Snoop Dogg Bush

Snoop Dogg - Bush
ALL GOOD Punchline Endgültig in der Komfortzone.

Platz 14 in den Charts, 27.000 verkaufte Einheiten in der ersten Woche — Snoop hat kommerziell sicher schon mal goldenere Zeiten gesehen, doch vielleicht ist gerade das momentan nicht das Hauptaugenmerk des inzwischen 43-jährigen Familienvaters. Seine Schäfchen dürfte er ohnehin längst im Trockenen haben. Dafür hört sich sein 13. Album »Bush« endlich mal wieder an, als hätte Snoop so richtig Spaß an der eigenen Musik. Schon das mittelmäßige Reggae-Projekt als Snoop Lion und das gute Kollabo-Mixtape mit Dam-Funk waren einer Rückkehr zu dieser naiven Leidenschaft jenseits von Radio-Ambitionen geschuldet, doch mit »Bush« ist Onkel Snoop endgültig in seiner Komfortzone gelandet.

Eins ist klar: »Bush« ist kein innovatives Projekt. Snoop produziert hier einfach zehnmal denselben lässigen R&G, den er auf seinem gleichnamigen Album von 2004 schon entwarf, damals wie heute mit seinem kongenialen Produktionspartner Pharrell Williams. Nur die besten Tracks auf »Rhythm & Gangsta: The Masterpiece« standen Pate: »Signs«, »Pass It, Pass It«, »Let’s Get Blown«. Überhaupt ist »Bush« genau so ein Snoop-Album, wie es ein Pharrell-Album ist. Die beiden liegen altersmäßig nur zwei Jahre auseinander, und so spielen jene Einflüsse eine zentrale Rolle, die Pharrell in den letzten Jahren generell inspiriert haben: Die späten Siebziger und frühen Achtziger. Funk, Disco und Boogie. Nile Rodgers und Stevie Wonder. Aber auch Steely Dan und Donald Fagens hervorragendes Soloalbum »The Nightfly« von 1982.

»Bush« ist ein Westküsten-Album, weniger im Sinne von Dr. Dre, DJ Quik und Jellyroll, dafür im klassischen Sinne von Fleetwood Mac, den Eagles und der Gap Band. Selbst die schnelleren, tanzbaren Tracks, funktionieren auch perfekt als Autofahrhymnen bei strahlendem Sonnenschein. Das Album wirkt gleichzeitig hochmodern produziert, aber auch komplett aus der Zeit gefallen. Irgendwann, ungefähr ab dem großartigen »Peaches N Cream«, fällt es einem schwer, die Songs überhaupt noch auseinander zu halten. Einmal mehr kommt hier der Vorteil eines kurzen, fokussierten Albums zum Tragen. Bevor diese geballte gute Laune anfangen kann zu nerven, ist die Platte schon wieder vorbei.

In letzter Konsequenz ist »Bush« natürlich ein Weed-Album. Schon das Cover ist ein künstlerisches Äquivalent zu einem anzüglichen »Cheech & Chong«-Witz: Ein blauer Hund (höhö) steckt seine Schnauze in einen akkurat gestutzten Busch. Bilder von einem imaginären Venice Beach, das es lange nicht mehr gibt, rattern durchs Kopfkino. Manchmal klingt Snoop wie der angeschwipste Großonkel von Young Thug, dann wieder wie Bootsy Collins auf Valium. Gäste wie Stevie Wonder oder Gwen Stefani fungieren als sparsam eingesetzte Referenzen und Farben. Da Snoop selbst weniger rappt und dafür deutlich mehr sprechsingt, chattet und dieses unaussprechliche Snoop-Ding macht, kommen in der zweiten Albumhälfte noch ein paar Rapper in die Booth, namentlich T.I., Kendrick Lamar und Rick Ross, doch sie alle sind mehr dazu da, um einer Legende auf seiner eigenen Party zu huldigen, als von ihm abzulenken.

»Bush« macht es ganz deutlich: Snoop scheint seinen Platz im Spiel gefunden zu haben — nicht als peinliches Abziehbild seines früheren Gangsta-Images, sondern als glaubwürdige popkulturelle Ikone mit einer musikalischen Vision, die von seiner eigenen Kindheit und Jugend inspiriert wurde. Wenn man in 20 Jahren auf Snoops Lebenswerk zurückblickt, wird man diesen Zeitpunkt vielleicht als denjenigen ausmachen, wo der Großmeister sich endgültig mit einer bequemen Existenz in der Nische zufrieden gegeben hat. Snoops Ziele sind nicht mehr die A-Playlisten und der nächste Leasingvertrag, sondern die Unsterblichkeit. »Bush« bringt ihn dieser ein Stück näher. Verkäufe hin, Verkäufe her.