Farid Bang Terminator mit Teekesselchen

Farid Bang über die Punchline-Dichte von Fips Asmussen, warum er seinen Humor aus Filmen wie »Spiderman« hat und die Frage, welche seiner eigenen Lines er heute nicht mehr hören kann.

Farid Bang

Farid Bang hat ein neues Album gemacht. Es heißt »Killa« und klingt natürlich genau so wie der Vorgänger und wie dessen Vorgänger und wie dessen Vorgänger. Will heißen: Brachialbeats, über die Farid in asozialer Tonlage Beleidigendes und Belustigendes rappt. Und so behämmert man seine Wortspiele und Re-Runs auch finden mag – ein gewisses Händchen für Humoristisches kann man dem Banger nicht abstreiten. Jan Wehn hat sich mit Farid Bang über den Ursprung seines komödiantischen Potenzials unterhalten.

  • Hast du eigentlich mitbekommen, dass die Leute deine Lache sehr feiern?

  • Ja, das ist mir im Rahmen der »JBG 2«-Promovideos aufgefallen. Aber wenn du mit Kollegah unterwegs bist, kannst du dich nur kaputtlachen. Der Typ ist richtig durch, der ist richtig am Ende, Alter. (lacht)

  • Ich würde gerne mit dir über deinen Humor sprechen.

  • Ja, sehr gerne.

  • Warst du schon immer so witzig?

  • Ich war schon immer sehr zweideutig. Wenn ich Dates mit Frauen habe, mache ich die ganze Zeit Sprüche. Da herrscht immer eine sehr witzige Stimmung.

  • Überspielst du damit auch eine gewisse Nervosität?

  • Nein, ich bin nie nervös. Aber gute Frage: Woher kommt eigentlich mein Humor? Ich glaube, ich habe das von meiner Mutter und meinem Vater, die beide einen gewissen Sinn für Humor haben.

  • Wie würdest du deinen Humor denn beschreiben?

  • Ich mag Zweideutigkeiten. Das hört man ja auch in meinen Texten. Oder wenn ich eine Frau anspreche und frage, ob sie Lust auf ein Sandwich hat. Das ist natürlich total blöd, aber wirkt direkt. Die dummen Sprüche ziehen am besten. Und wenn man sich eine Frau sucht, muss die ja eh den gleichen Humor wie man selbst haben. Die soll ja sagen: »Guck mal, wie behindert du bist!« – sonst bringt das doch alles gar nix.

  • Was hast du früher im Fernsehen geschaut? So etwas prägt ja auch den eigenen Humor.

  • »Spiderman« zum Beispiel. Du musst mal drauf achten: Der hat immer zweideutige Sprüche parat. Zum Beispiel, wenn er gerade an seinen Fäden von einem Gebäude zum nächsten fliegt, seine Freundin anruft und er sagt: »Heute liegt irgendwas in der Luft, oder?« »A-Team«, »Dragonball« und »Die Simpsons« fand ich auch immer sehr lustig. Außerdem habe ich viel Playstation gespielt. Meistens »Resident Evil« oder »Metal Gear Solid«.

  • Solid Snake aus »Metal Gear Solid« hatte ja auch einen ganz speziellen Humor.

  • Absolut! Genau wie Bruce Willis in »Stirb langsam«. Das war damals, als ich mit Rap angefangen habe, auch meine Richtlinie: knallhart sein, aber trotzdem die ganze Zeit Witze machen, alle umballern und »Jippie-yah-yeah, Schweinebacke!« rufen. So wollte ich das auch machen.

  • Warst du in der Schule auch so witzig?

  • (lacht) Ich grüße an dieser Stelle meine Freunde Markus, Stani und Miro. Zusammen waren wir die »School Ranger«. Wir sind in der Pause zusammen rumgelaufen und es gab ein bestimmtes Begrüßungsritual, welches ich hier nicht weiter ausführen möchte. Aber wer das nicht befolgt hat, ist in der Mülltonne gelandet. (schmunzelt) Das haben wir jeden Tag gemacht. Im letzten Jahr, bevor ich auf die weiterführende Schule gekommen bin, haben wir nur noch Scheiße gebaut. Mein Name ist an der Schule auch kein unbeschriebenes Blatt. Ein Typ, der da noch zur Schule geht, hat mir neulich erzählt, dass die Lehrer bis heute sagen, ich sei der schlimmste Schüler gewesen, der je auf der Schule war. Und dann haben die einer Lehrerin meine Musik gezeigt und sie meinte: »War ja klar, dass der nur so eine Scheiße machen kann.« Ich hab da auch Hausverbot. Lebenslänglich.

  • »Es gab immer Grenzen. Ich hab Sachen geklaut, Drogen verkauft, alles gemacht. Aber ich hab es nie übers Herz gebracht, Leuten einfach ihr Telefon aus der Hand zu nehmen.«Auf Twitter teilen
  • Ich habe mal vor Ewigkeiten in einer Rezension über dich geschrieben, du seist einer von den Typen, die mir früher zur Schulzeit in den Rucksack getreten hätten.

  • Mhm. Ich hätte dir mit Sicherheit in den Rucksack getreten. (lacht)

  • Aber warum denn?

  • (lacht) Aus Langeweile halt! Aber dann hättest du gesagt »Verpiss dich!« und fertig.

  • Nee.

  • Doch! Es sei denn, du hättest einen Kampf gewollt. Es gab immer Grenzen. Ich hab Sachen geklaut, Drogen verkauft, alles gemacht. Aber ich hab es nie übers Herz gebracht, Leuten einfach ihr Telefon aus der Hand zu nehmen oder auf jemanden einzuprügeln. Das wäre für mich ganz klar ein Zeichen von Schwäche. Ich habe eben auf der Straße auch B-Tight gesehen und meinte nur: »Och, B-Tight, was machst du denn hier?« Und ich hab ihm nix getan, obwohl wir vier Mann waren. (schmunzelt)

  • Lass uns doch mal über »Bitte spitte« reden – also deine Teekesselchen-Tracks. Wonach entscheidest du, welche Doppeldeutigkeiten du in den Texten unterbringst?

  • Ach, das kann alles sein. Du nimmst jetzt hier diese Flasche und da steht »Spreequell« drauf. Oder »natriumarm«. Ich habe einfach einen Blick dafür. Das ist wie beim Terminator, der mit seinem Laserauge John Connor sucht.

  • Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Aber man sitzt im Studio, schreibt vielleicht unter Zeitdruck und dann kommt so was dabei raus.Auf Twitter teilen
  • Dein bestes Wortspiel?

  • Puh. Auf »Lutsch« hatte ich doch ein paar geile Dinger. (murmelt den Text vor sich hin) Ah, das ist zwar kein Wortspiel, aber eine gute Punchline, die mir sehr gefällt: »Regel Nummer 5: Du bist erst ein wahrer Mann, ist dein IQ kleiner als dein Armumfang.« (lacht) Und das beste Wortspiel? »Ey, jeder Homo macht HipHop und markiert auf Facebook den Dicken, als hätte er ein Foto mit Rick Ross.«

  • Und das Schlechteste?

  • Auf dem ersten Teil von »Jung, brutal, gutaussehend« rappe ich: »Du bist am Strahlen wie Pisse.« Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Aber man sitzt im Studio, schreibt vielleicht unter Zeitdruck und dann kommt so was dabei raus.

  • Das trägt ja gewissermaßen auch zu deinem Image bei.

  • Ja, schon. Aber mittlerweile habe ich einen so hohen Anspruch, dass ich es den Leuten einfach beweisen will. Auch, weil immer wieder dieser Ghostwriting-Vorwurf kommt. Das sagen die Leute ja nicht, weil sie mich für dumm halten, sondern weil sie denken, dass ein gewöhnlicher Gangsta-Rapper so etwas nicht schreiben kann.

  • Gibt es andere Rapper, die einen guten Humor haben?

  • Kollegah natürlich.

  • Apropos: Dein Auftreten in Interviews hat sich seit der Zusammenarbeit mit Kollegah ja schon verändert.

  • Kollegah ist mein Deutschlehrer, ja. (lacht) Wenn ich nicht mehr wie ein Dummbatz klinge, ist das schon gut. Er ist der Einzige, der mich beeindruckt und anspornt. Aber Summer Cem hat auch einen sehr guten Humor. Er ist persönlich noch lustiger als auf Platte. Das hat nicht mal mit Wortspielen zu tun. Cem braucht nur seinen Tagesablauf zu schildern und ich bepiss mich.

  • Was geht in Sachen Humor gar nicht?

  • Auch wenn ich das früher selbst gemacht habe, sage ich heute: Witze über Krebspatienten und kranke Leute sind nicht okay. Genauso Behindertenwitze. Das habe ich aus meinem Vokabular gestrichen. Und religiöse Witze gefallen mir auch nicht. Das sollte man respektieren.

  • »Witze über Krebspatienten und kranke Leute sind nicht okay. Genauso Behindertenwitze.«Auf Twitter teilen
  • Dein Lieblingswitz?

  • Das ist ein marokkanischer Witz, den meine Oma mir immer erzählt hat. Man kann den nicht 1:1 übersetzen. Aber es geht um einen Jungen, der heißt Yahya. Der ist so ein richtiger Hohlkopf. Seine Eltern gehen weg und sagen zu ihm, dass er auf die Wohnung aufpassen soll. Im Marokkanischen heißt das so viel wie: »Pass auf die Tür auf.« Er geht dann raus zum Spielen, nimmt die Tür mit und die Wohnung wird ausgeraubt. Als die Eltern wiederkommen, fragen sie, was passiert ist. Und er sagt: »Ich sollte doch auf die Tür aufpassen!« (lacht)

  • Ich hab noch ein paar Witze mitgebracht, die ich dir gerne vorlesen würde.

  • Geil, hau rein.

  • Warum brauchen Frauen keine Uhren zu tragen? Weil in der Küche für gewöhnlich eine hängt.

  • Sehr gut, genau mein Style. (schmunzelt)

  • Warum können 50 Prozent aller Männer nach dem Geschlechtsverkehr nicht einschlafen? Weil sie noch nach Hause fahren müssen.

  • (schmunzelt)

  • Magst du Anti-Witze? Treffen sich zwei, einer kommt nicht.

  • Hm.

  • Gehen zwei Sandkörner durch die Wüste, sagt das eine zum anderen: »Ist das heute voll hier.«

  • Hm. Die sind richtig behindert, Alter.

  • Einer noch: Was ist schwarz und springt von Ast zu Ast? Ein Eichhörnchen nach dem Waldbrand.

  • (lacht)

  • Kennst du Fips Asmussen?

  • Vom Sehen bestimmt.

  • Das ist ein Kabarettist der alten Schule. Der hier ist von ihm: »Letztens, als ich auf der Hamburger Reeperbahn war, hat ein Polizist einen verschlossenen Sarg auf der Straße gefunden. Die haben den einfach nicht aufbekommen. Kein Wunder, war ja auch ein Zuhälter drin.«

  • (lacht laut) Der ist gut!

  • »Ich bin der Meinung, dass manche Comedians von Rappern biten.«Auf Twitter teilen
  • Diese Witze funktionieren ja so ein bisschen wie deine Raps auch.

  • Absolut. Ich bin auch der Meinung, dass manche Comedians von Rappern biten. Ich hab neulich ein Video auf YouTube ein Video von jemandem gesehen, der fünf von meinen Punchlines verwendet hat. Mir fällt der Name gerade nicht mehr ein. Aber er hat die halt als Witze erzählt und die kamen mega gut an. Umgekehrt geht’s natürlich nicht so gut. Der Fips-Asmussen-Witz ist zwar lustig, aber als Rap wäre er keine sehr gute Punchline.

  • Gibt es Comedians, die du magst?

  • Bülent Ceylan mag ich ganz gerne. Abdelkarim, der hat doch diese »Halt die Fresse«-Verarsche gemacht. Das war richtig geil. Michael Mittermeier ist auch gut. Der war auf Tour mit Xavier Naidoo und Sasha. Die haben so eine Swing-Tour gemacht. Und Serdar Somuncu gefällt mir auch gut. Der kritisiert doch immer alle Rapper, ne?

  • Gibt’s eigentlich gute Witze über Marokkaner?

  • Hm, ich kenne leider keinen. Aber man kann sicher was Gutes basteln. Zum Beispiel mit gefaketen Klamotten. Das wäre aber sehr eigen, da würden nur die Marokkaner drüber lachen. Ich habe einen guten Freund, der hat die besten Erzählungen. Der erzählt, wie er am Wochenende in den Club geht, eine Frau mit ins Hotel nimmt und sagt dann zu dir: »Wenn die wüsste, dass ich mit meinem großen Bruder in einem Zimmer im Etagenbett schlafe, die Hälfte meines Lebens seine Füße im Gesicht habe und die Unterhosen von meinem Vater trage.« (lacht)