2014 / THE RAP UP:
STOP / LOOK / LISTEN #28 – The Lost Tapes & Slept-Ons

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Da ist man ein ganzes Jahr lang bemüht, sich jeden heißen Song aus dem Netz zu besorgen, speichert alles fein säuberlich ab, ist auf korrekte ID3-Tags bedacht, hat seine Jahrescharts fünf mal durcheinandergewirbelt und letzten Endes eine Liste kompiliert, mit der man guten Gewissens leben kann. Und dann merkt man, dass man doch die Hälfte vergessen hat. Oder, dass man manchen Songs zu Beginn des Jahres vielleicht nicht zugetraut hätte, so groß zu werden, wie sie dann letztendlich wurden. Plus: wir sind ja mit ALL GOOD erst am 7. April an den Start gerollt. Direkt gewartet haben die Hitboys jetzt aber natürlich nicht auf uns – und so fiel auch das eine oder andere, äh, vorne runter.

Jedenfalls: Genau all diese Tunes hat Jan Wehn zum Jahresende noch mal zusammengesucht. Die Überbleibsel, die vergessenen Kinder, die Slept-Ons und die Lost Tapes. Viel Spaß mit gefühlten drölf Leftovers aus dem zurückliegenden Jahr, denen wir unserer Meinung nach zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt haben.

 

O.T. Genasis – »CoCo«

Ich sag’s, wie’s ist: Dieses Ding hier habe ich einfach als Vine-Schwachsinn abgetan. Aber: Ist’n Grower – und was für einer. So ein richtig bekloppter Freidreher, zu dem sich ganz wunderbar der Kopf auf die Tischplatte knallen lässt. Wollen wir nur hoffen, dass Busta den Jungen nicht verheizt.

 

Hit-Boy – »Grindin‘ My Whole Life« feat. N.No, B. Carr., Big Hit, Audio Push, Bmacthequeen & Kent M$NEY

Spätestens als Childish Gambino das Dingen mit Emo-Rhymes über löchrige Strickjacken auseinandergenommen hatte, war klar: Einer der Songs des Jahres. Wer da jetzt alles drauf ist und in welcher Konstellation mit wem eine Crew bildet, habe ich auch Ende 2014 noch nicht gecheckt. Aber Hit-Boy geht richtig rein. Ratatatata.

 

Lil Herb – »Koolin«

Lil Herb – auch so ein Ding. Null gecheckt, während die Kollegen Szillus und Bortot regelmäßig auf »Welcome To Fazoland« ausgerastet sind. Aber jetzt, wo ich diesen Oratorienchor auf 808-Basis höre, kann ich mich schon damit anfreunden.

 

Joey Bada$$ – »Big Dusty«

Joey Bada$$ ist einer von den Jungs, die mich immer richtig fertig machen, weil sie circa zehn Jahre jünger sind als ich, aber so dermaßen klarmachen, dass Rucksack und man-bun-Träger gleichermaßen die Galeriewände hochgehen. Am 20. Januar ist es dann angeblich auch so weit und Joey kann mit seinem Debüt noch mal so richtig schön Gefühle verletzen.

 

Logic – »Till The End«

Bei der ganzen – unbegründeten – Aufregung um G-Eazy hätte man diesen jungen Spitter aus Maryland hier glatt vergessen können. Aber zum Glück gibt’s ja die Jahresabschluss-SLL-Slept-Ons. »Under Pressure« ist ein ziemlich nices Album.

 

»Skepta – »#ThatsNotMe« feat. JME«

Fast noch besser: Der Remix von Ratkings WIKI.

 

Kevin Gates – »Arms & Hammer«

Letztes Jahr lief’s schon ganz gut für den Gates Kevin. Bis er dann Anfang des Jahres erst mal wegen Verletzung von Bewährungsauflagen für vier Monate ins Gefängnis musste. Wieder draußen ging’s direkt zurück in die Küche, erst mal schön was aufkochen. Blubberblubber.

 

Bonez MC & Gzuz – »Wer wir sind«

Und wo wir gerade schon beim Berufszweig des Straßenapothekers sind. »High & Hungrig« von den beiden 187-Straßenbande-MCs Bonez und Gzuz war ganz zu Beginn des Jahres wirklich ein starkes Album. Einfach, weil die beiden keinen Fick geben und auf sehr gute Weise nach Mitte der 2000er klingen.

 

Der Plusmacher – »Bockwurst« feat. Karate Andi

Ähnlich der Plusmacher und Karate Andi: Mit letzterem bin ich in meiner Review zu seinem Debüt »Pilsator Platin« ja etwas hart ins Gericht gegangen. Aber wenn der Bursche weiter so abliefert wie auf dem »Bockwurst«-Joint hier, sehe ich freie Bahn für Zwofuffzehn.

 

Döll – »Weit entfernt«

Genau so wie bei dem Kerlsche hier. Döll is nämlich der, der immer »Maggo« am sagen ist, ergo: Der Bruder vom Mädness. Und bei den Gebrüdern Döll muss irgendwas verdammt richtig gelaufen soll. Dölls »Weit entfernt«-EP flog zwar etwas unterm Radar, brachte Darmstadt aber wieder auf die Map und macht Hoffnungen für 2015.

 

Gibmafuffi – »Trinkhallenromantik« feat. Döll

Wer’s immer noch nicht glaubt, der sollte sich auch mal noch den hier reinfahren. Oder gleich das ganze Gibmafuffi-Tape.

 

Cr7z – »Origami«

Absztrakkt aus dem 58-Camp hatten wir in diesem Jahr definitiv auf dem Schirm. Etwas zu kurz kam dabei aber Cr7z, der im nächsten Jahr gemeinsam mit Absz das »Waage & Fische«-Album releasen wird. »Origami« war einer der vielen Freetracks des Rosenheimers aus diesem Jahr, der einmal mehr zeigte, warum Cr7z ein so wichtiger MC für Deutschrap ist.

 

Morlockk Dilemma & Hiob – »Papierflieger« feat. Retrogott, Sylabill Spill & Hulk Hodn

Starke Platte. Schon im Februar erschienen, aber trotz April-Launch von ALL GOOD die Review dazu schon im März veröffentlicht. Was reimt sich auf Fluxkompensator?

 

Dissythekid – »Outro«

Dissythekid haben wir kurz vor Jahresende dann ja glücklicherweise noch vors Mikro bekommen. Scheint nämlich, als gäbe es doch noch spannende Newcomer mit eigenen Ideen. Und der Erfurter ist einer davon.

 

Huhnmensch – »Weiße Wand«

Kurz vor Einsendeschluss noch vom Kollegen Brandl reingereicht. Ebenfalls komplett an mir vorbeigegangen – und das obwohl die drei Wiener mit ihren 94er-Rhymes und Blumentopf-Cuts gar nicht mal so verkehrt auf ihren mit Hammond-Orgel und STAX-Bläsern veredelten Soulversatzstücke herumrutschen.

 

Young Krillin – »Nierensteine«

Wo wir schon bei Wien und Brandl-Reinreichungen sind: Alle Welt schaute diesen Sommer ja auf Ernst Palicek, der mir nichts, dir nichts eine Gutwetter-Hymne aus seinem Bauchtäschlein zauberte. Dabei machte Young Krillin aus der Salzburger Hanuschplatzflow-Gang um Crack Ignaz auch nicht viel verkehrt und besang, based wie immer, seine Nephroliten.

 

LGoony – »Ich bin nice« feat. Money Boy

 

MC Smook – »Leben und Tod des Nesquik Hasen«

In den fünf Stunden, in denen Kay One das WLAN-Kabel suchen musste, hat MC Smook sich hingesetzt und mit seinem Feindbild, dem Nesquik-Hasen, abgerechnet und sein Fünf-Minuten-Epos erschaffen, das die Basehaftigkeit nach anfänglichem Dadaismus-Nonsens mittlerweile in Deutschland etabliert hat.