Rapper’s Rapper #6:
Sylabil Spill über Big L

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»Mein Lieblingsrapper ist Big L«, sagt Sylabil Spill. Natürlich ist er das. Wer denn auch sonst? Sylabil Spill ist ein versierter MC, der die Sache mit dem Rappen nicht unnötig verkompliziert, Rap dabei aber ernster nimmt als die meisten anderen. Er versteht die Kraft von Worten und ist in der Lage, jeder noch so grausamen Geschichte einen ironischen Twist zu geben. Spill ist kein Schöngeist-MC, dafür kann er dich töten, wenn du ihm zu nahe kommst. Genau wie Big L das eben immer konnte. Möchte Spill über seinen Lieblingsrapper sprechen? Seine Augen beginnen zu leuchten. »Auf jeden Fall, Mann!«

»Ich habe Big L das erste Mal bei »Yo! MTV Raps« gesehen. Die Art und Weise, wie er gerappt hat, war authentisch, nicht übertrieben, sondern einfach straight. Big L war ja eigentlich immer sehr ernst, aber eben auch ironisch dabei. Er zeigte dir erst das Peace-Zeichen, dann den Mittelfinger. Dazu waren seine Wortspiele super. Er war inhaltlich versiert. Und er hat immer unmissverständlich klar gemacht, in welche Richtung er wollte. Sprachlich, stilistisch und rhetorisch war er immer auf einem hohen Level. Ich mochte an ihm auch immer seine Intension. Du konntest ihm egal welchen Beat geben und er wusste immer etwas damit anzufangen. Jeder kann etwas mit einem Beat machen, aber Big L hat immer Sprachbilder erzeugt, die glasklar waren. Es war nicht überladen, einfach nur klar. Du wusstest dazu immer und zu jedem Zeitpunkt, dass du jemandem zuhörst, der es einfach drauf hat.

Für mich war immer eins klar: Egal welcher Rapper kommt, neben Big L kann er einpacken. Wenn Big L da ist, interessiert kein anderer. An Big L ist kaum jemand herangekommen. Im Nachhinein hört man seinen Einfluss bei ganz vielen Rappern. Allen voran Papoose. Aber natürlich auch Jay Z. Ich bin mega auf diesem einen Freestyle von Big L und Jay Z hängengeblieben. Wenn Big L jetzt noch existieren würde, würde ich zu bezweifeln wagen, ob Jay Z einen Kosmos hätte, in dem er überleben könnte.

Nachkommende Generationen wurden maßgeblich von ihm beeinflusst. Auch ich. Ich rappe seit 1996 – auch wenn das damals eher Freestyles waren. Ich habe erst später gemerkt, dass mich Big L wirklich beeinflusst hat. Damals hat es mir halt einfach gefallen, wie er rappt. Big L hatte immer eine lockere Art. Ich maße mir an zu behaupten, dass das bei mir teilweise auch so ist. Meine Privatsphäre ist für niemanden schmackhaft, nichtsdestotrotz schreibe ich Songs, die nicht direkt daraus resultieren. Meine Songs zeigen andere Blickwinkel – sprachlich und rhetorisch. Und das fand ich auch an Big L immer super. Als Künstler ist es wichtig, dass du in er Lage bist, das Negative entweder zu beschreiben oder das Beste daraus zu machen. Die Kunst sollte darin bestehen, dass du trotz der Umstände lyrisch versuchst, dich weiterzuentwickeln und die Realität zumindest mit einem Augenzwinkern zu beobachten. Erst dann bist du in der Lage, die Balance zwischen den Extremen zu halten.

Mein Umfeld konnte meine Begeisterung für Big L nie so richtig teilen. Er war ihnen oft viel zu wüst oder auch zu unorthodox. Er hat ja auch oft ganz wilde Reim-Patterns eingestreut – das war meinen Freunden dann zu unordentlich. Es war immer nur ein erlesener Kreis von Freunden, die Big L auch gut fanden. Und das war für mich auch cool, weil es ein Beleg dafür war, dass er etwas Besonderes ist. Big L war halt immer ein bisschen unangenehm. Aber ich fand ihn einfach immer dope.

Big L hat uns auf jeden Fall eine coole Zeit beschert. Er hat viel mehr geschaffen als manch anderer Rapper mit seinen zehn Alben. Er war qualitativ so weit oben, dass ich mich mittlerweile frage, ob er auch weiter diese harte Musik gemacht hätte. Big L war ein Thug. Das kann man bei ihm auf jeden Fall sagen. Sonst hätte man ihn ja auch nicht umgenietet. In der Sprachgewalt und in seiner Sprachintensität war so viel, aus dem die Nachfolgegeneration nach seinem Tod schöpfen konnten. Er hat wirklich etwas hinterlassen – nämlich ein Qualitätslevel.

Das hört sich ziemlich seltsam an, nein, eigentlich ist es echt eklig, aber als Musik-Fan freue mich, dass er nicht mehr da ist. Das ist echt ein Glück, weil mein Bild von ihm stimmig bleibt.«