Eine Hommage an Big Minden

Trauma

Der Lokalpatriotismus im beschaulichen Minden hatte schon immer eine besondere Qualität. Das Lokalkolorit in den Raps von Veteran Curse, dem legendären Klan, Italo Reno & Germany, Stress & Trauma oder Vertretern des Nachwuchses triefte und trieft nur so vor Weserwasser. Jetzt hat Trauma mit seiner expliziten Hommage an Minden noch einen oben draufgesetzt: »Mi, Myself And I« ist eine herzerwärmende Momentaufnahme der ostwestfälischen Weserstadt mit dem Autokennzeichen »MI«. Minden freut sich. Innerhalb kurzer Zeit machte der Song mit dem Vibe von Kendrick Lamars »Compton State of Mind« und der Anspielung an De La Souls Klassiker »Me, Myself And I« im Titel die Runde in Stadt, Netz und regionaler Presse.

Produziert wurde der Track von den Mindener Gebrüdern Schönebeck, Ricco und Toni, besser bekannt als Hitnapperz. Als solche haben sie bereits für Eko Fresh, Blokkmonsta, B-Tight, Bass Sultan Hengzt, Schwesta Ewa oder Eno produziert. Auch das jüngste Curse-Album, »Die Farbe von Wasser«, wurde von den Mindener »Kosengs« zusammengeschustert. Und die inzwischen zum deutschen ARD-Fußball-WM-Song avancierte Single der Fanta 4 mit Clueso, »Zusammen«, geht ebenfalls auf die Hitnapperz zurück. Der Hitnapper Toni könnte einigen auch als Big Toni bekannt sein, der als B-Boy höchster Güteklasse gleich mehrmals das Battle of the Year für sich entschied und zahlreiche andere Erfolge feierte.

Das letzte hörbare Lebenszeichen als Rapper hatte Trauma vor gut vier Jahren mit seinem Album »Alles muss raus« von sich gegeben. Zuvor hatten Trauma und sein Partner Stress nach einer längeren Schaffenspause im Anschluss an ihr Debütalbum »Big Minden II« (2005) mit mehreren Releases wieder auf sich aufmerksam gemacht. Auf die EP »Bald is‘ wieder gestern« in 2012 folgte ein Jahr später zunächst das Album »Big Minden III« und dann die von 2007 bis 2013 reichende Werkschau »Fragmente«. 2014 mistete Trauma sein gesamtes Archivmaterial aus: Das Ergebnis waren die gesammelten Solowerke »Alles muss raus«.

Überraschung dann im März 2016: Auf der Facebookseite von Stress & Trauma erklärt Stress seinen Rückzug vom Rap, um sich fortan voll und ganz der Fotografie zu widmen. Doch die Facebookseite bestand fort und es wurde klar, dass die andere Hälfte von Stress & Trauma durchaus noch Musikpläne hat: hier ein Schnappschuss von Trauma aus dem Studio der Hitnapperz, da ein Foto von Trauma bei einem Videodreh, dann im August 2017 sein Post mit der nüchternen Ansage: »Album fertig aufgenommen«. Es erschien aber kein Album. Und jetzt plötzlich die Minden-Hommage »Mi, Myself & I«.

Plötzlich ist leicht dahingesagt. Tatsächlich sei das Video schon vor etwa einem Jahr entstanden, sagt Trauma im Gespräch mit ALL GOOD am Fuße des imposanten Kaiser-Wilhelm-Denkmals in Mindens Nachbarstadt Porta Westfalica. Nach dem Studium in Bielefeld und dem anschließenden Referendariat in Solingen sei er froh gewesen, wieder in Minden zu sein, freute sich an seiner Familie, seinen Freunden – an seiner Stadt. Mit dem Song wollte er diese Freude ausdrücken und insbesondere vor der lebendigen HipHop-Szene vor Ort den Hut ziehen. »HipHop in Minden war immer schon groß, aber es wurde nur wenig zusammengemacht«, sagt Trauma. Das sei zu Klan-Zeiten noch etwas anders gewesen, da der Klan nicht nur aus dem Kern um Lord Scan, Italo Reno und Germany bestand, sondern sich im weiteren Sinne noch aus zahlreichen anderen HipHoppern zusammengesetzt habe. »Aber ich feier hier heute alle«, sagt Trauma. Daher sei es ihm mit »Mi, Myself & I« zunächst vor allem darum gegangen, die lokale Szene zu würdigen und für mehr Zusammenhalt zu plädieren. Der Track, so Trauma, habe dann den Auftakt markiert, überhaupt ein neues Album in Angriff nehmen zu wollen. Allein die Veröffentlichung habe sich bislang ein wenig verzögert.

In absehbarer Zeit soll dieses Album nun aber endlich erscheinen. Allzu viel will Trauma aber noch nicht verraten. Ein Konzept-Album sei es geworden, sagt er, produziert zum Großteil von Brisk Fingaz aus Hannover, der schon maßgeblich bei »Big Minden II« Hand angelegt hatte, sowie von den Hitnapperz.