Le1f Riot Boi

Le1f
ALL GOOD Punchline Quicklebendig.

Der New Yorker Rapper Le1f wird zusammen mit Künstlern wie Cakes Da Killa und Zebra Katz gerne unter dem Begriff Queer Rap eingeordnet. In seinem Durchbruchsvideo »Wut« aus dem Jahre 2012 sitzt er auf dem Schoss eines muskulösen, halbnackten Mannes mit Pikachu-Maske und rappt nasal über schwulen Sex. Die Reaktionen schwankten zwischen begeistertem Beifall und Verwirrung.

Queerness und Mainstream-Pop sind schon seit einiger Zeit miteinander vertraut. HipHop hat sich jedoch sowohl in Amerika als auch hier in Deutschland beim Thema Homosexualität nie wirklich mit Ruhm bekleckert. Waren Homosexuelle ein beliebtes Ziel im Rap der Neunziger (Wie dieser betroffen machende Blog zeigt. Ja, alle meine Lieblingsrapper sind auch dabei!), hüllt man sich heutzutage eher in Schweigen, um einem Eklat aus dem Wege zu gehen. Es sei mal dahingestellt, ob das eine gute Entwicklung ist. Wenn sich dann mal ein Rapper selbstbewusst schwul inszeniert, wird er mit dem Siegel Queer Rap gebrandmarkt. Das ist zwar einerseits hilfreich, weil mehr Medien darüber berichten, andererseits werden die Künstler zwangsläufig auf ihre Sexualität reduziert. Ja, Le1f sollte als Rapper rezensiert werden und nicht »nur« als Queer-Rapper. Aber gleichzeitig ist Queerness in der Musik von Le1f ein sehr großer inhaltlicher und inszenatorischer Faktor, den man so nicht ignorieren darf.

Jetzt veröffentlicht Le1f sein Debütalbum »Riot Boi«, das zeitgenössischer nicht sein könnte. An der Seite von eklektischen Produzenten wie Evian Christ, Balam Acab und Lunice nähert er sich auf lärmenden Basskonstruktionen sowohl Rap als auch düsterer Tanzmusik. Dabei stellen die schummrig-schaukelnden Beats eine perfekte Spielfläche für Le1fs lasziven Texte dar. »All of this brown skin, I know it’s arousing«, heißt es in der selbstbewussten Körperhymne »Swirl«, in der er mit den zwei Rapperinnen House of Ladosha und Junglepussy den eigenen schwarzen Körper preist. Mit einer Art Erziehungsauftrag führt er den Zuhörer in die Welt der New Yorker Gay Clubs und Bars. Eine Welt, die uns eben kein Drake zeigen kann.

Le1f inszeniert sich auf seinem Debüt mal als überlebensgroße Dancehall-Diva und mal als rebellierender Punk. Als wäre es für HipHop selbstverständlich, illustriert er auf blubbernden Beats Transpositivität, schwarze Identität und Party-Lifestyle in der Weltmetropole New York. Einer M.I.A. nicht unähnlich scheut er sich nicht vor dem vermeintlichen Paradox der Partymusik mit sozialpolitischen Texten. »Riot Boi« ist damit kein Eskapismus, sondern Befreiung durch Selbstbewusstsein. Auf dem von Balam Acab produzierten »Rage« mutiert sein charttauglicher Gesang in Sekundenschnelle in eine ausgewachsene Wutattacke, die so auch von Death Grips stammen könnte.

»Riot Boi« ist deswegen so spannend, weil es sich quicklebendig anfühlt. Wie die preisgekrönte Dokumentation »Paris Is Burning« über die schwarze New Yorker Ballroomszene erlaubt uns Le1fs Debütalbum einen intimen Einblick in die Ängste und Hoffnungen eines schwarzen schwulen Mannes in den Staaten. Wenn schon die pure Existenz von Young Thugs Modegeschmack homophobe Reaktionen auslöst, dann benötigt es eben jemanden wie Le1f, der sich umso mehr inszeniert.