ALL GOOD READS #6 / 2017

Als mir kürzlich die wunderschöne Wortschöpfung »Musiklügenpresse« aus dem Internet ins Gesicht sprang, musste ich mich mal wieder darauf besinnen, dass aus dem Internet auch unendliche Weisheit tropfen kann. Und da kam mir spontan die Damion-Davis-Money-Boy-Splash-Episode in den Sinn…
Wir erinnern uns: »Müllgesicht«, »Vogelkind« und »Eierrapper« – so bezeichnete Damion Davis Money Boy in einem (offenbar spätabendlichen) Rant beim Splash! 2015 vor der Kamera von »16Bars«. Damion prangerte das eine oder andere an beim Boy, in erster Linie schien es ihm auf den Keks zu gehen, dass Money Boy keine Bars habe. Gut, da gehen die Meinungen auch heute noch auseinander. Das Beste am Aufreger waren aber – wie so oft – die Kommentare zum Kommentar. Damion Davis soll nicht »wie ein 16-Jähriger verkleidet auf dem Splash rumhampeln, um den Leuten zu erzählen was ›real HipHop‹ ist«, so ein aufgebrachter Kommentator. Ein anderer brachte noch viel wunderbarer die nicht ganz so einfach in gut und böse aufzudröselnde Causa »Money Boy und die HipHop-Szene« auf den Punkt: »Damion Davis hat sicher nicht mal studiert!« Großartig!
Wie dem auch sei hier sind die ALL GOOD READS #6 / 2017:
»Why Record Stores Are More Important Than Ever« (Red Bull Music Academy Daily)
Jeff »Chairman« Mao schreibt begleitend zur sowieso empfehlenswerten RBMA-Radio-Reihe »Counter Intelligence« über das Tolle an Plattenläden im Allgemeinen und seine Liebe zu ihnen im Speziellen. Schön.
»How Atlanta Became the New Cultural Capital of America« (The Daily Beast)
»It’s a good time to be an ATLien.« Jup, Atlanta hat einen Run. Mal wieder! Auch wenn die Falcons nicht den Super Bowl gewonnen haben, läuft es in The A-T-L. Wer Donald Glovers gleichnamige Serie noch nicht gesehen hat, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen. Und dann ist ja da immer noch »Bad and Boujee« und The Migos. »The Daily Beast« erzählt, wie es dazu kam. (Nicht weniger gut ist übrigens die »Wired«-Story über Childish Gambino selbst.)
»Rin: ›In der Rapszene geht’s um nichts anderes als Promophasen‹« (Juice)
Neben Ufo361, Haiyti, Nimo, Crack Ignaz, Chima Ede und LGoony blickte kürzlich auch Rin vom »Juice«-Cover. Johann Voigt hat die Titel-Geschichte zu dem jungen Mann aus Bietigheim-Bissingen geschrieben und kommt dabei ohne tausendfach gelesene Phrasen aus. Mehr noch: Er erklärt Rin unaufgeregter und treffender als all die anderen, die bereits über ihn geschrieben haben.
»25 Songs that tell us where music is going« (NY Times)
Davon ganz abgesehen, dass die »NY Times«-Story hier natürlich auf einem sehr starken Design- und Storytelling-Level spielt, sind auch die Inhalte empfehlenswert. Amy Phillips Anekdote zu Future, Greg Tates Text zu A Tribe Called Quest, das Ding über Ka, Jason Parham über Frank Ocean und, natürlich, Naomi Zeichner über The Migos. Alles lesenswert.
»Music criticism, take a look at yourself« (The Outline)
Apropos Not-your-average-Webseite: »The Outline« wurde vom großartigen Joshua Topolsky gegründet, dem man bereits »The Verge« zu verdanken hat. Die Seite macht so vieles richtig, dass es aktuell kaum vergleichbares gibt. In »Music criticism, take a look at yourself« geht’s um Verfehlungen im Musikjournalismus. Haja, was soll man sagen?! Eine umfassende Empfehlung gibt es außerdem für eine andere Story in »The Outline«: »Imagine being sent to prison for life. Now imagine Obama sets you free« von der immerguten Marisa Aveling.
»World exclusive: Max Martin, #1 hitmaker« (Di)
Wenn man über Hits reden möchte, dann muss man über Max Martin reden. Jedenfalls hatte der Schwede seine Finger bei mehr Hits im Spiel als die GfK-Charts – Adele, Selena Gomez, Taylor Swift, The Weeknd, Katy Perry, Britney Spears… Die schwedische Zeitung »Di« durfte den Produzenten und Songwriter interviewen. Und das, obwohl Max Martin eigentlich keine Interviews gibt! So oder so: Die beste Lektüre für jeden gestandenen Untergrundsoldaten.