Vega »Ich hab gemerkt, dass ich ein sehr spiritueller Mensch bin.«

Vega hat allen Grund zu guter Laune: Der Frankfurter Rapper konnte sein neues Album »Kaos« jüngst direkt auf dem ersten Platz der deutschen Charts parken.

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Im Gespräch zeigt sich jedoch, dass seine Hochstimmung längst nicht mehr von kurzfristigen persönlichen Erfolgen abhängt, sondern sich aus einer bemerkenswert ansteckenden, neu gewonnenen inneren Ruhe speist. Vega hat sein Leben geändert – und es mittlerweile fest im Griff.

  • Fangen wir doch mal mit den offensichtlichsten Themen an: Wie oft wurdest du nun schon nach deiner neuen Statur und veganer Ernährung gefragt? Und wie viel Bock hast du eigentlich noch, darüber zu sprechen?

  • (lacht) Das ist natürlich gerade das Hauptthema, wie du dir vorstellen kannst. Aber wenn du Bock hast, darüber zu sprechen, dann spreche ich natürlich auch gern noch mal mit dir darüber.

  • Als ich dein Album angehört habe, hatte ich den Eindruck, dass du trotz der großen Veränderungen in deinem Leben dir musikalisch doch treu geblieben bist und nicht alles umgekrempelt hast. Siehst du das auch so?

  • Ich bin da natürlich näher dran und sehe das ein wenig detaillierter, aber für mich ist das musikalisch schon eine sehr große Veränderung. Aber es kann natürlich sein, dass du dich nicht so eingehend mit meiner Musik beschäftigst … (lacht) Vom Sound, von der Message und vom Inhaltlichen her ist es natürlich schon sehr ähnlich zu meiner bisherigen Musik. Und das wird sich auch nie ändern. Aber das Gewand ist ein bisschen anders. Es ist vielfältiger, offener, nicht so engstirnig und verbissen, wie es immer war. Diesmal sind auch ein, zwei Sachen dabei, wo man mal schmunzeln kann. 

  • »In den Jahren mit Hadi hab ich unglaublich viel gelernt. Aber das ist ja meistens so: Wenn viele Fehler gemacht werden, dann hat man auch viel Potenzial, daraus zu lernen.«Auf Twitter teilen
  • Woher kam denn dieses Verbissene, z.B. bei »Nero«?

  • Das hat natürlich mehrere Gründe: Zum einen entstand »Nero« in kürzerer Zeit, in etwa zehn Wochen. Und ich war eben in einer bestimmten Lebenssituation. Ich hab mich scheiße gefühlt, ich war scheiße drauf und dementsprechend hab ich natürlich auch ein Scheißalbum gemacht. (lacht) Nein, das nicht, aber es war schon ein sehr depressives, abgefucktes, meckerndes, trauriges Album. Wäre das über einen längeren Zeitraum entstanden, dann wäre das vielleicht auch anders geworden. Aber wobei auch die zwei Jahre davor generell einfach Schmodder waren. Und deswegen ist auch die Mucke so geworden. Und das war bei »Kaos« jetzt vollkommen anders: Der komplette Prozess hat sich bestimmt über anderthalb Jahre erstreckt und deswegen stecken auch diverse Phasen in so einer Albumproduktion: Du hast einen Sommer, einen Winter, du hast Frühling, du veränderst dich währenddessen auch als Mensch. Das weißte ja selber: Dann haste Winterdepressionen und schreibst eben andere Songs als im Frühling. Und so fließen verschiedene Phasen in die Albumproduktion ein. Und zum anderen hatte ich eben so eine neue, aufblühende Phase nach meiner Trennung von Hadi, meiner Ex-Partnerin und so weiter.

  • Würdest du sagen, dass du dein Leben mittlerweile besser unter Kontrolle hast?

  • Ich würde sagen, dass ich überhaupt die Kontrolle wieder übernommen habe. Davor hatte ich ja gar nix unter Kontrolle, ich hab alles quasi in fremde Hände gegeben und mich darauf verlassen, dass das irgendwie schon geregelt wird. 

  • Damit hast du aber auch deine Außenwirkung zu einem guten Teil aus den Händen gegeben. Das hat sich dann darin niedergeschlagen, dass man dein Management sehr präsent wahrgenommen hat. Außerdem gab es ein paar Dinge, wo man sich fragte, warum du das tust. Stichwort Ritterrüstung im Video. Wie siehst du das aus deiner heutigen Perspektive?

  • Es fühlt sich jetzt so an, als hätte ich keinen besonders großen Schaden davongetragen. Deswegen bereue ich das nicht, es hat mich ja auch wachsen lassen. Es hat mir auch Möglichkeiten aufgezeigt, mich geformt und geprägt. In den Jahren mit Hadi hab ich ja auch unglaublich viel gelernt. Aber das ist ja meistens so: Wenn viele Fehler gemacht werden, dann hat man auch viel Potenzial, daraus zu lernen. Ich habe das Glück, dass ich eine Anhängerschaft habe, die sehr geduldig ist mit mir. Die auch sehr loyal und treu ist. Ich kann das nicht so ganz einschätzen. Vielleicht gibt es auch Leute da draußen, die denken, dass ich ein überkrasser Idiot bin (lacht), aber in meinem direkten Umfeld hab ich das nicht wahrgenommen, dass die Leute besonders nachtragen wären, weil ich Scheiße gebaut hab. Ich denke, wir sind auch in einer Situation, in der wir unser wahres Gesicht zeigen können und jeder weiß, dass wir coole Jungs sind. Die Leute haben auch Bock, uns zu sehen, die freuen sich, wenn sie uns sehen. Gewisse Dinge macht man halt. Die Sache ist ja die: Als wir dieses Ritter-Video gemacht haben, war das in meinem Kopf und in den Köpfen der Leute, die das gedreht und die mir die Idee verkauft haben, der dritte Teil von »Der Hobbit«. Verstehst du, was ich meine? Was am Ende dabei rauskam, war jedoch ein etwas dicklicher Ritter, der nicht gut schauspielern kann. (lacht) Aber das muss eben auch erst mal ausprobieren. Dinge passieren eben – für mich ist das kein Weltuntergang. Wenn es jetzt so übertrieben schlimm wäre, dann würde ich das ja einfach von meinem Kanal löschen – obwohl, vielleicht sollte ich das ja echt machen … (lacht) Aber das ist zum Beispiel der Lieblingssong von Moses. Vielleicht liegt es an seiner Gutherzigkeit, dass er über das Video nicht schlecht redet. Und ich glaube auch, eine Menge Leute sehen verrückterweise nicht mal, wie scheiße das Video ist. (lacht)

  • Aber du findest es scheiße, ja?

  • Ja, auf jeden Fall. 

  • Wie sehr findest du dich denn in dieser Phase vor deiner Veränderung überhaupt noch wieder?

  • In der Phase ging es mir generell einfach nicht gut. Es gibt aber trotzdem eine Reihe von Stücken, die ich immer noch geil finde. Es ist ja nicht alles schlecht, was in dieser Zeit rumkam – aber ich finde die Musik aus der Zeit nicht so gut, wie ich jetzt »Kaos« oder damals »Lieber bleib ich broke« gut finde. Menschlich gesehen ist das natürlich eine schwierige Sache: Man kuckt sich das an und sieht jemand Fremdes. Jemanden, der verschlossen, unfit und ungesund ist. Und das ist schon etwas anderes.

  • »Als wir dieses Ritter-Video gemacht haben, war das in meinem Kopf und in den Köpfen der Leute, die das gedreht haben, der dritte Teil von ›Der Hobbit‹. Was am Ende dabei rauskam, war jedoch ein etwas dicklicher Ritter, der nicht gut schauspielern kann.«Auf Twitter teilen
  • Auf dem Album selbst verarbeitest du ja auch ein paar Dinge aus dieser Zeit. Ein Song beschäftigt sich mit einer zu Ende gegangenen Beziehung, richtig?

  • Naja … Da geht es eher darum, dass man sich rastlos fühlt. Ansonsten ist der Song frei für Interpretation, jeder soll sich da reindenken können. Das ist das, was ich an Musik, an Rap immer geil fand. Das ist auch der Grund, warum die Leute immer das Buch geiler finden als den Film: Weil sie die Möglichkeit haben, sich die Geschichte selbst zu denken. Wenn du eine Szene in einem Buch liest, wo ein Raum beschrieben wirst, dann hast du deinen Raum und ich hab meinen Raum. Und die sehen höchstwahrscheinlich völlig verschieden aus. Weil jeder denkt es sich so zurecht, wie er es am liebsten hätte. Und deswegen gebe ich das nicht so gern vor. Ich kann nur sagen: Für mich persönlich ist das keine Liebesgeschichte. Es geht nicht um eine Person, es geht um ein Gefühl. 

  • Also hab ich das so interpretiert, weil das in meinem Kopf auf eine Liebesgeschichte passen würde?

  • Ja. Hast du Liebeskummer? Können wir dir helfen? (lacht)

  • Ist das auch der Grund, warum du Dinge nicht so konkret ausformulierst, man sich aber trotzdem denken kann, was gemeint ist? Da wären etwa »Rapper auf RTL2«. Oder dein »ausgeflippter Manager«. 

  • »Ausgeflippter Manager« soll kein Diss sein. Ausgeflippt ist einfach das Wort, dass das ganz gut beschreibt – und das hat negative und positive Aspekte. Und das ist auch einfach ein Wort, das wir sehr oft benutzen. Und »Deutsche Rapper auf RTL2« meint Kay One. Da hab ich einfach nicht seinen Namen gesagt, weil ich damit auch alle ansprechen will, die das in Zukunft machen werden. Das gilt auf Lebzeiten. Aber ich hätte auch »RTL2 und Vox« sagen können, denn ich fand die MC-Fitti-Geschichte genauso ciao. Ich denke, man weiß, was ich damit meine: Irgendwelche Rapper, die quasi die Kultur verkaufen an irgendwelche Trash-TV-Formate – bzw. an Trash-TV-Sender, denn die sind ja komplett geprägt von so Scheißformaten. Da muss man also nicht viel reininterpretieren, man weiß eigentlich, was ich damit meine. Dass ich das so sage, kommt einfach beim Schreiben: Es hört sich nie geil an, wenn du das so auf den Punkt formulierst.

  • Savas sagte in einem Interview sinngemäß, dass er zwar oft konkrete Leute meint, sie aber nicht mit Namen nennt, um diese Gossip-Maschinerie nicht zu bedienen. Ist das auch etwas, das dich nervt, dass ein großer Teil der Publicity auf Gossip und Beef beruht?

  • Mich nervt, dass es Rapper gibt, die ich nur aus diesen HipHop-Gossip-Medien kenne. Rapper, die ich dadurch kennen gelernt habe, bevor ich ihre Mucke kannte. Das ist schlicht und ergreifend keine gute Entwicklung. Rap ist immer ein Skill-Ding gewesen. Ich will von jemandem hören, weil er ein überkrasser Rapper ist. Ich will nicht von jemandem hören, weil er den und den abgefuckt hat und den und den Hurensohn genannt hat. So jemand sollte für so was auch gar keine Plattform bekommen, so jemand sollte dafür weder Props noch Aufmerksamkeit bekommen. Das hat einfach nichts mit dem zu tun, was wir eigentlich machen. Und natürlich halte ich mich auch gezielt da raus. Ich hätte Möglichkeiten, mich überall einzuschalten. Aber ich versuche, da nicht einfach mitzulaufen. Zum Beispiel das Thema Tugce neulich: Ich fand das ehrlich gesagt ciao, dass da nach vier Minuten hunderttausend Leute ihren Senf dazu geben. So tragisch und traurig wie das ist: Keiner wusste zu dem Zeitpunkt irgendwas! Ich will niemandem sein Mitgefühl absprechen, aber mich hat das brutal genervt, dass durch diese Diskussion eine Heldin auf der einen Seite und ein Bösewicht auf der anderen Seite erschaffen wurde – und das innerhalb von ein paar Minuten. Und wenn die Hauptinformationsquelle zu dieser Geschichte die »Bild«-Zeitung ist, dann muss man da ganz vorsichtig sein. Und bei so was will ich nicht blindlings mitmachen und irgendwas zum Thema sagen, nur weil ich damit Aufmerksamkeit auf mich lenke. 

  • »Mich nervt, dass es Rapper gibt, die ich nur aus diesen HipHop-Gossip-Medien kenne.«Auf Twitter teilen
  • Glaubst du, dass es dir in gewisser Weise schadet, dass man eigentlich nur dann von dir hört, wenn du gerade etwas veröffentlicht hast und du nicht zu diesem Kanon von Rappern gehörst, die zu jedem Thema etwas zu melden haben?

  • Es schadet nicht, aber es limitiert dich natürlich. Wobei da auch dazusagen muss, dass es Rapper gibt, die diesen Zirkus mitmachen, aber trotzdem relativ unerfolgreich Musik machen. Weil es eben auch nicht langt, nur das zu machen. Das ist eine Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber dann muss am Ende des Tages auch das Produkt überzeugen. Ich denke, dass man das in unserem Fall gut einfädeln könnte, aber zum einen ist mir das viel zu ekelhaft und zum anderen viel zu anstrengend. Und man müsste sich vermutlich auf eine Seite schlagen. Ich mag das einfach generell nicht. Ich hab diese Art, Promo zu machen, noch nie gefeiert. 

  • Wie sehr hat das mit Haltung zu tun?

  • Kuck mal, das sind letztendlich einfach Marketing-Moves. Es gibt zwei Arten von erfolgreichen Rappern, die zwei verschiedene Wege gehen. Auf der einen Seite gibt es Leute wie Savas, Moses, Azad – mittlerweile kann man auch Sido da dazurechnen – die sehr erfolgreich sind und sich komplett aus dieser Gossip-Welt raushalten. Bei Sido war das anfangs natürlich anders, aber ein Savas hat das ja noch nie gemacht. Aber dann gibt es die andere Seite, die auch sehr erfolgreich ist. Wenn ich mich entscheiden kann für einen Weg, dann gehe ich den Savas/Azad-Weg. Wenn die Leute damit klarkommen, sich auf Facebook die ganze Zeit öffentlich mit anderen Leuten zu streiten, dann sollen die das ruhig machen. Aber ich bewerte die ganzen Leute dann trotzdem nach der Mucke. Das ist alles, was mich interessiert. Ich hab zum Beispiel auch das Haft-Album gefeiert, obwohl ich ein, zwei Videos moralisch nicht so cool fand. Aber ich feiere den Künstler, selbst wenn ich manche Marketing-Moves vielleicht nicht feiere. Letztendlich muss das jeder Künstler selbst entscheiden.

  • Wie wichtig ist Moral für dich grundsätzlich in deinem Leben und in deiner Karriere?

  • Ich versuche, mich persönlich mit Leuten zu umgeben, mit denen ich menschlich auf einer guten Ebene bin. Ich will das, was ich mit diesem Label mache, für sehr lange Zeit machen. Nicht fünf Jahre, sondern 25 Jahre. Vielleicht nicht als Rapper, aber als jemand, der da arbeitet. Deswegen will ich Leute um mich haben, die korrekt sind. Wir sind zwar alles Chaoten und bauen Scheiße, aber darum geht es nicht. Und natürlich sage ich viele Sachen in Songs, die grenzwertig sind. Und ich weiß, dass sich viele Kids Sachen von mir abkucken. Deswegen versuche ich, nicht nur gequirlte Scheiße zu babbeln und den Kids nach Möglichkeit ein bisschen was Positives auf den Weg zu geben. Nimm als Beispiel Sido: Ich bin nie der größte Fan von ihm gewesen, aber ich hab sein letztes Album gehört – und das ist schon sehr erwachsen. Da hört man vielleicht ein bisschen den Vater raus, aber er kann dort auf dieses Koksen, Bumsen, »Ich hau jedem auf die Fresse« verzichten und trotzdem sehr viele Alben verkaufen.

  • Sido hat zu dem Thema mal gesagt, dass er eine gewisse Verantwortung fühlt, diese Verhältnisse, diese Verrohung mit etabliert zu haben – und dass er das eigentlich gerne anders hätte.

  • Und das ist unglaublich groß. Das feier ich unglaublich. Ich bin ja selber nicht frei davon: Ich schüre ja auch Hass gegen die Bullen, ich sag »Fotze« und »Missgeburt« – aber ich versuche den Leuten trotzdem zu sagen, dass sie versuchen sollen, alles cool zu machen. Mich hat zum Beispiel »Leben« von Azad unglaublich beeinflusst. Das war auch Battle-Rap, da gab’s auch auf die Schnauze, aber dann waren da auch Sachen drin wie: »Sei ein guter Mensch, denn dein Charakter bestimmt dein Schicksal.« Ich war 16, als ich das gehört habe, und er war der Größte für mich. Und wegen ihm hab ich versucht, ein guter Mensch zu sein. Und genauso gibt es da draußen Kids, die wegen wem auch immer anfangen, z.B. Koks zu nehmen und Leuten auf die Schnauze zu hauen. Und dieser Verantwortung muss man sich zumindest bewusst sein. Und wenn man sich dessen bewusst ist, dann fängt man an, seine Mucke anders zu machen – zumindest teilweise. 

  • »Karma ist meiner Meinung nach nichts, woran man glauben muss. Das ist etwas ganz Natürliches.«Auf Twitter teilen
  • Wann hast du das denn gecheckt, dass du in der Hinsicht Verantwortung trägst?

  • Da gab es keinen Schlüsselmoment, kein Ereignis, wo ich ein Kind in den Herointod getrieben habe mit meiner Mucke. (lacht) Aber es gab eine Phase in meinem Leben, in der ich einfach bewusster geworden bin. Was auch die Phase ist, in der ich aufgehört habe, Fleisch zu essen. Ich hab viel nachgedacht und irgendwann meinen ganzen Frust als Reset-Knopf gesehen. Ich habe gemerkt, dass ich ein sehr spiritueller Mensch bin. Und ich denke, dass ich die Möglichkeit habe, eine relativ große Masse von jungen Leuten zu erreichen mit einer Musik, die diese Leute wirklich im Innersten berührt, die sie begleitet, die ihnen hilft. Und das ist ein großes Geschenk. Das hört sich jetzt groß an, aber es ist so: Ich bin zu einem großen Teil an der Erziehung von solchen Jungs beteiligt. Ich weiß das, weil es bei mir so war. Und wenn ich als 14-Jähriger vier Bruce-Lee-Filme hintereinander gekuckt habe, dann hab ich danach meinen gleichaltrigen Cousin mit ‚nem Highkick weggetreten. Das ist einfach Fakt. Und das darf man nicht unterschätzen.

  • Nun könnte man aber auch einfach drauf scheißen und sich sagen: Die Kids sind letztendlich selbst dafür verantwortlich, was sie aus ihren Einflüssen machen. Was ist also deine Motivation? Glaubst du an Karma?

  • Das ist meiner Meinung nach nichts, woran man glauben muss. Das ist etwas ganz Natürliches. Das fängt ja schon im Kleinen an: Wenn ich hier zur Tür reinkomme, meine Arme öffne und lache, dann verändert sich deine Energie sofort zum Positiven. Wenn ich reinkomme und eine Fresse ziehe, bist du direkt abgeturnt. Da gibt es also eine direkte Wirkung. Alles, was du machst, hat eine energetische Wirkung. Ich sende etwas aus, und meine Umwelt reagiert darauf. Und das ist kein Hexenwerk.

  • Wie viel hast das damit zu tun, dass du keine Tiere isst? Hat das eher mit körperlicher Gesundheit zu tun oder mit Karma?

  • Es gibt genügend Möglichkeiten, sich sehr ungesund zu ernähren, ohne Fleisch zu essen. Von daher ist bei mir dieser gesundheitliche Aspekt nicht so groß. Bei mir hat das vor allem einen ethischen Hintergrund. Und da geht es nicht darum, dass ich Angst davor habe, später irgendwann für meine heutigen Handlungen auf die Fresse zu kriegen. Sondern es ist das einzig Richtige. Das ist der einzige Weg, wie ich mein Leben führen kann, ohne eine Last auf meinen Schultern zu haben. Es gibt zwei Arten, sich zu ernähren: Die eine zieht andere Lebenwesen in Mitleidenschaft; etwa, wenn du Milchprodukte, Ei oder Fleisch isst. Und es gibt eine andere Ernährungsweise, wo das nicht der Fall ist. Und wenn man die Möglichkeit hat und stark genug ist, dann sollte man sich für letztere entscheiden. Aber ich bin da nicht intolerant, so ist das nicht. Du kannst neben mir Rostbraten essen, wenn dich das glücklich macht – ich werde deswegen nichts zu dir sagen. Es ist mir nicht egal, und wenn mich jemand nach meiner Meinung fragt, dann sag ich sie. Aber ich bin nicht Jesus, ich hab 29 Jahre lang achtmal die Woche Leberkäsbrötchen gegessen. (lacht) 

  • »Es ist besser, Fleisch zu essen und dich kopftechnisch gut zu fühlen, als kein Fleisch zu essen und das als Qual zu empfinden.«Auf Twitter teilen
  • Im Zusammenhang mit veganem Leben ist oft davon die Rede, dass man dadurch kein Leid verursacht. Und das nicht nur in Bezug auf andere Lebewesen, sondern auch auf sich selbst.

  • Das stimmt, man behandelt seinen Körper ja besser. Aber da ist bei mir ein eher kleiner Punkt: Das fängt ja schon bei Kaffee an; Koffein ist ja ein Nervengift. Jegliche Zusätze, Glutamat, künstliche Süßstoffe etc. Ich bin schwer Cola-Light-abhängig – das ist also ein Fass ohne Boden. Da ist die einzige Lösung, ins Rheingau zu ziehen und alles selbst anzubauen. Aber das ist ja oberschwer.

  • Ich versuche nur zu verstehen, ob das bei dir nun eine Phase ist oder ein Lifestyle, der dich irgendwann tatsächlich in den Selbstversorgergarten im Rheingau führen wird. 

  • Das wäre natürliche der Idealfall, das ist ein kleines bisschen mein Wunsch und mein Ziel. Aber das ist jetzt gerade noch unrealistisch. Ich hab da schon Phasen, dass ich mich zum Beispiel mal zwei Wochen lang nur rohköstlich ernähre. Aber dann gibt es auch Phasen, in denen ich nur Hummus und Cola Light zu mir nehme. Aber aus dem Fleischessen bin ich raus, das ist für mich durch. Klar, ich bin jetzt seit einem Jahr fleischlos und es gibt Leute, die werden nach zehn Jahren wieder rückfällig. Aber das wird mir nicht passieren, da bin ich mir sicher. Das sind natürlich sehr hohe Ansprüche an mich selbst, die ich da habe. Aber jeder Tag hilft, weißte? Und man darf eines nicht vergessen, was diesen gesundheitlichen Aspekt angeht: Es ist besser, Fleisch zu essen und dich kopftechnisch gut zu fühlen, als kein Fleisch zu essen und das als Qual zu empfinden. Du musst dich bei allem, was du machst, gut fühlen.