Die DNA von eRRdeKas »rapunderdog«

Vom Konzeptalbum zur Kompromisslosigkeit: Mit »rapunderdog« widmet sich eRRdeKa dem Battlerap in Reinstform. Für uns hat er die DNA seiner zweiten Platte auf Keine Liebe Records entschlüsselt.

Errdekka
Klar, in erster Linie gibt »rapunderdog«, das neue Album des Augsburgers eRRdeKa, schön auf die Fresse. Aber hinter knallharten Punchlines und knochentrockenen Beats verbirgt sich dann doch noch ein bisschen mehr. In unserer Rubrik »Die DNA von…« lässt eRRdeKa tief blicken und verrät, welche popkulturellen Versatzstücke ihn bei den Arbeiten am Album begleitet haben. Mit dabei sind neben offensichtlichen Verdächtigen wie Yung Lean oder Die Sekte auch Limp Bizkit und – kein Witz! – Gigi D’Agostino.

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  • Spooky Black »Reason«

    Spooky Black ist perfekt. Man denkt sich im ersten Moment: »Was soll das?« So ein junger Dude mit Geheimratsecken, Vaseline-Shirt und Milchbubigesicht, der in VHS-Optik durch den Wald läuft, und dabei aussieht, als wäre er gerade krass auf seinem H-Turn. Aber sobald der erste Ton sein Engelskehlchen verlässt, kombiniert mit einem melancholischen Cloudbeat, catcht mich das richtig. Seine Tracks ziehen mich mega runter, das gebe ich mir auf jeden Fall gerne mal. Ich mag auch das ganze Konzept. Wenn da jetzt irgendjemand anderes – wahrscheinlich mit dem gleichen Budget (keins!) – vor der Webcam sitzen und mir denselben Song vorsingen würde, würde ich es wahrscheinlich sofort wieder wegklicken.

  • Yung Lean & Thaiboy Digital »Diamonds«

    Zu Yung Lean muss man eigentlich nicht mehr viel sagen. Er hat da etwas geschaffen, was mittlerweile krass verramscht worden ist – auch in Deutschland. Das ist einfach ein Phänomen für mich. Mit Sicherheit gab es vor ihm noch weitere Leute in den Tiefen des WorldWideWeb, die das vorher schon gemacht haben – davon ist aber bei mir nichts großartig hängengeblieben. Natürlich gibt es auch Konsorten wie TeamSesh und so weiter, aber ich glaube, das kam alles danach. Verbessert mich bitte, wenn das nicht so ist. Im Endeffekt ist das aber auch nicht wichtig für mich. Ich habe mich für den Track entschieden, weil ich das Video dazu mega finde und er mich ab dem ersten Drop (Nein, kein schwuler EDM-Drop!) voll aus den Socken haut. Und weil ich erst im Nachhinein die Story mit der Abschiebung von Thaiboy Digital aus Schweden mitbekommen habe, womit der Song noch einmal einen ganz anderen Vibe bekam. Love it.

  • Sabb »Illusiones« feat. Rafa Barrios (Original Mix)

    Alle, die denken: »Ein Rapper, der Techno auflegt? Das ist mir zu schwul!«, können jetzt direkt weiterscrollen. Diesen Song baue ich eigentlich immer in mein Set ein, wenn meine Jungs und ich mal wieder einen Rave starten. Monstaub heißen wir – für alle die sich das mal gönnen wollen. Der Track fällt eigentlich aus dem Schema der anderen Songs, die ich im Technobereich gerne höre. Aber wenn du um 4.20 Uhr – sorry, in Bayern ist um 5.00 Uhr Sperrstunde – vor einem exzessiven Haufen schwitzender Eulen stehst, die die Zeit von 23.00 bis 5.00 Uhr natürlich mit allen Mitteln voll und ganz ausgekostet haben, und du merkst, wie diese Leute während des Breaks halb implodieren, um danach mit der aggressiveren Version eines Duckfaces einen Luftbox-Contest zu starten, dann kannst du schon einmal Gänsehaut bekommen – was mir selten bei Tracks so geht. Bei diesem hier immer.

  • Crystal Castles »Vanished«

    Lieblingsband. Wenn man die überhaupt als Band bezeichnen kann. Ich denke schon. Leider haben sie sich mittlerweile aufgelöst. Das hat mich schon sehr getroffen. Ich bin aber gespannt, was da jetzt für Soloprojekte von Alice und Ethan ans Licht getragen werden. Hier hätte im Endeffekt jeder Track von ihnen stehen können.

  • Die Sekte »Für die Sekte«

    Ich war schon ein harter Aggro-Fan. Das Bild, als ich damals mit meiner Mutter bei Müller die »Ansage Nummer 3« an die Kasse brachte und die Kassiererin meine Mutter fragte, ob sie mir das wirklich kaufen wolle, habe ich immer noch im Kopf. Meine Mutter fragte mich verwundert: »Ja, oder?« Sie konnte nicht ahnen, was die nächsten Monate unser Haus beschallte. Die Ansagen davor habe ich mir dann aber lieber bei Downstairs bestellt. Die haben mich einfach richtig angefixt – ich glaube, das kann keiner abstreiten, der in diesem Alter mit Deutschrap in Verbindung kam. Bis heute kann ich alle Texte auswendig, habe in der Schule diverse Referate über Aggro gehalten und bin hauptsächlich durch Die Sekte zum Rappen gekommen. Richtiger Fanboy. »Ich besorg‘ die Drogen, die Session geht los.«

  • Limp Bizkit »My Generation«

    Was sind das jetzt für alte Kamellen? Ich weiß. Früher bin ich aber krass auf den Shit abgefahren. Es gab sogar eine Zeit, als ich mich an Fasching als Fred Durst verkleidet habe. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie hart geil ich auf die New-York-Yankees-Cap, die weißen Adidas Superstars (mit Fatlaces) und die Adidas Jacke war. Es musste die mit den durchgängigen Streifen sein. Eine andere zählte nicht. Es war damals krass schwer, diese Jacke zu bekommen. Heutzutage kann man die wieder überall kaufen. Mein Dad hat die dann irgendwann mal bei einem Secondhand-Shop aufgetrieben. Danach war mein Leben komplett. Fred Durst hat ja damals auch schon in seinen Tracks gerappt. Wenn ich mir seine Rapskills heute zu Gemüte führe – nachdem man diverse andere Künstler gehört hat, die auch rappen wie Fred Durst – ist das alles okay. Vielleicht ist aber wirklich auch aus dieser Epoche was bei mir hängengeblieben, was mich dazu animiert hat, Beats zu killen.

  • Gigi D' Agostino »Bla Bla Bla«

    Immer wieder denke ich mir: »Wieviel Spaß müssen die Leute gehabt haben, die solche Tracks noch im Club mitbekommen haben?« Nicht als 90s-Trashparty gesehen, sondern als ernsthaften Stampf auf drei Teilen mit den Besten. Ich wäre auf jeden Fall gerne dabei gewesen. Ich habe diesen Track vor kurzem erst wieder für mich entdeckt und gecheckt, was das eigentlich für ein Brett ist. Den werde ich auf jeden Fall mal durch die Rekordbox jagen. Allgemein: Techno aus den 90ern ist der Shit. Gibt natürlich auch viel Müll. Das ist ja auch eher ein Radiotrack als ein Tune, den man im Club gezockt hat. Trotzdem kommt der richtig dick.

  • Purity Ring »Shrines« (Album)

    Als ich Purity Ring »damals« für mich entdeckt habe, war das für mich so ein krasser Hans-Entertainment-Moment. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie ich zwei gute Kumpels mit dem Album »Shrines« begeistern konnte, sodass wir unsere Ärsche tatsächlich in Bewegung setzten, um auf das Purity-Ring-Konzert in München zu gehen. Geschätzt waren da, glaube ich, 60 bis 80 Leute vor der Bühne. Wir hatten natürlich den grandiosen Einfall, uns schon beim Support eine paar Bomben reinzuhauen. Nachdem der Support aufgehört hatte, gab es eine etwa 30-minütige Pause. In dieser Pause hat das Zeug so dermaßen angefangen zu fahren, dass wir uns unbedingt mit irgendwas beschäftigen mussten. Rumstehen ging einfach nicht klar. Also haben wir die arme Person, die das Merch an diesem Abend verkaufen musste, wie die größten Groupies übelst penetriert. Ich hatte mir bis dato nie ein Bandshirt gekauft. Dieses Mal haben wir uns alle Bandshirts gekauft, haben uns hektisch mit Schweißperlen auf der Stirn darüber echauffiert, dass die Verkaufsabwicklung so schleppend verlief, und waren kurz davor, abzubrechen und in einen Club zu fahren. Als es dann endlich losging, konnten wir aber doch entspannen und das Konzert so richtig genießen. Leider finde ich die neue Platte nicht mehr so stark wie die erste.

  • Shlohmo »Bad Vibes« (Album)

    »Bad Vibes« erinnert mich an die Zeit, als ich von Zuhause aus- und mit meinen besten Kumpels in eine WG eingezogen bin. Nicht, dass da schlechte Stimmung herrschte, sondern einfach, weil wir das damals immer zum Chillen gehört haben. Shlohmo hat einen krassen Style, nicht nur musikalisch. Ich bin auch Fan von seinem visuellen Auftreten. Vor allem seine Bühnenshow ist fett. Leider habe ich ihn noch nie live gesehen. Kommt aber bestimmt noch, hoffe ich. Toptrack auf der Platte war für mich »Same Time«.

  • Boney M. »Ma Baker«

    Ich bin richtig hängengeblieben auf dem Boney-M.-Zeug. Die Songs von denen erzeugen einfach so einen krassen Vibe, dass ich mich beim Anhören selber cool und swaggy fühle. Ich bin auch der Meinung, dass das Wort »Swag« von Boney M. ins Leben gerufen worden ist. Es ist einfach erstaunlich, wie Songs, die meine Eltern wahrscheinlich in ihrer Kindheit im Radio gehört haben, dann 38 Jahre später immer noch flashen. Das sind Hits für mich. Wahrscheinlich werden meine Kinder – noch nicht geplant! – später mal Eiffel65 neu für sich entdecken.