Sergio Hernandez Eazy-E zu Ehren

Sergio Hernandez ist Eazy-E-Fan und betreibt seit elf Jahren eine Tribute-Webseite über die Westcoast-Rap-Legende. Im Interview mit Philipp Killmann spricht er über Eazy-Es Erbe.

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Eric »Eazy-E« Wright steht immer noch im Schatten der ebenso viel zu jung verstorbenen Rap-Ikonen Biggie oder Tupac Shakur. Daran hat auch der Kinofilm »Straight Outta Compton« nicht allzu viel geändert. Dabei halten nicht wenige Eazy-E für den Godfather of Gangsta-Rap, der bis heute nicht die Anerkennung erfährt, die er ihrer Meinung nach verdient hätte. Einer von ihnen ist Sergio Hernandez. 
Noch als Grafik-Design-Student verschrieb er sich der Pflege des Erbes seines Rap-Idols und rief am 26. März 2005, dem zehnten Todestag von Eazy-E, die Website www.eazy-ecpt.com ins Leben. Elf Jahre später hat das Forum der Seite über 12.000 Mitglieder, die in rund 20.000 Threads bis dato knapp 250.000 Posts hinterlassen haben. Wer auf der Suche nach Infos über Eazy-Es Musik, sein Label Ruthless Records, sein Leben und Tod oder auch über das riesige Flanellhemd ist, das Eric Wright in »Real Muthaphukkin‘ G’s« trug, wird dort fündig.


Mittlerweile hat Sergio mit »Ruthless Memories« auch eine sehenswerte dreiteilige DVD-Dokumentation über Eazy-E gedreht, in der sich Familienangehörige, Freunde und Wegbegleiter an den Gründer von N.W.A und Ruthless Records erinnern. Dazu unterstützt der dreifache Familienvater neue Musikprojekte einstiger Künstler von Ruthless Records und organisiert jedes Jahr im September eine Eazy-E-Tribute-Show, bei der sich Rapper von Cold 187um über B.G. Knocc Out bis zu Lil Eazy-E und Baby Eazy die Klinke in die Hand geben.
 ALL GOOD-Autor Philipp Killmann hat mit dem 38-Jährigen aus Downey, Kailfornien wenige Wochen vor dem Tod von Eazy-Es ehemaligen Manager Jerry Heller gesprochen – über seine Lowrider fahrenden Onkels, denen er die Entdeckung von Eazy-E verdankt, über die Todesursache von Eazy-E und den Film »Straight Outta Compton«.

  • Wie bist du auf die Idee für die Website gekommen? Hattest du das Gefühl, dass Eazy-Es Erbe nicht angemessen am Leben gehalten wurde?

  • Genau das war der Grund. Damals waren schon zehn Jahre seit seinem Tod vergangen. Und ich fand es schade zu sehen, wie wenig Liebe und Aufmerksamkeit durch die Medien und die Rap-Industrie erfuhr. MySpace und Facebook waren noch nicht durch die Decke gegangen, also richtete ich die Website Eazy-ECPT.com mit einem Forum ein, in dem sich Fans miteinander austauschen können. Als dann MySpace immer größer wurde, nutzte ich es, um meine Seite bekanntzumachen. 

  • »Die Website betreibe ich in meiner Freizeit, einzig und allein Eazy-E zuliebe.«Auf Twitter teilen
  • Jerry Heller sagte mir in einem Interview, dass du hauptberuflich als Busfahrer arbeitest.

  • Ja, richtig. Seit ungefähr 2011 bin ich Busfahrer. Die Website betreibe ich in meiner Freizeit, einzig und allein Eazy-E zuliebe.

  • Verdienst du gar nichts an der Seite?

  • Ich nutze die Website inzwischen hauptsächlich dafür, Künstler der Ruthless-Familie und Projekte wie meine Eazy-E-Dokumentation »Ruthless Memories« zu bewerben. Ich möchte denjenigen Künstlern helfen, für die Eazy-E selbst noch eine Vision hatte: für Dirty Red, für B.G. Knocc Out und so weiter, aber auch für seine Kinder. Ich habe zwar ein paar Google Ads, aber die bringen nur ein paar Cents am Tag. An manchen Tagen nicht mal das. Nicht besonders profitabel also. Wie gesagt, ich mache es in erster Linie aus Liebe zu Eazy und Ruthless.


  • Was magst du so an Eazy-E und wie bist du überhaupt auf seine Musik aufmerksam geworden?

  • Ich war noch ein Kind und fand seine Stimme einfach super. Ich war acht Jahre alt, als ich erstmals seine Musik hörte. Damals pumpten meine Onkels seine Musik in ihren Lowridern. Ich behielt das immer irgendwie im Hinterkopf, bis ich älter war und ihn für mich wiederentdeckte. Da war ich dann 14 Jahre alt, und seitdem lässt mich seine Musik nicht mehr los.

  • Wie bist du mit all den Leuten aus Eazy-Es Umfeld, die du für »Ruthless Memories« interviewt hast, in Kontakt gekommen?

  • Ich habe an der Dokumentation von 2006 bis 2012 gearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt war Eazy noch nicht so bekannt wie heute nach dem N.W.A-Film. Deshalb waren alle Leute, die ich ansprach, sehr froh, ihre Geschichte erzählen und ein Teil der Doku sein zu können.

  • Aber wie hast du diese Leute erreicht?

  • Zuallererst kam ich über MySpace mit Dirty Red in Kontakt. In dem Forum meiner Website posteten Leute alles Mögliche, das einen Bezug zu Ruthless und Eazy hatte, und tauschten sich darüber aus. Dann gab es MySpace, und als Facebook kam, war mein Forum so gut wie tot. Aber über Facebook kam ich dann mit all den anderen in Kontakt. Die einzigen, die ich über MySpace kennenlernte, waren Dirty Red und Jerry Heller.

  • Dein Forum war so gut wie tot?


  • Ja, als Facebook und andere soziale Medien auftauchten, gingen die Mitgliederzahlen von vielen Foren zurück. Wenn du dir mein Forum ansiehst, wirst du feststellen, dass die größte Aktivität von 2005 bis vielleicht 2007 stattgefunden hat. Heute wird das Forum nur noch relativ wenig genutzt, aber damals war da jeden Tag was los. Facebook und andere soziale Medien haben es kaputtgemacht, aber hin und wieder registrieren sich doch noch ein paar neue, echte Fans. Es lohnt sich, denn es verfügt über sehr viele interessante Informationen und Tausende von Posts.

  • Was mir an deiner Dokumentation »Ruthless Memories« gefällt, ist, dass etwa all die verschiedenen Meinungen über das Verhältnis zwischen Eazy-E und Jerry Heller oder auch zu Eazy-Es Tod aufgezeigt werden.


  • Das freut mich. In Bezug auf Eazy-Es Tod habe ich das Gefühl, dass er möglicherweise umgebracht worden ist, und zwar, weil er in der Musikindustrie zu viel Macht erreicht hat. Keine Ahnung, von wem er getötet worden sein könnte. Aber das ist so ein Gefühl, das ich habe…

  • Was meinst du mit »zu viel Macht«?

  • Ich meine, er machte monatlich Millionen von Dollars. Das ist Macht. Und er hatte große Pläne. Er plante eine eigene Radiostation, und wer weiß, was er sonst noch alles mit all seinem Geld angestellt hätte.

  • Hast du von MC Ren, DJ Yella oder Jerry Heller, also Leuten, die du selbst interviewt hast, mal Feedback auf deine Arbeit bekommen?


  • Nein, ich habe von keinem der N.W.A-Mitglieder Feedback erhalten. Aber Jerry Heller findet super, was ich tue, und hat meine Websites immer unterstützt.

  • Hast du mal versucht, mit den heutigen Verantwortlichen von Ruthless Records in Kontakt zu treten oder sie für deine Doku zu gewinnen?

  • Ich habe Tomica Wright um ein Interview gebeten, aber sie lehnte ab.

  • Aus welchem Grund?

  • Sie sagte, sie könne kein Interview geben, da sie mit dem N.W.A-Film ausgelastet sei.

  • Im Herbst letzten Jahres erzähltest du mir, dass Ruthless Records sich bei dir mit Fragen zum Urheberschutz gemeldet habe. Damals befürchtetest du, man könnte dich verklagen. Was ist daraus geworden?


  • Tomica wollte sich mit mir treffen. Ich fragte sie, wann und wo, aber habe dann nie wieder von ihr gehört. Komisch.



  • »Der Film ist sehr gut, er hat mir sehr gut gefallen.« Auf Twitter teilen
  • Wie hat dir denn »Straight Outta Compton« gefallen?

  • Der Film ist sehr gut, er hat mir sehr gut gefallen. Auch wenn für Hollywood ein paar Stellen frei erfunden waren. Echte Fans wissen, welche Filmszenen sich so in Wirklichkeit nicht abgespielt haben und frei erfunden waren. Deshalb sollte jeder, der den Film gesehen hat, sich anschließend meine Dokumentation ansehen, um einige echte Fakten über Eazy-E zu erfahren.

  • Ist jemand von den Machern des Films vorab auf dich zugekommen, um für den »Straight Outta Compton« auf dein Archiv zurückzugreifen?


  • Nein, bei mir hat sich niemand gemeldet.

  • Was hältst du davon, dass Jerry Heller die Macher des Films (weitesgehend erfolglos) verklagt hat?

  • In Anbetracht dessen, wie sie ihn in dem Film dargestellt haben, halte ich es für sein gutes Recht, sie zu verklagen.

  • Gibt es weitere Projekte, an denen du gerade arbeitest?


  • Ich bin dabei, ein Ruthless Family-Album namens »Disciples of E« zusammenzustellen, gemeinsam mit Cold 187um, Dirty Red, JJ Fad, Pistol und vielen anderen. Die Beats dafür kommen übrigens von einem deutsch-serbischen Produzenten namens Yu-Lekz. Er ist ein genauso großer Fan von Eazy-E und Ruthless wie ich. Sobald ich meinen Reisepass und genug Geld zusammenhabe, werde ich ihn mal in Deutschland besuchen. Er will auch in die USA kommen. Bislang kommunizieren wir meistens über Facebook, aber wir sind Homies seit dem Beginn von Eazy-ECPT.com.