Rapper’s Rapper #7:
Disarstar über Tua

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»Wenn es um internationalen Einfluss auf meinen Rap geht, würde ich sofort Eminem sagen. Aber den hat Olexesh mir ja schon weggeschnappt und sehr gut beschrieben.«, sagt Disarstar. Aber der 21-jährige Hamburger hat noch einen anderen Rapper in petto, über den er gerne sprechen würde und der in seinen Augen seit Jahr und Tag unterschätzt wird: »Natürlich hat jeder ihn auf dem Schirm und findet ihn sehr gut, aber das steht nicht in dem Verhältnis dazu, wie anspruchsvoll seine Musik eigentlich ist.« Zeit, dies mit einem Loblied von Disarstar auf Deutschlands most underrated MC zu ändern.

»Insbesondere das Album ›Grau‹ von Tua hat mich sehr lange begleitet und inspiriert. Weil es einen roten Faden hat, ohne eintönig zu sein und durchgehend eine krasse Atmosphäre erzeugt. Alleine das Sprachsample aus der Verfilmung von ›Momo‹ im Titelsong ist der Wahnsinn!

›Endpunkt‹ vermittelt für mich auf sehr poetische Weise, gleichzeitig sehr subtil und doch total direkt ein Gefühl, das ich – auch wenn das jetzt sehr persönlich ist – aus früheren Zeiten kenne: ›Ich bin den dritten Tag am Stück drauf / Nichts gegessen, nicht gepennt, aber gezogen und gesoffen, bis ich nichts mehr denk‘ / Ich spür‘, mein Herz rast seit zehn Stunden wie zerfetzt / aber da liegt noch ein Brett und ich denke mir: Zieh‘ ich’s weg!‹.

Auch diese saubere Analogie in ›MDMA‹ habe ich vorher noch nie irgendwo gehört: Der Song macht sowohl als Liebessong, aber eben auch als Lied über das Abhängigkeitsverhältnis zu einer Droge total Sinn. Da ist keine Metapher zu viel oder zu wenig. Ich spiele Leuten den Song gerne vor – zweimal. Und beim zweiten Mal sind alle super geflashed, wenn sie checken, dass es auch um MDMA geht.

Was mich außerdem sehr beeindruckt, ist dass er scheinbar sehr viel zu sagen hat, an anderen Stellen aber nur die Musik für sich sprechen lässt. Manche Stücke, etwa auf der ›Raus‹-EP, erinnern mich an ›Peter und der Wolf‹, wo ein ganzes Orchester eine Geschichte erzählt und jedes Instrument einen anderen Protagonisten symbolisiert. Diesen erzählerischen Aspekt in der Musik findet man nur selten.

Tua wirkt in Interviews immer sehr introvertiert, ist mir aber dennoch sehr sympathisch. Ich finde es geil, dass er mit den Orsons zwar den einen Film fährt, aber abseits davon immer weiter superidealistische Musik macht und gemacht hat. Nicht nur, dass er die Sachen selbst produziert, unfassbar reimt, flowt und mit seiner Stimme arbeitet. Er rappt sehr gute Doubletime-Passagen und hat eine extrem deutliche Aussprache.

Aber seine Texte sind auch lyrisch unantastbar und sehr poetisch – so wie zum Beispiel ›Bilder‹. Auf so einen Song bin ich fast neidisch. Wobei neidisch vielleicht der falsche Ausdruck ist. Ich bin natürlich Rap-Fan, gleichzeitig aber auch Rapper, der die Competition mag und sich von so etwas anspornen lässt.«