Enaka & Schote »Die Leute haben mittlerweile verstanden, dass deutscher Rap Qualität hat.«

Straight outta Karlsruhe, crazy motherfuckers named Schote und ENAKA. Die beiden Jungs aus BaWü haben gerade bei WSP unterschrieben und feiern ihren Einstand mit der »Neue Bars Sued«-EP. Ein Interview über Vor- und Nachteile des VBT, die HipHop-Polizei und Herrn Lehmann.

Schote

»›Ich diss dich‹ – Finn, des geht noch konkreter, Luft muss raus, Mucke laut wie ein Trompeter / Egal was ich sag’, sie finden diesen Flow mega / Wenn nicht mit Rap, dann als Bauch-Beine-Po-Trainer!« Zeilen wie diese über einen Beat, der an Früh-2000er-Sound aus ATL erinnert und in der Hook mit einem Vocalcut aus Sidos legendärem Hoodreport daherkommt.

Schote und ENAKA, den man spätestens seit »Füchse 2015« von Zugezogen Maskulin und LGoony ahnen sollte, machen so einiges richtig. Gerade hat das ehemalige WG-Pärchen bei Wortsport unterschrieben und bringt nach der »Purple Rock Cocaine«-EP im Jahr 2012 jetzt gleich die nächste Extended Play mit dem schönen Namen »Neue Bars Sued« heraus.

  • Soweit ich weiß, seid ihr beide WG-Mitbewohner, oder?

  • ENAKA: Waren wir, ja. Wir beide haben auch noch mit dem Curlyman zusammengewohnt, der mittlerweile nach Berlin gezogen ist. Die Wohnung war zwar richtig scheiße, aber wir hatten enorme Freiheiten, was die Lautstärke angeht. Deswegen war es dort schon ganz geil.

  • Habt ihr da denn dann auch den ganzen Tag Musik gemacht oder neigt man auch zum Rumhängen?

  • ENAKA: Es hat jeder in seinem Zimmer viel gemacht – wenn Schote dann mal rüber zu mir ins Zimmer gekommen ist und einen geilen Beat gehört hat, hat er eben drauf geschrieben. Es ist eher selten vorgekommen, dass wir gesagt haben: »Heute um 18 Uhr machen wir Musik!« (lacht)

  • Schote: Rap lag immer in der Luft!

  • Auch schon, als ihr 2009 eure erste gemeinsame EP mit dem Namen »Spektralinferno« gemacht habt, oder?

  • ENAKA: Das war schon eine geile Zeit – aber aus heutiger Perspektive hätte ich die Tracks manchmal gerne nicht gemacht.

    Schote: (lacht)

  • Warum?

  • ENAKA: Naja, man hatte halt unfassbar viel Zeit für Musik und wir haben in einem ganz komischen Keller ein Studio gehabt. Da ist man nur reingekommen, wenn man durch mehrere Tiefgaragen gegangen ist. Das ist schon eine coole Erinnerung an damals – aber stolz bin ich auf die Tracks nicht.

  • Das ist eben auch manchmal das Problem daran, dass wir in einer Zeit leben, in der man seine Musik ins Netz stellt und sie von dort dann auch nicht mehr so leicht verschwindet. Wie stehst du, Schote, denn im Hinblick darauf zu deiner VBT-Vergangenheit?

  • Schote: Ich bereue das gar nicht. Das Format ist nicht unbedingt das geilste, aber ich habe durch das VBT sehr viel Aufmerksamkeit bekommen. Ich kann die Sachen ehrlich gesagt nicht mehr hören, aber es ist schon okay, dass ich da mitgemacht habe. Ich möchte nur nicht immer damit verbunden werden.

  • Hat die Teilnahme dich als Rapper denn in irgendeiner Weise geschult?

  • Schote: Was die Arbeitsweise angeht, war das schon eine Art Training. Man hat ja immer gut zwei Wochen Zeit gehabt, um einen Track zu machen. Das ist schon gut, weil dadurch ein Druck von außen entsteht und man lernt, in kurzer Zeit einen guten Track zu machen. Aber mir war das immer unangenehm, wenn Leute zu einem gekommen sind und Sachen wie »Den GeOT finde ich auch scheiße!« gesagt haben. Die haben nicht gerafft, dass das völlig egal ist, gegen wen man da battlet. Mir war das immer scheißegal. Das waren einfach Namen. Im VBT zu battlen, heißt ja nicht, einen Disstrack gegen jemanden zu schreiben, den man scheiße findet.

  • »Das VBT war keine Herzensangelegenheit.«Auf Twitter teilen
  • Gab es denn einen Punkt, an dem du das VBT hinter dir gelassen hast, weil du gerne als eigenständiger MC wahrgenommen werden wolltest?

  • Schote: Klar. Das VBT war halt keine Herzensangelegenheit, bei der ich ständig gedacht habe, dass ich unbedingt mal gegen diesen oder jenen Typen battlen will. Das ist bei Musik eben anders. Da hat man klare Ziele vor Augen und will einen Track machen, der so oder so ist. 

  • Das hört man ja auch an eurer »Purple Rock Cocaine«-EP, die 2013 erschienen ist.

  • Schote: Die EP war wichtig, weil insbesondere ich einfach machen konnte, was ich wollte. Es hat Bock gemacht, das selber zu entscheiden.

  • Wie seid ihr dahingehend denn bei »Neue Bars Sued« vorgegangen?

  • Schote: Wir haben einfach zusammengesessen und rumgebastelt. Es gab da gar kein bestimmtes Ziel. Wir haben nur gesagt: »Einfach machen!« Das war echt schön.

  • Der Titel weckt bei mir natürlich sofort Assoziationen zum Buch »Neue Vahr Süd« von Sven Regener.

  • Schote: (lacht) Nice! Man hat natürlich immer das Problem, dass man nicht weiß, wie man ein Release nennen soll. Ich lese eigentlich sehr wenig, aber mochte das Buch total gerne – und irgendwie passt es vom Style total gut. Der Lifestyle von Herrn Lehmann war bei uns eine Zeit lang auf jeden Fall ähnlich. (Gelächter) Ich fand den Namen einfach geil und es muss nicht unbedingt interpretiert werden.

  • ENAKA, als Produzent, der ja auch viel für Schotes VBT-Beiträge gemacht hat, warst du trotzdem immer eher im Hintergrund, oder?

  • ENAKA: Ja, voll. Ich bin da auch kein Fan von und habe mich nie hingestellt und gesagt: »Findet mich jetzt bitte alle mal geil!« (lacht) Ich mache einfach Beats und wenn die gut sind und jemandem gefallen, ist mir das viel lieber. Diese Anonymität als Produzent ist viel geiler, als auf der Bühne herumzuhüpfen. Aber ich muss sagen, dass es derzeit schon auch Spaß macht, zu sagen: »Hier, hört das mal an, das habe ich gemacht!«

  • Der Beat zu »Füchse 2015« von Zugezogen Maskulin und LGoony stammt ja auch von dir. Da gab es ja einige, die gesagt haben: »Wer ist denn der Dude, der den Original-Beat so schön interpretiert hat?«

  • ENAKA: Ja? Das ist geil. Wir kriegen das hier in Karlsruhe ja nur bedingt mit. Es sei denn, man liest die Kommentare. Da sieht man ja, dass ich ein äußerst inniges Verhältnis zur HipHop-Polizei habe. (Gelächter)

  • Ein Deutschrap-Klassiker, der auf diese Art und Weise neu interpretiert wird, ruft natürlich einige Traditionalisten auf den Plan.

  • Schote: »Was fällt ihm ein?«

  • ENAKA: Die Idee war von Anfang an, das Dingen völlig zu verwursten. Das erste, was ich gemacht habe, war das Sample rückwärts laufen zu lassen. Das war schon geil.

  • »Füchse« ist ja auch nicht der erste Klassiker, den du neu interpretiert hast. Für eine MOT-Runde von Schote hast du auch »Bei mir« von M.O.R. nachgebaut, oder? Wie geht man bei solchen Reworks denn an die Arbeit ran? Ich würde behaupten, der Respekt vor dem Original ist ja schon extrem groß, oder nicht?

  • ENAKA: Ein Stück weit schon, aber ich würde – und das ist natürlich Interpretationssache – nie so weit gehen, zu sagen, dass ich das Original kaputt mache. Ich interpretiere das einfach für mich oder uns neu. »Bei mir« war zum Beispiel eine ganze Zeit mein Lieblingslied. Beim Machen habe ich da gar nicht so viel darüber nachgedacht. Es hat einfach sehr viel Spaß gemacht, das Ding zu flippen. Ich habe ein paar Stunden gebraucht, um den Synthie nachzubauen, dann haben wir einen Nachmittag da gesessen und versucht, die Stimme so wie im Original klingen zu lassen.

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  • Gibt es denn die Idee, vielleicht ein ganzes Album mit Neuinterpretationen zu machen?

  • ENAKA: Nein, bis jetzt nicht. Es macht ab und an einfach Spaß, eine Hommage an andere Tracks zu machen. Aber ich muss aufpassen. Weil ich für »Steig ein« das Vocalsample von Sido verwendet habe, haben die Leute in den Kommentaren geschrieben, dass man das nicht hätte klauen dürfen. Ich muss mit der HipHop-Polizei wirklich aufpassen!

  • Produzierst du eigentlich oft um Acapellas herum? Viele deiner Beats auf Soundcloud verwenden ja auch Vocalspuren von Rap-Tracks mit R&B-Einschlag.

  • ENAKA: (lacht) Ich produziere auch viel ohne Acapellas. Manchmal finde ich es halt langweilig, wenn ein Instrumental leer ist – und wenn niemand darauf rappt, baue ich mir da eben etwas eigenes zusammen.

  • Wie würdest du denn den Sound auf »Neue Bars Sued« beschreiben? »Steig ein« hat für mich sofort so eine Art DJ-Toomp-Vibe gehabt.

  • ENAKA: Ja, voll! (lacht) 

  • Gleichzeitig gibt’s aber auch eher klassische Dinger. Im Pressetext ist ja von ›Boomtrap‹ oder ›Soulbap‹ die Rede …

  • ENAKA: Namen für Sounds finden finde ich immer total schwer. Andererseits ist es auch sehr interessant, wenn Leute unseren Sound beschreiben. Eigentlich sollte ›Boomtrap‹ auch der Name unserer EP werden, aber dann ist uns Illmind dazwischengekommen.

  • Schote, das Sido-Vocalsample und die »Bei Mir«–Neuinterpretation – du bist schon krasser Deutschrap-Fan, oder?

  • Schote: Ich höre sehr viel deutschen Rap, was manchmal auch sehr unangenehm sein kann. (lacht) Es beeinflusst mich nicht unbedingt, aber ich mag Sprache und wie Leute sie benutzen. Das analysiere ich auch immer gerne. Deutscher Rap hat sich in den letzten Jahren ultra krass entwickelt. Das ist schon verschickt. Mittlerweile kann man ohne peinlichen Moment sagen, dass man deutschen Rap hört. Die Leute haben mittlerweile verstanden, dass deutscher Rap Qualität hat.