Little Simz GREY Area

Lillte Simz
ALL GOOD Punchline Alles geht und wird ausprobiert.

Mit knapp 25 Jahren, drei Alben und einem gefühlten Plattenschrank von Mixtapes und EPs spielte sich Little Simz in den letzten fünf Jahren zu einem der interessantesten UK-Exports. Mit »GREY Area« verläuft sie sich dabei nun leider etwas im Erfolg. Benannt nach dem (auch diesem Autor) bekannten Nebelschleier der Mitte-20er-Adoleszenz, will das Album oft zu vieles für alle sein. Dies ist aber nicht nur als Kritik zu verstehen. Ertrank »Stillness in Wonderland« 2016 noch an dem Versuch, ein veritables Image aufzuziehen, findet sich »GREY Area« hingegen im sanften Ikonoklasmus. Alles geht und wird ausprobiert, was das von Inflo produzierten Album zwar etwas formlos wirken lässt, aber auch eine deutlich bessere Blaupause für Little Simz Talent gibt.

Zugegeben, Variabilität gehört nicht gerade zu den Tugenden, die HipHop heutzutage zwangsläufig fördert. Es ist besser sich nuanciert dem Trap der Zeit anzuschmiegen, als mit einem NeoSoul-Self-Love-Jam (»Selfish«) anzuecken. Aber Konvention zerschmilzt hier genüsslich auf der Zunge. Mit Liveband aufgenommen, setzt sich diese auf »Offence« direkt in Szene, als der treibende Bass von Streichern und Querflöte akzentuiert wird, ehe ein wunderbares Piano den Song gegen Ende sanft öffnet. »Boss« arbeitet sich mit verzerrter Stimme zu auf sich aufbauenden hitzigen Arpeggios hin. Highlight der ersten Hälfte ist aber neben »Selfish« »Venom«, das sich energetisch über fiebrige Streicher vorstellt, bevor Bassdrop und offene Hi-Hats die Temperatur weiter nach oben treiben.

Simz gibt sich dabei abwechselnd frontend und direkt. Die Delivery ist immer noch auf harsche, knappe und harte Flows ausgelegt (»Offence«, »Venom«), aber die Übergänge interessanter. Die Stimme beginnt auf »Boss« verzerrt und nasaler als üblich, bis der Effekt in der Mitte aufgehoben wird und Silben gegen Ende etwas gedehnt werden. »Selfish« hingegen funktioniert vor allem wegen der schwermütigen Monotonie in Simz Delivery, die sich wundervoll gegen den Chorus aufreibt und den Momenten, in denen sie aus ihr bewusst ausbricht, einen emotionalen Impact gibt. »Therapy« funktioniert nach demselben Prinzip, ist aber mehr tongue-in-cheeck als sich ihr Bariton in neue Whiskeytiefen gurgelt. Es sind diese Momentaufnahmen, die auf »GREY Area« besonders hängen bleiben. Sie sind intim und optimistisch, wollen oder können sich noch nicht auf den nächsten Schritt festlegen. Man hört allerdings immer das Wissen mit, das Nebel auch abzieht, sobald man Sonne in das Leben fallen lässt.