Bobby Johnson Wer ist eigentlich Bobby Johnson?

Warum der US-Rap-Beat des Jahres von einem angehenden Deutsch- und Religionslehrer aus Bremen kommt.

Bobby Johnson

Düstere Drill-Dinger aus Snarerolls und übersteuerenden Brummbass haben wir in den letzten zwei Jahren zuhauf gehört. Repitive Hooks, in denen Namen von mehr oder minder berühmten Persönlichkeiten genuschelt werden auch. Aber Ques »OG Bobby Johnson« war trotzdem geil. Vor allem der Beat sorgte für Begeisterungsbekundungen – bei Diddy oder Jay Z genau so wie bei T.I. und Jeezy, die gleich mal ihre eigene Version aufnahmen. Snoop Dogg, Pusha T und A$AP Ferg tummeln sich gar auf dem offiziellen Remix.

Der Beat stammt von Adrian Brusch. Adrian ist 23 Jahre alt und studiert in Bremen Deutsch und Religion auf Lehramt. Und hat auch schon für Prinz Pi produziert. What the what? Zeit für ein Gespräch.

  • Ich nehme an, »OG Bobby Johnson« ist nicht der erste Beat den du gemacht hast, oder?

  • Nein. Aber erst wollte ich natürlich Rapper werden. Ich bin mit der Hamburger Schule um die 2000er aufgewachsen, war riesiger Samy Deluxe-Fan und konnte zum Beispiel die »Hamburg City Heftig«-Live-CD in und auswendig. Ich habe dann aber relativ schnell mit dem Produzieren angefangen, als ich gemerkt habe, dass mir das Rappen nicht liegt. (lacht) Die erste relevante Produktion war dann »Monarchie« für Prinz Pi. Und danach habe ich noch »Illuminati Reflux« für ihn gemacht. Ich habe dann während dem Zivildienst eine Zeit lang in Berlin gewohnt. Während der Zeit hat mich ein Filmproduzent auf MySpace kontaktiert und gefragt ob ich nicht den Soundtrack für einen Film machen wollen würde. Wollte ich. Ich habe dann für die musikalische Untermalung gesorgt und auch ein paar Tracks für Emok, Crackaveli und Deso Dogg produziert.

  • Wie kamst du denn von Beats klassischer Bauweise zu solchen doch recht minimalistischen Beats wie »OG Bobby Johnson«?

  • Ich habe mich irgendwann mal gefragt, in welche Richtung ich mich musikalisch entwickeln möchte. Es sollte eine moderne Richtung sein: Zeitgenössische, modern klingende Musik mit Charakter.

  • »Ich hab ganz lange gebraucht, um mich an diesen Sound, der jetzt vorherrscht zu gewöhnen.«Auf Twitter teilen
  • Musik, die aber schon sehr anstrengend und eintönig klingen kann.

  • Das ist natürlich sehr kalt, repititiv, monoton und aggressiv. Und wenn einem das nicht gefällt kann ich das gut verstehen. Der Sound ist ja schon etwas kälter geworden. Ganz anders als 2005 bis 2008, wo Timbo und Scott Storch gerade ihre Hochphasen hatten und alles wärmer und organischer klang. Ich hab ganz lange gebraucht, mich an diesen Sound, der jetzt vorherrscht zu gewöhnen. Du kennst doch bestimmt »Wild Boy« von MGK. Damit konnte ich vor zwei Jahren nichts anfange. Ich hab das nicht verstanden und mich wie ein alter Mann gefühlt. Und jetzt liebe ich dieses Lied. Wenn ich den Beat zu »OG Bobby Johnson« vor fünf Jahren gehört hätte, wäre es mir damit vermutlich auch so ergangen. Aber ich habe mich da eingehört und durch diese Zielsetzung, jetzt doch etwas moderner zu werden, habe ich diesen Sound doch irgendwie liebgewonnen.

  • So wie du über Musik sprichst: Hast du eigentlich irgendeine musikalische Ausbildung genossen?

  • Ja. Mein Vater ist Dirigent und meine Mutter eine Opernsängerin. Deshalb musste ich ein Instrument lernen und habe mich fürs Schlagzeug entschieden. Dadurch hatte ich eine grundlegende Rhythmikausbildung – und auch einen gewissen Vorteil, was Beats angeht. Weil ich diese Grundlagen schon vermittelt bekommen habe. Ich habe 2005 begonnen, Beats zu machen. Timbaland ist der Drum-Gott. Die Drums mögen vielleicht nicht so hart klingen, aber die sind unglaublich virtuos und fantastisch. Mit diesen ganzen Percussions hat er neue Wege bestritten….

  • …und unter anderem eine Snare aus einem Kugelschreiber und einem Pappbecher gebaut.

  • Genau, ja. Da ist er doch mit Busta Rhymes im Studio, ne? Ich würde aber nicht sagen, dass die Beats gerade besonders drumlastig sind. Klar mögen die Drums derzeit sehr im Vordergrund stehen, aber sie halten einen Track doch immer zusammen.

  • Erzähl doch mal, wie es zur Zusammenarbeit mit Que kam.

  • Ich bin durch diverse Mixtapes auf Que aufmerksam geworden. Der hatte einfach eine charakteristische Stimme, eine tolle Präsenz und ein Händchen für eingängige Flows. Ich hab ihm den Beat dann einfach per Mail geschickt und paar Wochen später ist der Song »OG Bobby Johnson« rausgekommen.

  • Wie lang hast du an dem Beat gearbeitet?

  • Ich habe mit ein paar Presets rumgespielt und hatte dabei die Idee zur Melodie. Wenn die erst mal steht, fängt der Beat in meinem Kopf an zu spielen. Das Prägnante sind natürlich die Drums, die Rhythmik und wie genau die Akzente gesetzt werden. Und das Pending, also wie die Snarerolls von links nach rechts wabern.

  • »In Amerika ist das ja wie hier in Deutschland: Es gibt sehr viele komische Gestalten, die eher unseriös arbeiten.«Auf Twitter teilen
  • Wie sieht das denn mit der Vergütung aus?

  • In Amerika ist das ja hier wie in Deutschland: Es gibt sehr viele komische Gestalten, die eher unseriös arbeiten. Que hat zum Glück ein sehr professionelles Team um sich, das gut arbeitet. Ich habe eine Gage für den Beat bekommen und mich ganz normal dort bei der Verwertungsgesellschaft, wie hierzulande die GEMA, registriert und bekomme Tantiemen.

  • Wie gefährlich ist es, wenn man den Beat vielleicht an mehrere Leute gleichzeitig rausschickt?

  • (lacht) Um ehrlich zu sein, war der Beat von »OG Bobby Johnson« schon bei jemand anderem. Und zwar bei Neako aus dem Taylor Gang-Umfeld. Der hatte schon einen Song darauf recordet und ein paar Wochen später kam Que mit seiner Version raus. (überlegt) Ich kann beide Seiten verstehen. Natürlich sollen Produzenten entlohnt werden. Aber ich verstehe auch, wenn die Künstler sagen: »Wir haben so ein großes Angebot – warum sollen wir für die Beats zahlen?« Das ist halt Angebot und Nachfrage. Ich glaube, wenn du etwas gut machst, dann wirst du damit früher oder später auch Geld verdienen. Auch wen das vielleicht etwas naiv ist. Ich habe viele Sachen gemacht, für die ich kein Geld oder nichts Nennenswertes bekomme habe. Aber am Ende zahlt sich Qualität eben aus.

  • Versiehst du die Beats vor dem Rausschicken mit einem voice tag oder ähnlichem?

  • Am Anfang habe ich die in schlechter Qualität rausgeschickt, aber schnell gemerkt, dass das nicht funktioniert. Das Angebot ist zu hoch dafür, da brauchst du gar nicht versuchen, die Leute mit 96Kbps-Beats zu beeindrucken. Mein Tipp daher: Sich es nicht durch so etwas verbauen und es den Künstlern so einfach machen wie möglich. Deshalb habe ich die Beats immer so rausgeschickt und darum gebeten, dass man mir Bescheid sagt, wenn sie veröffentlicht werden. Die Amis sagen halt nicht immer Bescheid. Es könnte also gut sein, dass Songs auf Beats von mir im Internet rumgeistern, von denen ich gar nichts weiß. (lacht) Im schlimmsten Fall passiert es halt, dass die Leute die Sachen nehmen. Und das Beste ist das, was jetzt gerade passiert.

  • Just in diesem Moment ist ja dein Interview auf XXL.com online gegangen. Hast du’s schon gesehen?

  • Ich konnte es mir nur eben mit dem Handy angucken. Ich bin gerade umgezogen und hab noch kein WLAN hier.

  • Und wie läuft das, wenn du dann Beats an Leute in den USA verschickst?

  • Es gibt ja zum Glück 3G. Damit kann ich wenigstens von hier aus E-Mails schreiben. Ansonsten muss ich halt alle drei Tage in die Uni, nehme meine Festplatte mit und verschicke die Beats von dort. Das ist schon interessant, weil man merkt, wie abhängig man von dieser Struktur ist. (lacht)