ALL GOOD & Marcus Staiger präsentieren:
Die splash! Lesebühne 2015

splash-festival-X-allgood-lesebuehne-2015

Seit nunmehr fünf Jahren kuratiert Marcus Staiger, selbst passionierter Schriftsteller und Autor, bereits die Lesebühne auf dem splash! Festival – in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit ALL GOOD. Gemeinsam vereinen wir am splash!-Wochenende das Beste aus den Welten des geschriebenen und gesprochenen Worts, ja, viel mehr noch: Wir bringen zusammen, was zusammen gehört: HipHop und Literatur.

Das Programm der Lesebühne ist der Beweis dafür, dass sich neben den darstellenden Künsten auch eine schriftstellerische Kultur im HipHop etabliert, die mit den erlernten Kulturtechniken wie Sampling und kurzer, knackiger Weltbeobachtung eine ganz eigene Form der Rap-Literatur aufmacht, ohne die ganze Zeit von Rap handeln zu müssen. Denn abseits der Halbwahrheiten aus der Rap-Prominenten-Welt, die als News getarnt durchs Internet geistern und den dazugehörigen, nicht kleinzukriegenden Forentrollen passiert einiges: HipHop 2015 ist mehr als Tweef, Gerüchteküche, Schachteln und . Deshalb gibt es an drei Tagen auf der ALL GOOD-Lesebühne in der Orangerie (= Juice Grenada Floor) eine kulturkritische Gegenoffensive aus pointierten Texten, kurzweiligen Lese-Happenings und abgedrehter Performance-Kunst von und für die Szene.

 

PROGRAMM LESEBÜHNE SPLASH! FESTIVAL 2015

 

FREITAG

15:00 – 15:45 Uhr:
Staigers Lese-Salon
Mit: Juri Sternburg

Juri Sternburg, geboren und aufgewachsen in Berlin-Kreuzberg, ist Kolumnist und Autor. Seit 2011 arbeitet er für die unterschiedlichsten Publikationen wie die »taz«, »Juice«, »Das Wetter« oder auch das »Hate Magazin«. Der Schriftsteller schrieb bislang zwei Theaterstücke, wovon »der penner ist jetzt schon wieder woanders«, das im Jahr 2012 mit dem Stückemarktpreis des Berliner Theatertreffens ausgezeichnet wurde, am Berliner Maxim-Gorki-Theater, aber auch in Boston, Kopenhagen und Prag aufgeführt wurde. 2014 übernahm er erstmals die Regie für ein Musikvideo von MachOne und erstellte ein Hörspiel für den »SWR«. In Kürze wird der passionierte Rap-Fan Juri Sternburg seinen Debüt-Roman veröffentlichen, dessen Titel noch unter Verschluss gehalten wird, aber irgendwas mit Rap zu tun hat. Desweiteren arbeitet der militante Straßenkämpfer an seinem Segway-Führerschein, seinen Fingerboard-Skillz und einem veganen Mett-Foodblog. Seine genialen Geschichten, die zwischen abgrundtiefem Menschenhass und grenzenloser, universeller Liebe schwanken, begeistern in unregelmäßigen Abständen die Leser seiner »taz«-Kolumne und werden die Orangerie in einen Ort der mentalen Zwischenwelt zwischen Ehrfurcht und Abscheu verwandeln.
 
 

15:45 – 16:30 Uhr:
ALL GOOD / »HipHop Hate Poetry«
Mit: Niko Hüls, Falk Schacht, Jan Wehn, Marc Leopoldseder, Oliver Marquart, Sascha Ehlert u.a.
Moderation: Daniel Köhler

»Alder was ist das für ein Bart? Hat sich ein Fuchs auf seinem Gesicht niedergelassen?« Oder: »Der Moderator versteht nicht, was Fler sagen möchte.« YouTube-Kommentatoren und Forentrolle richten ihre Kritik nicht selten auch gegen die Fragensteller und Journalisten. Vielleicht sind das dann keine modernen Meilensteine der Weltliteratur, aber dennoch glitzernde Kleinode des geschriebenen Wortes. Deutschraps Medienmacher präsentieren die schön-schlimmsten Hass-Kommentare über ihre Arbeit.
 


 

SAMSTAG

15:00 – 15:45 Uhr:
Staigers Lese-Salon
Mit: grim104

Bereits im letzten Jahr begeisterte grim104 mit genauen Alltagsbeobachtungen aus seiner Jugend – z.B. als er im Kinderzimmer einer Klassenkameradin versumpfte, plötzlich bemerkte, dass da Landser aus der Anlage dröhnte, er aber zu bekifft war, um dagegen vorgehen zu können. Da die Klassenkameradin ohnehin mit einem anderen Klassenkameraden zugange war, blieb ihm nichts anderes übrig, als sitzen zu bleiben, sich scheiße zu fühlen und die vom Schwarzlicht illuminierten Tupac- und Biggie-Poster an der Wand anzustarren. Ein Leben auf dem Dorf. Es war die Hölle. grim104 stellt mit seinen Kurzgeschichten unter Beweis, dass er nicht nur ein hervorragender Rapper, sondern auch ein ganz wunderbarer Geschichtenerzähler ist. Mit feinem Gespür deckt er die Bruchstellen in dieser Gesellschaft auf und legt den Finger in die Wunde. Kurzweilig und witzig beleuchtet er tragikomische Begebenheiten aus seiner mannigfaltigen Erlebniswelt und lotet Abgründe der menschlichen Existenz aus – hervorragend performt und vorgetragen. Ähnlich wie bei seinen Rap-Shows mit Zugezogen Maskulin gibt er alles und geht ganz auf in seiner darstellerischen Leistung. Ein Highlight für jeden, der eine gut erzählte, saftige Geschichte liebt.
 
 

15:45 – 16:30 Uhr:
ALL GOOD / »›Hip Hop Family Tree‹:
Eine Graphic Novel und die Geschichte von HipHop«

Mit: Falk Schacht

»Hip Hop Family Tree« ist eine Graphic Novel (so nennt man Comics heutzutage) über die frühen Jahre des HipHop-Genres. Es geht um die Block Partys, Harlem World, Kurtis Blow, Basquiat und Lee Quinones – also um die Geburtsstunde der einflussreichsten Kulturbewegung der letzten 30 Jahre. Für die deutsche Ausgabe des Originals von Ed Piskor stand Falk Schacht als Berater zur Seite. Und dass der Helmut Schmidt des Deutschraps ohnehin das eine oder andere über die History des Genres erzählen kann, muss hoffentlich nicht groß erklärt werden. Falk Schacht spricht über »Hip Hop Family Tree«, aber eigentlich geht es um viel mehr: die Genre-Geschichte, die Manipulation selbiger und die Folgen dieser Konflikte, die wir bis heute spüren.
 


 

SONNTAG

15:00 – 15:45 Uhr:
Staigers Lese-Salon
Mit: Dirk Bernemann

Dirk Bernemann, hauptberuflich Roman- und Theaterautor, wurde vor wenigen Jahren im westlichen Münsterland geboren. Mittlerweile hat er zehn Romane vorgelegt, etwa »Ich hab die Unschuld kotzen sehen« (Teil 1 bis 3) oder »Satt Sauber Sicher« und »Asoziales Wohnen«. Mittlerweile lebt und arbeitet er in Berlin. Außerdem ist er am Straßentechnoprojekt »Stressjazz« beteiligt. Darüberhinaus ist Dirk Bernemann aber nicht nur ein großer Kenner und Liebhaber der HipHop-Kultur, er ist auch als ehemaliger Slampoet tief in ihr verwurzelt. Kein Wunder also, dass er zu den Lieblingsautoren einiger der besten Rapper des Landes gehört. Casper zum Beispiel sagt über den Schriftsteller: »Wenn ich Bücher schreiben würde, würde ich immer so schreiben wollen wie Bernemann. Und würde immer wieder feststellen, dass ich das niemals so hinbekommen würde. Ein absolutes Muss. Ein absolutes Feuerwerk an Sprache, Stimmung und Storytelling. Ich kann nur immer wieder behaupten: Ich bin selten Fan. Aber hier bedingungslos.« Beste Unterhaltung also am Sonntagnachmittag.
 
 

15:45 – 16:30 Uhr:
Die splash!Mag X ALL GOOD-Diskussionsrunde:
»Schwarzer Humor – das Ende der Ernsthaftigkeit?«

Mit: Audio88 & Yassin u.a.
Moderation: Daniel Köhler

Glaubt man den Zeitungen, dann blasen K.I.Z. zur Jagd auf den Mittelstand, indem sie Kapitalisten köpfen. Glaubt man Zugezogen Maskulin, dann kann die Kritik an den Hipstern die Hipster der Kritik nicht ersetzen. Glaubt man Audio88 & Yassin, dann ist Laktoseintoleranz das AIDS des kleinen Mannes. Meinen die das alles ernst? Aber ja doch. Im letzten Jahr sind bemerkenswerte Alben erschienen, auf denen sich zynische Weltanschauung mit bitterbösem Humor paaren. Dabei geht es allerdings bei Weitem nicht mehr nur um stumpfe Aneinanderreihungen von sinnfreien Maximalprovokationen. Unter der Oberfläche dieses schwarzen Humors (No JuliensBlog!) wohnt schlaue Kritik, kompromissloser Widerstand und eben auch ein missionarischer Geist. Oder? Gemeinsam mit unseren Gästen wollen wir die Stärken der Ironie im Rap besprechen, die Grenzen des Zynismus ausloten und uns der Frage stellen, ob diese Geisteshaltung eigentlich dazu dienen soll, Gedanken anzustoßen – oder ob es sich dabei nicht schon um eine Vorstufe der gemeinsamen Resignation handelt.