Shindy »Ich will der rappende David Beckham werden.«

Am Freitag erscheint mit »DREAMS« das dritte Album von Shindy. Jan Wehn besuchte den 28-Jährigen in seiner Heimat Bietigheim-Bissingen, um mit ihm ausgiebig zu sprechen.

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Der Regen prasselt in einer Tour auf die Frontscheibe und das Glasdach von Shindys Jaguar F-Type, während er den Wagen durch die menschenleeren Straßen von Bietigheim-Bissingen und schließlich auf den Parkplatz einer Tankstelle am Ortsrand lenkt. Er kauft eine große Schachtel Marlboro-Zigaretten und eine Dose zuckerfreies Red Bull. Dann geht es weiter über schmale Landstraßen, vorbei an Feldern und Wiesen, während unten im Tal die Stuttgarter Vororte leuchten.

Aus der Anlage dröhnt Shindys neues Album »DREAMS«. Schon nach wenigen Songs wird klar: Es ist seine bisher beste Platte. Natürlich waren – das etwas uninspirierte Kollaboalbum »CLA$$IC« mit Bushido mal außen vorgelassen – sowohl »NWA« als auch »FVCKB!TCHE$GETMONE¥« schon gute Alben, aber im Rückblick fehlte es beiden Veröffentlichungen irgendwie an echtem Selbstbewusstsein. Nach drei Nummer-1-Platzierungen, Goldveröffentlichungen und einer Biografie an der Spitze der »Spiegel«-Bestseller-Liste sieht das freilich etwas anders aus.

Shindy ist mittlerweile ein Megastar. Einer, der den Kids beinahe wöchentlich einen neuen Dresscode in den Instagram-Stream diktiert. Einer, bei dem schon vor der Veröffentlichung klar ist, dass er in der ersten Woche Gold gehen wird und bei dem auch eine Platinauszeichnung nicht ausgeschlossen scheint. Einer, der es sich leisten kann, nicht mehr Instant-Rührei im ibis-Hotel zu schnabulieren, sondern sich für eine Albumproduktion im Waldorf-Astoria einmietet, am Abend bei Nobuyuki Matsuhisa diniert und anschließend einen Haider-Ackermann-Oversized-Loopback-Sweater ohne Aufdruck nach dem anderen bestellt.

Natürlich erzählt Shindy auch auf »DREAMS« wieder in aller Ausführlichkeit von diesem luxuriösen Leben, das aus Müßiggang und Vergnügen gleichermaßen besteht. Aber wenn er während der Listening Session im Auto immer wieder betont, dass er dieses oder jenes Sample auf eine ganz bestimmte Art und Weise geflippt hat, aus dem Effeff Zeilen von Torch zitiert und Sätze wie »Manchmal ist es echt deprimierend auf zerrissene Jeans und zu große Sweater reduziert zu werden.« sagt, dann wird man das Gefühl nicht los, dass da noch mehr sein muss. Ein Interview.

  • Erinnerst du dich noch daran, als du das erste Mal einen 100-Mark-Schein gesehen hast?

  • Ich erinnere mich nicht explizit an den Moment, aber das muss in der Gaststätte meiner Großeltern gewesen sein. Sie hatten dort eine Kasse stehen und sind damit recht locker umgegangen. Jeder aus der Familie konnte immer drangehen und sich Geld rausnehmen. Ich habe mir als Sechsjähriger mal 5- oder 10-Mark-Scheine rausgenommen. Aber meine Cousinen und Cousins haben sich auch mal den einen oder anderen 100-Mark-Schein mitgehen lassen. Ich weiß noch, als ich das erste Mal meinen eigenen 100-Mark-Schein hatte. Das war auch in der Gaststätte auf der goldenen Hochzeit meiner Großeltern. Es gab damals schon diese Merkur-Spielautomaten und als irgendein Onkel mir 20 Mark gab, habe ich die direkt in diesen Automaten geschoben. Am Schluss kamen dann 147 Mark wieder raus – als Münzen. Die habe ich dann in der Kasse gewechselt und hatte meinen ersten 100-Mark-Schein.

  • Hat Geld schon in jungen Jahren eine große Rolle für dich gespielt?

  • Ja, auf jeden Fall. Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, ging es uns gut. Wir waren vermutlich obere Mittelschicht. Aber es gab in den Achtzigerjahren wohl Zeiten, in denen meine Großeltern und auch mein Onkel mit dem Gaststätten-Ding richtig Umsatz gemacht haben. Mein Onkel hat immer von diesen Zeiten erzählt. Für mich als Kind hat es immer den Anschein gehabt, als wäre es damals total geil gewesen. Der ist dann einfach mit 10.000,- oder 20.000,- Mark nach Baden-Baden ins Casino gefahren und hat sich einen schönen Abend gemacht. Es gab für mich nie ein besonderes Schlüsselerlebnis, aber ich wusste: Wenn ich etwas haben will, dann kostet das Geld. Je mehr Geld ich also habe, desto mehr Zeug kann ich mir holen. Ich habe auch Zeitungen ausgetragen, weil ich mir regelmäßig neue Sneaker kaufen wollte. Für einmal Austragen gab es 10,- Euro. Nach zwei Monaten hatte ich genug Geld für Air Force Ones. Das mit dem Geld ist total tief drin, auch wenn ich das von meinen Eltern nie vorgelebt bekommen habe. Die haben immer sehr bescheiden gelebt, mit ganz normalem Haus und ganz normalem Auto. Sie waren immer sehr bodenständig und schienen glücklich damit zu sein. Ich weiß nicht, woher das kommt. Aber seit ich denken kann, versuche ich Geld zu verdienen. Meine Oma hat mir, als ich noch sehr klein war, ein Minikeyboard geschenkt, auf dem man so billige Drumloops laufen lassen und dazu auf den Tasten etwas spielen konnte. Ich habe mir damals ein Schild gebastelt, auf dem »Musik für die ganze Familie« stand. Damit habe ich mich vor unser Haus gestellt, rumgeklimpert und Geld von den Leuten bekommen, die da vorbeigelaufen sind. Meine Mutter hat mir letztens erzählt, dass da ein Opa vorbeikam und seinen Geldbeutel aufgemacht hat und mir seine Pfennige geben wollte – gerade als meine Mutter aus dem Haus kam, meinte ich dann zu ihm: »Nein, nein, mit den Münzen kann ich nichts anfangen. Geben Sie mir doch den Schein!« (lacht)

  • »Seit ich denken kann, versuche ich Geld zu verdienen.«Auf Twitter teilen
  • Die Bilder auf dem Cover von »DREAMS« sind ja allesamt Dinge, die einen direkten Bezug zu dir und deiner Kindheit haben. Was hat es mit der Uhr auf sich?

  • Das ist die Uhr von meinem Vater. Es war immer sein Lebenstraum, eine Rolex zu haben. 1986 hat er sie sich dann für genau 15.000,- Mark gekauft. Danach hat er sie behütet wie seinen Augapfel und immer nur zu ganz besonderen Anlässen ausgepackt. Das erste Mal habe ich sie dann beim Videodreh zu »Ice T« und dem Covershooting für »NWA« getragen. Da kam er nämlich zu mir und meinte: »Brauchst du nicht eine geile Uhr für die Fotos?« Ich habe mich natürlich mega gefreut. Auch wenn das niemand gemerkt hat, war das für mich ein schönes Gefühl. Ich habe sie danach aber nicht regelmäßig getragen, weil ich sie nicht verlieren wollte. Aber mein Vater wollte sie mir immer wieder geben. Als er dann gestorben ist, hat er sie zwar nie explizit mir oder meinem Bruder vererbt, aber als Erstgeborener habe ich sie mir dann einfach genommen. Seitdem trage ich sie regelmäßig. Wenn ich darauf schaue, dann denke ich auch immer an meinen Vater.

  • Auf dem Cover sieht man dich auch in einem Peter-Pan-Kostüm. Im Grunde lebst du ja immer noch sein Leben. Was hat dich als Kind an dieser Figur fasziniert?

  • Es gab diesen Disney-Peter-Pan, den Film mit Robin Williams, »Hook« und eine Sendung, die auf Super RTL lief. Da gab es am Ende dieses Standbild von einem winkenden Peter Pan, vor dem die Credits durchs Bild liefen. Als Kind saß ich davor und habe auch einfach drei Minuten lang gewunken. (lacht) Ich weiß nicht, was ich damals so toll daran fand. Aber ich bin sehr froh, dass ich nicht erwachsen werden muss. Im Grunde sind meine Kumpels und ich 12-Jährige, denen man zu viel Geld gegeben hat. Natürlich gibt es Momente, in denen man darüber nachdenkt, mal ein bisschen was zur Seite zu legen. Aber gerade während der Albumentstehung habe ich mir über so etwas keine Gedanken gemacht. Ich habe währenddessen mehr ausgegeben als 90 Prozent der Rapper mit ihren Alben überhaupt verdienen.

  • Hast du eigentlich einen Sondertarif im Waldorf-Astoria, wo du dich immer wieder einmietest?

  • Nicht wirklich. Also es gibt schon einen Sondertarif, aber so krass ist der jetzt auch nicht. Ich rappe auf dem Album ja die Zeile »20.000 weg für einen Monat Bed & Breakfast«. Alle Zahlen, die ich auf dem Album nenne, entsprechen der Realität. Selbst die Zimmernummer bei »Heartbreak Hotel«. Das war beim Schreiben auch ein Streitpunkt zwischen Laas und mir. Er wollte oft einfach irgendwelche Zahlen nehmen und aus 20.000,- dann 50.000,- Hotelkosten machen. Aber ich habe immer penibel darauf bestanden, dass das alles der Wahrheit entspricht. Ich will den Leuten ja nichts vorlügen. Es ist eh schon krass genug, warum soll ich das jetzt maßlos übertrieben? Als ich die erste Version vom Buch bekommen habe, war das genau so. Da stand dann plötzlich drin, dass ich vier Monate in der Präsidentensuite gechillt habe. Dabei stimmte das nicht und ich habe das auch nirgendwo gesagt. Mit 26 überhaupt in irgendwelchen Suiten im Waldorf-Astoria abhängen ist doch schon krass genug.

  • »Das kann ich meiner Mutter nicht erzählen, da würde ich mich in Grund und Boden schämen.«Auf Twitter teilen
  • Was war denn das Sinnloseste für das du bis jetzt Geld ausgegeben hast?

  • Sinnlos ist schwer zu sagen. Für mich hat das ja alles einen Sinn. Aber es gibt ein gutes Beispiel: Ich habe meine Wäsche immer im Hotel waschen lassen. Einmal musst es schnell gehen. Also habe ich mittags zwei Jogginghosen, vier Shirts, sieben Boxershorts und sieben Paar Socken in die Wäsche getan, alles auf einem Zettel festgehalten und dazu geschrieben: »So schnell wie möglich!« Als ich abends wiedergekommen bin, war die ganze Wäsche gewaschen und hing wieder gebügelt in meinem Schrank. Ich habe mich schon gewundert, dass die das in vier Stunden geschafft haben. Mehr aus Neugier habe ich dann mal auf die Rechnung geschaut und das hat statt den normalen 190,- Euro dann auch mal direkt 380,- Euro gekostet. (lacht) Da habe ich kurz richtig schlechte Laune bekommen. Das kann ich meiner Mutter nicht erzählen, da würde ich mich in Grund und Boden schämen. Aber die Hotel- und Restaurantbesuche würde ich generell nicht als sinnlos bezeichnen. Klar könnte ich auch in einem normalen Vier-Sterne-Hotel pennen. Aber für das Album ist es schon wichtig, dass ich komplett diesen Film gefahren bin. Es braucht schon dieses Zimmer, das manchmal einem Irrenhaus gleicht, in dem wir alle abhängen und an dessen Tür manchmal irgendwelche Ollen klopfen.

  • Das ist eben Quell deiner Inspiration…

  • Auf lange Sicht geht das natürlich nicht. Wenn ich das noch vier Jahre so weitermache, dann kann ich mir für das Geld eine richtig krasse Wohnung am Ku’Damm kaufen. Aber da würde dieser Flavour fehlen – und der ist mir so wichtig, dass ich dafür gerne viel Geld ausgebe. Es ist eben so: Ich hatte das halt nie und habe es mir immer gewünscht. Ich habe einfach Angst, dass ich es verpasse, das alles zu machen, bevor es wieder vorbei ist. Das ist ein großer Teil der Motivation. Ich mache mir einfach gerne das Leben schön. Ich habe das Geld, also gebe ich es auch aus und teile es mit meinen Kumpels – das sind vor allem gute Kumpels, mit denen ich vorher schon alles geteilt habe und die nicht nur wegen dem Geld da sind. Das Geld ist doch da, um es auszugeben. Ich sehe so oft reiche Leute, die richtig geizig sind. Ich kann nicht verstehen, warum die alles bei sich behalten. Dann sollen die das lieber mir geben. Ich gebe das aus, ich habe damit Spaß. Natürlich will man noch was auf der hohen Kante haben, wenn alles vorbei ist. Aber in erster Linie ist das Geld zum Ausgeben da. Ich sehe das fast schon als Verpflichtung.

  • »Ich habe mir das schließlich auch erarbeitet.«Auf Twitter teilen
  • Auf einem Song sagst du »Was passiert mit den Kids, wenn das hier die Message ist?« Was passiert denn mit ihnen? Wenn du als Jugendlicher gehustled hast, um dir Air Force Ones zu holen, ist das ja noch mal was anderes, als wenn Kids heutzutage auf einen Haider-Ackermann-Sweater für 700,- Euro sparen, oder?

  • Ich würde gerne sehen, dass die Kids das als Inspiration auffassen. Ich habe das bei den ganzen Amirappern mitbekommen und wollte es auch haben. Das hat in meinen Augen auch nichts mit Oberflächlichkeit zu tun. Was ist schlimm daran, als junger Typ Spaß zu haben und sein Leben zu genießen? Es ist doch kein Geheimnis, dass man sich besser fühlt, wenn man bestimmte Marken trägt. Kann ja sein, dass du den schwarzen Sweater für 8,- Euro bekommst, aber wenn du den für 700,- Euro anhast, fühlst du dich einfach anders. Kann auch sein, dass der Schnitt und der Stoff sich nicht groß unterscheiden. Aber der Preis und das Label machen etwas mit deiner Psyche. Ich feiere das Gefühl. Ich hoffe, dass es für die meisten einfach eine Motivation ist. Ich habe mir das schließlich auch erarbeitet! Klar gibt es Leute, die dann sagen, dass das nur an Bushido liegt. Aber ich habe mir diesen Luxus selbst erarbeitet – und wenn man nicht damit aufgewachsen ist und es glorifiziert, finde ich das absolut legitim.

  • Auf »FVCKB!TCHE$GETMONE¥« hast du noch nicht über »700,- Euro Sweater ohne Aufdruck«, sondern von »schwarzen oversized Hoodies so wie Gargamel« gerappt. Was machst du eigentlich mit den Klamotten, wenn sie nicht mehr angesagt sind?

  • Vieles, gerade Schuhe, verschenke ich tatsächlich an meinen Bruder, meine Kumpels oder Cousins. Manche Sachen, die ich besitze – wie zum Beispiel Sachen aus der letzten Yeezy Season – sind so auffällig, dass ich sie nicht zwei Mal tragen kann. Aber die behalte ich dann, weil ich der Meinung bin, dass sie irgendwann sehr viel Geld wert sein könnten. Es gibt in New York auch so einen Typen, der sich immer wieder ganz krasse Sachen von Designern gekauft hat. Der hat zum Beispiel eine Raf-Simons-Bomberjacke von 2001, die jetzt 7.000,- Euro wert ist. Rihanna, Kanye West und so kommen zu dem, um sich Sachen für ihre Videos oder Awardshows auszuleihen. Ich hätte gerne später, so wie manche Leute eine Modelleisenbahn, eben ein Atelier, in dem ich die ganzen Sachen aufbewahre. Die Sachen, die ich in Videos anhatte, gebe ich ohnehin nie weg. Für die H&M-x-Versace-Jacke, die ich im »Ice T«-Video und auf dem »NWA«-Cover trage, habe ich zum Beispiel schon 2.000,- Euro geboten bekommen. Die hat damals im Laden 100,- Euro gekostet, ich habe sie dann bei eBay von einem Reseller für 300,- Euro gekauft.

  • Bestellst du die Klamotten nur oder gehst du auch selbst einkaufen?

  • Meistens bestelle ich. In den Läden haben die meist nur eine geringe Auswahl der Kollektionen, weil sie denken, der Rest verkauft sich nicht. Und wenn, dann haben sie nur die Standardgrößen, was mir aber nichts nützt, weil ich alles immer zwei Größen zu groß hole. Das hat mich irgendwann so angekotzt, dass ich nur noch online shoppe. Ich bestelle immer alles in drei Größen und behalte nur, was mir gefällt.

  • Wirst du denn oft erkannt, wenn du dann doch mal auf den Ku’Damm gehst?

  • So richtig auf dem Ku’Damm bin ich schon ewig nicht mehr gewesen. Da wo wir essen gehen, wird man schon ab und an erkannt, aber in Berlin ist es eigentlich nicht so krass. In Stuttgart bin ich Anfang 2015 mal von der einen Seite der Königsstraße auf die andere gelaufen und sofort sind 20 Kiddies hinter mir hergekommen und es wurden immer mehr – seitdem war ich nie wieder da.

  • »Oft sind das einfach irgendwelche Vollidioten, die ein paar Likes wollen.«Auf Twitter teilen
  • Wie ist es hier in der Gegend?

  • Als wir für den Buchtrailer an meine alte Schule gegangen sind, war richtig was los und alle Schüler standen draußen. Aber ansonsten kennen mich die Leute in meinem Alter oder plus Minus fünf Jahre hier schon ewig. Es ist vollkommen normal, wenn ich mir abends an der Tankstelle was zu trinken oder Zigaretten hole. Aber wenn ich bei Edeka einkaufen bin, gibt’s ab und an schon Schulkinder die nerven. Ich reagiere da immer nach Lust und Laune drauf. Wenn einer ruft: »Shu, Shindy, lass mal Foto machen!«, dann sage ich »Verpiss dich, Junge!« Wenn jetzt ein kleines Mädchen kommt und fragt: »Entschuldigung, könnte ich vielleicht ein Foto mit Ihnen machen?«, dann kannst du das gar nicht ablehnen. Manche Leute sind aber echt frech. Es kann auch gar nicht sein, dass alle Leute, mit denen ich Fotos gemacht habe, mein Album kaufen – sonst würde ich eine Millionen Platten verkaufen. Oft sind das einfach irgendwelche Vollidioten, die ein paar Likes wollen – und dafür bin ich mir zu schade.

  • Sagen die Leute denn auch etwas zu dir? Gibt es da Sachen, die einen überraschen oder freuen?

  • Ne. (lacht) Es sagt echt selten mal jemand, dass er diesen oder jenen Song krass findet. In letzter Zeit höre ich öfter mal: »Wir feiern dich, wir gönnen dir, hau rein! Viel Erfolg mit dem Album.« Im Vergleich zu den Sachen, die ich davor gehört habe, ist das schon mega nett. Früher hieß es meistens nur »Bruder, könn’ wir Foto machen?« Ich bin froh, wenn Leute mal sagen, dass sie das, was ich mache, mögen und mir damit Erfolg wünschen.

  • Wünschst du dir denn, dass da noch mehr kommen würde? Dass vielleicht mal jemand deine Produktionen wertschätzt?

  • (lacht) Klar wünscht man sich das, aber das kann man von den Leuten nicht erwarten. Das interessiert die ja gar nicht.

  • Ist das nicht schade? Ich würde dich so einschätzen, dass dir das eigentlich total wichtig ist. Wenn man von Shindy redet, geht es nie um solche Sachen.

  • Leider ja, leider ja. (grinst) Ich weiß auch nicht. Versucht man das totzuschweigen? Dicka, keine Ahnung.

  • Wie sieht ein typischer Shindy-Tag im Waldorf-Astoria während der Albumproduktion aus?

  • Ich versuche, um 12 Uhr aufzustehen, meistens schaffe ich es erst gegen 13 Uhr. Dann sind wir um 14:30 Uhr beim Essen und gehen danach entweder ins Studio oder ins Hotel und arbeiten da weiter. Das geht meistens so bis 21 Uhr, dann wird zu Abend gegessen, dann gehen Beatzarre und Djorkaeff meistens schon nach Hause, Nico und OZ – wenn er da ist – bleiben dann noch bei mir. Gegen 00 Uhr nachts hauen dann auch meistens Ali und sein Bruder ab, weil sie merken, dass ich meine Ruhe will. Wenn ich den Beat auf dem Laptop auf Dauerschleife stelle und nicht mehr viel sage, dann ist eigentlich klar, dass ich arbeiten will. Ich muss da auch niemanden rausschmeißen, aber es ist einfach ein fließender Übergang. Ich bin dann meistens so bis 6 Uhr Minimum wach, bis ich im Bett liege und abschalten kann ist es meistens 7 oder halb 8 Uhr.

  • »Ich wollte dieses Mal einen anderen Klang.«Auf Twitter teilen
  • Wie sind die Arbeiten am Album denn genau abgelaufen?

  • Das kommt immer drauf an. »ROLI« war schon vorher produziert, »Kudamm X Knesebeck« ist an einem Abend im Hotel entstanden – so wie viele andere Beats auch. Meistens läuft es so ab: Djorki kommt mit einer Menge Platten vorbei, dann flippe ich das Sample, OZ spielt Drums ein, Nico macht noch Additional Production, spielt hier und da noch Klavier oder baut Vocals ein und dann nehme ich auf. Ich bin bei jedem Arbeitsschritt dabei – nur beim Mischen nicht. Das passiert ja erst, wenn ich schon wieder hier zuhause bin. Für »ROLI« habe ich aber zum ersten Mal selbst an den Reglern rumgedreht. Beatzarre hatte einen fertigen Mix, der auch cool klang. Mich hat er aber zu sehr an den Sound von »FVCKB!TCHE$GETMONE¥« erinnert. Ich wollte dieses Mal aber einen anderen Klang – mehr Platz für die Beats und eine dünnere Stimme. Ich muss da überall meine Finger mit drin haben. Mein ganzes Jahr läuft auf dieses eine Release hin – da kann ich nicht einfach irgendetwas absegnen, ohne selbst auszuprobieren, ob es nicht vielleicht besser geht. Das trägt alles von vorne bis hinten meine Handschrift. Ich bin mir dann auch nicht zu schade, einem OZ, der gerade auf dem Drake-Album war oder für Travi$ Scott produziert hat, zu sagen, dass ich seine Snare oder seine Kick nicht feiere. Er ist dann aber zum Glück auch ein Typ, der das annimmt. Ich meine das ja auch nicht böse, sondern will das Beste für uns alle.

  • Geht den anderen das manchmal auch auf die Nerven?

  • Ich glaube schon. Josip, mit dem ich das Buch geschrieben habe, meinte neulich zu mir: »Es ist gut, dass du so bist wie du bist, weil das Buch dadurch erst richtig geil geworden ist. Aber du hast einfach mein Leben gefickt.« (lacht) Ich mach das mit allen, mit denen ich arbeite. Aber ich denke mir, dass das, woran wir hier gerade arbeiten, so groß ist und von so vielen Leuten gehört wird, dass es perfekt werden muss. 

  • »Dieses Fick-Ding auf Deutsch ist echt schwierig.«Auf Twitter teilen
  • Du hast gerade schon Nico Santos erwähnt. Wie kam der Kontakt mit ihm zustande?

  • Nico haben Beatzarre und Djorkaeff angeschleppt. Der ist auf Mallorca großgeworden und hat immer viel Pop gemacht, aber sein Herz schlägt eigentlich für R&B. Die beiden haben ihn bei irgendeiner Session kennengelernt. Ich kenn ihn aus der Zeit, als Bushido und ich »Cla$$ic« gemacht haben. Er mochte meine Musik total und hat für das Album ein paar Mal im Background gesungen. Man hört ihn zum Beispiel bei »Brot brechen« im Intro. Das Vocalsample auf »Megalomanie« ist auch von ihm. Danach haben wir dann »Sex ohne Grund« gemacht, davor sogar schon an der Hook für »Monogramm« gearbeitet. Dieses Fick-Ding auf Deutsch ist echt schwierig. Um die Silben so zu setzen, dass es irgendwie sexy klingt, bedarf es schon viel Feingefühl. Die Aussage und die Ästhetik mit der Melodie unter einen Hut zu bringen, war für mich beim Schreiben bis jetzt die größte Herausforderung. Da hat er mir extrem geholfen. Aber auch abgesehen davon ist Nico jemand, der sofort peilt, in welche Richtung ich einen Song bringen möchte.

  • Und wie hast du OZ kennengelernt?

  • Ich habe zwei Kumpels in der Schweiz, die meinten schon 2013 zu mir, sie hätten einen Freund, der Beats macht und gerne für mich produzieren würde. Ich habe dann nur gesagt: »Danke, aber ich brauche keine Beats von irgendwem.« Ein Jahr später kamen die beiden wieder an. Ich habe dann geschaut, was er so gemacht hat, und da waren schon krasse Namen wie Meek Mill, French Montana und Fabolous dabei. Er wollte dann auf Tour vorbeikommen und mir Beats vorspielen. Ich habe direkt zu meinen Kumpels gesagt: »Er kann das gerne machen, aber ich habe keinen Bock auf sein Amerika-Ding und dass er dann von mir 50.000,- Euro für einen Beat haben will.« Wir haben uns dann kennengelernt und er war echt ein netter Typ. Er hat mir 15 Beats vorgespielt. Der erste war »ROLI«. Ich kam da gar nicht drauf klar und er meinte auch direkt: »Ich wusste, dass du den picken wirst.« Die anderen Beats habe ich auch krass gefeiert und dann meinte ich zu ihm: »Mit mir zu arbeiten ist richtig Therapie. Ich ändere deine Drums, ich ändere deine Samples und das mit den Ami-Preisen kannst du auch direkt vergessen.« Aber er wollte unbedingt mit mir zusammenarbeiten – und dann haben wir einen Deal gemacht. Seitdem produziert er in Deutschland quasi exklusiv für mich. Ich habe nämlich keinen Bock mit Leuten zusammenzuarbeiten, die Beats für jeden Schwanz machen.

  • »ROLI« und auch noch ein paar andere Produktionen auf dem Album klingen schon sehr stark nach aktuellen Drake-Songs.

  • Mir ist schon klar, dass es dieser Style ist. Aber es ist ja nicht so, als wenn ich einen Beat oder Song von ihm kopieren würde.

  • Auf »FVCKB!TCHE$GETMONE¥« gab es ja auch ein paar Songs, die sich, sagen wir mal, recht nah an US-Originalen orientiert haben. Das »Julius Caesar« klingt zum Beispiel eins zu eins nach »Never Forget Me« von Bone-Thugs’N’Harmony und Akon. Manches klingt auch nach Drake oder Kid Ink. Hast du zu der Zeit viele dieser Songs gehört oder wie kam diese Ähnlichkeit?

  • Natürlich habe ich zu der Zeit viele der Songs gehört. Bei »Julius Caesar« war der Beat zum Beispiel ursprünglich ein Trap-Song, aber ich wollte ein imposantes Intro haben, das ich mir auf dem ersten Album wegen dem fehlenden Status verkniffen habe. Ich habe dann diese Klavierakkorde und die Bläser darauf eingespielt. Klar kenne ich »Never Forget Me« und wahrscheinlich habe ich das einfach unterbewusst gemacht. Ich habe das dann Beatzarre und Djorkaeff geschickt und die beiden fanden es übergeil, meinten aber: »Das ist die Melodie von ›Never Forget Me‹.« War mir aber scheißegal. Ich fand’s geil und fertig. Wo ist das Problem? Wieso sollte man auf Grund von dem Schnipsel den Song kleinreden? Mir ist vollkommen klar, dass »ROLI«, »Art of War« und auch »Zahlen lügen nicht« auf dem neuen Album diesen Style haben. Aber was soll ich jetzt machen? Damals, als alles wie Dipset geklungen hat, war das auch egal. Ich höre diese Musik eben extrem viel. Natürlich bin ich davon beeinflusst. Das Problem ist, dass die Leute sich immer das einfachste rauspicken, um sich darüber aufzuregen. Klar klingt das nach Drake. Aber checken die Leute auch, dass der »Family First«-Flow sich an »Craziest« von Naughty by Nature anlehnt? Nein! Das interessiert wieder niemanden. Und wenn doch, dann ist es plötzlich eine Hommage und kein Biting mehr, weil es schon so lange her ist. Jeder legt sich das so aus, wie er es möchte. Ich kann da auch nix gegen tun. Wenn ich von Sachen beeinflusst bin, dann ist es das eben so. Würde ich das jetzt auf Teufel komm raus verhindern, nur damit irgendjemand sein Maul hält, dann wäre es keine Kunst mehr, weil ich mich verstellen müsste. (denkt nach) Ich will ja jetzt auch keine Namen nennen. Aber es gibt so viele Leute, die Dinge übernehmen und dafür gehyped werden. Ich finde das nicht schlimm, aber ich habe einfach das Gefühl, als wenn da immer mit zweierlei Maß gemessen wird. Vielleicht steigere ich mich da auch nur rein, weil es um mich selber geht. Aber es kommt mir immer vor, als wenn ich das gefundene Fressen dafür bin, wenn es darum geht, jemanden als den Biter vom Dienst abzustempeln. Ich mache mir da oft Gedanken drüber. Es wurden ja auch die Themen kritisiert, über die ich rappe. Ich verfolge Rap seit über 15 Jahren und manchmal denke ich mir: Seitdem ich das erste Mal etwas von deutschem Rap gehört habe, wünscht ihr euch, dass jemand kommt und so cool ist wie ein Amirapper, ohne dass es peinlich ist. Einer, der von Mode rappt und Fick-Songs macht, die man sich anhören kann. Dann macht es jemand, ist dabei auch noch nachweislich authentisch und dann wird es gehatet. Was wollt ihr denn?

  • »Was das Reimen angeht, bin ich in Deutschland einer der Besten.«Auf Twitter teilen
  • Jemand, der auch am Album mitgearbeitet hat, war Laas. Dass du schreiben kannst, weiß man ja. Warum hast du dich dazu entschieden, dir noch jemanden dazu zu holen?

  • Was das Reimen angeht, bin ich in Deutschland einer der Besten. Aber ich habe gemerkt, dass ich mich selbst nicht so gut von außen betrachten kann wie andere. Wir haben doch eben darüber gesprochen, dass man bei mir nie über die Musik redet. Mir war lange gar nicht bewusst, dass das gar kein Thema ist. Ich dachte immer, jeder weiß, dass ich Beats machen kann. Ich fand es einfach wichtig, jemanden dazu zu holen, der ein technisch versierter Rapper ist und mir vielleicht aufzeigen kann, was man noch anders und vielleicht besser machen könnte. Außerdem war mir dieses Ping-Pong-Spielen wichtig. Bei den ersten beiden Alben saß ich immer alleine vor den Texten und hatte niemanden, den ich nach einem Reim oder einer Zeile fragen konnte. Die Alben sind dadurch nicht schlechter, aber sie haben doch etwas an Qualität verloren. Es war eben nicht das Maximum, was man hätte herausholen können. Alleine hätte ich auch niemals 48 Stunden da gesessen und nach dem perfekten Reim gesucht. Ich habe das ja neulich getwittert und das ist wahr. Das war die Line »Damals Hausarrest, ›Up in Smoke‹-Tour-VHS / Heute hab‘ ich Dauerstress – Businessclass, Powernaps« aus dem »Dreams«-Song. Wir hatten schon »Hausarrest«, »Dauerstress« und »Powernaps« und das hätte vollkommen gereicht, um zwei Zeilen zu füllen – theoretisch ist es ja sogar ein Reim zu viel. Aber wir waren beide davon überzeugt, dass da noch einer rein muss. Wir hatten nach fünf Minuten schon zwanzig Reime, die gepasst hätten. Aber es hat noch nicht den perfekten Sinn ergeben. Als wir nach 48 Stunden dann »VHS« hatten, war das wie… Stell dir vor, du kannst drei Tage nicht wichsen und dann kommt alles auf einmal raus. (lacht) Ich liebe ja diese Nomenreime, am besten noch Eigennamen, also Marken, die sich aufeinander reimen – und da hat VHS einfach perfekt gepasst, weil es noch nicht mal ein zusammengesetztes Hauptwort ist. Wenn du jetzt Fler fragen würdest, ob es sich gelohnt hat, würde er das vermutlich verneinen. Aber für mich hat es sich save gelohnt. Ich find das jedes Mal geil, wenn ich diese Line höre. Laas und ich haben auch schon gesagt, wir müssten mal einen Song machen, der »Reimemonster« heißt. (lacht)

  • Wenn man so will, dann hast du dir für das Album ein richtiges Team aufgebaut.

  • Genau. Die ganzen Jungs haben in Verbindung mit mir das Bestmögliche möglich gemacht. Ein besseres Shindy-Album wird man jetzt gerade nicht machen können.

  • Wie hast du Laas denn kennengelernt?

  • Durch Fler. Wir saßen mal bei Papa Ari und Fler und Laas waren auch da. Fler ist irgendwann abgehauen und Laas blieb noch. Das war gerade die Zeit, in der wir an »Sex ohne Grund« gearbeitet haben. Ich hatte die ersten vier Zeilen mit der Auto-Tune-Melodie zuhaue schon mal eingeguided und fand es total geil. Ich war mir aber unsicher, ob man das bringen kann. Ich habe manchmal Angst, dass ich Realitätsverlust bekomme, ohne ihn zu bemerken. Ich habe es den Jungs vorgespielt – Ali fand es geil und Laas fand es auch super. Laas hat dann ungefragt ein paar Vorschläge gemacht und meinte, ich müsse danach mit einem normalen Rap-Flow weitermachen. Bei einer Kippe haben wir dann die nächsten vier Zeilen geschrieben und es war total angenehm. Ich kannte das gar nicht. Wenn ich früher mit Kay geschrieben habe, war das immer total der Kampf, ihn davon zu überzeugen, noch einen besseren Reim zu finden. Es hat sich gar nicht wie Arbeit angefühlt, sondern ging ganz locker von der Hand. Ich habe das so gefeiert, dass ich ihn gefragt habe, ob er nicht Bock hat ins Hotel zu kommen, damit wir dort den Rest fertigmachen. Ich hatte eh total Angst vor meinem neuen Album. Richtige Angstzustände. Ich wusste nicht, wie ich die Vorgänger übertreffen sollte. Der Druck war schon krass und ich hatte manchmal echt Bock, alles einfach hinzuschmeißen. Aber wenn du jemanden hast, der dir manchmal Feedback gibt und Ahnung von der Sache hat, dann ist das eine ungemeine Erleichterung. Wir haben uns dann für August wieder verabredet und da ging es dann weiter.

  • Auf den ersten Blick sind du und er ja ein recht ungleiches Paar. Laas, der Backpackrapper und…

  • …wer sagt denn, dass ich kein Backpackrapper bin? Mein Rucksack ist halt von Yves Saint Laurent und kostet 800,- Euro. (grinst) Ich wusste natürlich, dass es auf Grund unserer unterschiedlichen Wahrnehmung nach außen hin komisch aussehen wird. Aber für mich war es noch nie ein Problem mit »so jemandem« zusammenzuarbeiten. Ich habe früher auch Baggies getragen, in der »Backspin« rumgeblättert und mir Graffitis angeguckt. Ich war zwar einfach zu jung, um diese Jam-Sachen mitzunehmen – aber ich feier das. Im Endeffekt lieben wir beide HipHop – jeder auf seine Art. Laas wird immer so dargestellt, als würde er alles hassen, was neu ist. Aber es war so, dass er mir das letzte Travi$-Scott-Album gezeigt und ans Herz gelegt hat, während ich ihm noch mal »Blauer Samt« von Torch gezeigt und dann erklärt habe, was daran für mich so krass ist. (lacht) Er mag total diese Alliterationen und dann habe ich ihm halt »Blauer Schein« gezeigt, weil Torch das ja auch schon gemacht hat. (rappt) »Die seit sie denken konnten nur kühle kalte Konten kannten…«

  • »Was Toni L damals für Reime hatte, war nicht von schlechten Eltern.«Auf Twitter teilen
  • Toni L macht das auf »Wer ich bin« doch auch.

  • Dicka, was Toni L damals für Reime hatte, war nicht von schlechten Eltern. Ich würde Laas mittlerweile als guten Freund von mir bezeichnen. Ich habe das erste Mal seit ewigen Zeiten einen Kumpel, mit dem ich richtig über HipHop und Rap reden kann. Bushido ist da aufgrund seines Privatlebens auch ein bisschen raus. Aber mit Laas kann ich über Snares auf Songs von 1999 diskutieren. Das liebe ich halt. Ich weiß auch gar nicht, warum die Leute das immer so erstaunt. Ich habe viel öfter erzählt, wie wichtig mir Rap ist, als dass ich über Designerklamotten erzählt habe. Aber das ist wahrscheinlich einfach greifbarer. Ich würde mich freuen, wenn das ein bisschen präsenter wäre. Ich hab das Gefühl, ich werde dadurch als Künstler degradiert. Das ist fast ein bisschen so, als würde man Bushido zum Pöbler degradieren und ihm absprechen, dass er damals diese ganzen krassen Beats für »Carlo Cokxxx Nutten« und »Vom Bordstein bis zur Skyline« gemacht hätte. Es steckt einfach so viel Liebe zum Detail in meiner Musik, damit sie am Ende klingt wie sie nun mal klingt – aber da denkt keiner drüber nach. Ich habe zum Beispiel tagelang im Internet nach einem Basketballcourt gesucht, den man für das »ROLI«-Video anzünden konnte. Ich war ständig auf www.courtsoftheworld.com und bin dann nachts von 22 bis 5 Uhr morgens immer losgefahren und habe im Umkreis von 100 Kilometern den perfekten Platz gesucht. Welcher andere Rapper macht denn so was? Deswegen ist es manchmal echt deprimierend auf zerrissene Jeans und zu große Sweater reduziert zu werden. Aber am Ende ist es vielleicht auch meine eigene Schuld, weil ich ja nur über so etwas rappe und nicht erzähle, wie ich nachts Basketballplätze suche. Aber am Ende des Tages ist mir relativ viel relativ egal geworden. Ich will das den Leuten auch nicht ins Gesicht schreien. Ich weiß es für mich selbst und jeder, der wie du ein bisschen Ahnung von HipHop hat, der weiß auch, was ich kann. Was irgendein Schwanz im Internet labert, interessiert mich eigentlich nicht.

  • Was wünschst du dir denn sonst noch? Die Träume die man als Ausrisse auf dem Cover deines neuen Albums sieht, sind ja eigentlich allesamt schon wahr geworden. Du hast eine Rolex am Handgelenk, wir sitzen gerade in einem schönen Auto… Was kommt danach? Hast du noch Träume?

  • Ich gucke gerade nach Häusern hier in der Gegend. Ich wünsche mir drei bis vier Kinder und will dann richtigen King-Shit haben. Gerade gestern habe ich ein Angebot gesehen: 600 Quadratmeter Wohnfläche, 12.000 Quadratmeter Grundstück. Ich weiß nicht, ob das vielleicht noch etwas zu früh ist. Da bist du direkt save mal bei 3 bis 4 Millionen. Ansonsten? Josip hat das mal ganz schön auf den Punkt gebracht. Ich habe ihm von meinen langfristigen Zielen erzählt und er hat das dann für mich ausformuliert: Ich will der rappende David Beckham werden, was den Impact, den Status und die Bekanntheit angeht.

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  • Und musikalisch?

  • Ich weiß es nicht genau. Wenn alles gut geht, dann gehe ich mit dem Album Platin. Aber danach? Bei allen anderen Rappern, die Platin gegangen sind, ist es danach weniger geworden. Ich möchte einfach der erste sein, bei dem das nicht so ist. Ich will derjenige sein, der konstant abliefert und bei dem alles immer größer wird. Es ist, wie ich auf dem einen Song sage, ich will in die Liga von Bushido, Sido und Kool Savas – und ich finde, dass ich auf dem besten Weg dahin bin.