Donato Die Essenz von »Enzo«

Schon lange bevor Deutschrap über Nacht zum Emo wurde, kehrte Donato auf den Alben »Damals wie heute« und »Angst« sein Innerstes nach Außen. Jetzt ist Donatos dritte Platte mit Features von Moses Pelham, Tatwaffe und Jinx erschienen. Jan Wehn hat den Dortmunder gebeten, die Essenz von »Enzo« darzulegen.

Donato
  • Das Cover

  • Ein Großteil des Covers kommt von Redrum. Ich habe ihm gesagt, wenn ich an Enzo denke, dann denke ich daran, wie der Junge von seinem Vater hinters Haus geführt wird und der Vater sagt: »Guck mal hinauf in den Himmel, Kind!« Diese Szene gab es auch genau so in meiner Kindheit. Und der Himmel sah auch tatsächlich genau so aus. Deswegen war es krass für mich zu sehen, wie Redrum das Cover direkt mit dem ersten Entwurf so gut getroffen hat.

  • Der Sound

  • Ich wollte »Enzo« einheitlicher klingen lassen als meine bisherigen Alben. Da war es oft so, dass ich mal n Beat von Brisk, mal einen von Screwaholic genommen habe. Dieses Mal sollte es einen runden, eingängigen Klangcharakter haben. Ein Album, bei dem man nicht das Gefühl hat, dass das unterschiedliche Welten sind.

  • Moses Pelham

  • Ich habe ihm mal bei Facebook zum Geburtstag gratuliert. Kurze Zeit später kam eine Nachricht in der stand: »Marco Donato? Bist du der Donato von ›Winterschlaf‹?« Den fand er nämlich sehr gut. Dann sind wir lose in Kontakt geblieben. Als ich das Album aufnahm fehlte mir für den Song »Qual« noch ein Refrain. Und da hatte ich sofort seine Stimme im Kopf. Kurioserweise war ich an dem Tag sogar in Frankfurt. Dann hab ich in gefragt, ob er sich vorstellen kann. Er hat kurz nachgedacht und dann zugesagt. Total schön. Ich habe die Labelarbeit von 3P immer sehr bewundert. Zum Beispiel die Posse-Sachen wie »Licence To Kill«, auf denen dann auch Xavier und Sabrina Setlur gefeatured waren. 3P war damals ein einmaliges Camp mit einmaligen Kompositionen. Auf den Maxi-CDs waren immer mindestens sieben Songs, manchmal gab es auch einen Aufkleber dazu. Moses Pelham ist eine Legende der jüngeren deutschen Musikgeschichte. Nicht nur für mich sondern auch für meine Mutter, die letzten anrief und meinte »Du hast einen Song mit Moses Pelham gemacht?«. Die erwartet sicher, dass ich mindestens Top 20 gehe. Und für mein Umfeld ist es natürlich auch krass. Der Junge aus Dortmund-Huckade, der an der S-Bahn-Haltestelle gewohnt hat, macht jetzt einen Song mit Moses Pelham. Ich kann das manchmal selbst noch nicht so glauben, wenn ich das vergleiche mit dem 15-jährigen, der davon geträumt hat im Vorprogramm von Too Strong auftreten zu dürfen.

  • Tatwaffe

  • Wir haben uns auf der Galla-Memorial-Jam kennengelernt und blieben lose in Kontakt. Dann hatte ich den Song »Feuer« und eigentlich auch schon alle drei Strophen komplett. Aber dann hab ich gedacht, dass da was fehlt und hatte sofort Tatwaffe im Ohr. Weil er diese düsteren Sachen – man erinnere sich nur an »Seelenlos« – einfach sehr gut kann. Dass er mit dabei ist, ist mir ebenfalls eine große Ehre. »Spiel des Lebens, Spiel des Todes« und »2. Kapitel« sind unfassbare Alben, die mich in meiner Sozialisation als Rap-Fan extrem geprägt haben.

  • JINX

  • Der Kontakt kam über s.R.. Wir haben in Frankfurt an dem Song »Wozu« gearbeitet. Zufällig war Jinx im Studio und hat die Hook quasi hingefreestyled und im zweiten Durchgang kam er dann gleich noch mal auf einem Track unter. Ich mag seine Stimmfarbe einfach wahnsinnig gerne.

  • Die Veränderung

  • Wenn man 29 Jahre im Ruhrpott lebt, ist irgendwann der Zeitpunkt erreicht, wo man mal weggehen und die Welt neu erkunden muss. Da braucht es manchmal einen Cut und man guckt ein paar Monate später, was übrig bleibt. Auch, weil man sehen muss, wie kommt man in einer fremden Umgebung zurechtkommt. Vor ein paar Jahren hatte ich einen ersten Wendepunkt. Da bin ich von Dortmund nach Bochum gezogen. Das war kein großer Einschnitt, aber da habe ich mich entschieden verändert. Auch, weil meine zehnjährige Beziehung zu Ende gegangen ist. Und dieses Gefühl, sich auf den Weg machen zu müssen, ist das zu so einer Art rotem Faden geworden.

  • München

  • Ich bin aus beruflichen Gründen mittlerweile nach München gezogen. Die kulturellen Unterschiede zwischen München und Dortmund sind natürlich riesig. Es gibt ja Leute, die sagen, München wäre eine Schickimicki-Stadt und die Leute eingebildet. Aber ich fühle mich hier extrem wohl. Man ist superschnell im Umland, die Luft ist super. Das einzige, womit ich nicht zurechtkomme sind die Mieten.

  • Facebook & Co

  • Ich bin berufsbedingt im redaktionellen Bereich tätig und dadurch auch ständig mit technischen Geräten unterwegs. Da bin ich ein Stück weit abhängig, weil ich Angst habe, etwas zu verpassen. Auch von sozialen Netzwerken bin ich abhängig. Wenn ich morgen frei hätte, könnte ich mir vornehmen, spazieren zu gehen, aber hänge dann doch wieder nur sechs Stunden am Rechner. Das ist traurig und verleitet mich zu Zeilen wie »Dokumente lade ich in die Cloud, aber ich ziehe mir nichts daraus.«

  • Das Emo-Ding

  • Es gibt Leute die es versuchen, weil es gerade Erfolg hat. Aber das spüren die Leute schon. Ich bin da ganz und gar nicht verbittert, dass diese Art von Musik sich durchgesetzt hat. Aber bei Casper kann man zum Beispiel nicht sagen, das er nur so erfolgreich ist, weil er sein Innerstes nach Außen kehrt. Das ist einfach ein wahnsinnig gutes Gesamtprodukt. Das funktioniert, weil es so unfassbar gute Musik ist. Generell gefällt mir aber die Artenvielfalt in der deutschen Rap-Szene.

  • Enzo

  • Mein Vater hat immer gesagt: »Guck ab und an mal nach oben. Da ist dein Opa im Himmel, der passt auf dich auf.« Und alle die im Himmel sind haben ja eine gewisse Schutzengelfunktion. Das ist auch etwas überdreht und passiert nicht jeden Tag. Aber manchmal hat man halt so Situationen: Zum Beispiel wenn ich von einem 14-Stunden-Arbeitstag nach Hause komme und mich frage, wofür ich das alles mache und eine Art Eingebung erwarte, dann gibt es mir Kraft, dass da oben jemand ist, der auf mich achtet. Bei manchen ist es halt Gott. Ich denke eher an ehemalige Familienmitglieder, die einem einen imaginären Schutz geben.