthie-Line gab, durfte er dann einen Drum’n’Bass-Remix aus dem fertigen Song machen. Ich selber habe Drum’n’Bass aber nur gehört, um es halt zu hören – und nicht, weil ich Fan war.

  • Wie bist du dann auf die Idee für den Text gekommen?

  • Ich hing ja nur in Schöneberg rum. Und zu der Zeit haben wir tagsüber oft geschlafen und dann nachts gearbeitet. Auch wenn sich das richtig behindert anhört, aber: Das war unser Leben. Ich habe über das gerappt, was unser Alltag war. 

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  • Erinnerst du dich noch, wie du den Song geschrieben hast?

  • Ich habe den fertigen Beat immer auf Kopfhörern gehört, während ich unterwegs war – und tatsächlich auch den gesamten Text geschrieben, als ich mit dem BVG-Bus unterwegs war. Ich weiß noch, dass ich in die 119 eingestiegen und auf dem Weg zu einer Freundin war. Ich bin dann am Café Kranzler auf dem Ku’Damm vorbeigefahren und habe da die zweite Strophe geschrieben… der gesamte Text ist tatsächlich in öffentlichen Verkehrsmitteln entstanden. (lacht)

  • Das dazugehörige Video wirkte mit seiner grobkörnigen Optik damals sehr low budget.

  • Wir hatten ja auch kein Geld. Wobei man sagen muss, dass das Grobkörnige eher ein Stilmittel von Specter war. Das war ja immer das Lustige bei Specter: Selbst wenn es billig aussah, und wir auch wirklich kein Geld hatten, sollte es trotzdem genau so sein. 

  • An welchen Locations habt ihr das Video gedreht?

  • Viele Szenen wurden in Schöneberg gedreht. Die Szenen in der Tiefgarage genau so wie die, in denen ich eine Cordon Sport anhabe und auf meinen Rücken zeige. Die Szenen in denen wir im Auto fahren und aus dem Dach rappen, haben wir lustigerweise auf der Autobahn an der Schlangenbader Straße gedreht – die Straße, die nach Steglitz führt und wo ich mittlerweile wohne. Da war nachts einfach der wenigste Verkehr. Wir sind die Autobahn dann ständig auf- und abgefahren und hatten ja auch noch ein anderes Auto mit Kamera dabei – da brauchten wir schon eine Autobahn, auf der nicht so viel Verkehr war.

  • »Bei Nacht« war ja auch ein Splitvideo und dem eigentlichen Clip war der Song »Electrofaust« vorangestellt – eigentlich ein eher amerikanisches Prinzip.

  • Das war ebenfalls Specters Idee. Das Intro war aber auch überkrass. Der Junge, der da am Anfang boxt, war damals erst 15 und ein Kumpel von mir. Mit dem bin ich heute immer noch gut befreundet. Ich sehe ihn immer beim Freitagsgebet in der Moschee – der ist ein richtiger Klopper geworden. Das Baugerüst an dem er diese Boxbewegungen macht und wo diese Plastikplanen hin und her wehen, stand übrigens direkt neben Downstairs.