ALL GOOD READS #13 / 2014

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Klar, eigentlich geht es hier um längere Texte, die lediglich im Netz zu lesen sind. Dennoch möchte ich gerne an dieser Stelle auf etwas aufmerksam machen, das nur bedingt in die ALL GOOD READS-Kategorie fällt. »Hip Hop Family Tree« ist ein Comic über die sehr frühen Jahre des HipHop-Genres. Es geht um die Block Partys, Harlem World, Kurtis Blow, Basquiat und Lee Quinones – also um die Geburtsstunde der einflussreichsten Kulturbewegung der letzten 30 Jahre. Die deutsche Übersetzung des Originals von Ed Piskor, bei der Falk Schacht als Berater zur Seite stand und sicherstellte, dass die Übersetzung nicht wack wird, ist seit kurzem erhältlich. Eine echte Empfehlung!

 

Wie dem auch sei – hier sind die ALL GOOD READS #13 / 2014:

 

»The 1994 Rap Album Matrix: Is This Hip-Hop’s Greatest Year?« (Grantland)
1994 war das beste HipHop-Jahr überhaupt. Kann man drüber streiten. Die beste Argumentationsgrundlage liefern etliche unfickbare Klassiker, die man an dieser Stelle nicht alle aufführen braucht, weil es jetzt eben eine »1994 Rap Album Matrix« drüben bei »Grantland« gibt. (Gemacht wurde die übrigens von Shea Searrano, der bereits ein Malbuch mit Bun B namens »Bun B’s Rap Coloring and Activity Book« herausgebracht hat.) Draufklicken. Jetzt.

 

»Nas is not Your Old Droog« (The New Yorker)
Your Old Droog hatten wir mal an dieser Stelle erwähnt. Ein Künstler, dessen – bis dato noch sehr kurze – Geschichte so ziemlich alles hergibt, was das Herz eines jeden Echthalters begehrt: New York, Rap, Nas und ein Geheimnis. Nun, Your Old Droog ist nicht, wie das einige vermutet hatten, Nas und Your Old Droog ist jetzt nicht unbedingt die Person, die – so scheint es zumindest – einige erwartet hatten. Der »New Yorker« fasst die Story lesenswert zusammen. Generell ist eigentlich jeder Artikel, in dem es um HipHop geht und in dem die Bezeichnung des heuristischen Forschungsprinzips, Ockhams Rasiermesser (engl. »Occam’s razor«), vorkommt, lesenswert!

 

»›Aint Nothing Shine Brighter Than That Bad Boy‹ The Inside Story of Hip-Hop’s Most Notorious Label« (GQ)
Die erste Veröffentlichung auf Bad Boy Records jährt sich dieser Tage zum 20. Mal. (»Ready To Die« natürlich!) Die »GQ« (gerade die!) nimmt das Jubiläum zum Anlass, um die Geschichte des Labels nachzuerzählen. Zur Hilfe bei dieser »Oral History of Bad Boy« kommen ihnen dabei Protagonisten und andere Menschen. Ein schöner Satz kommt gleich zu Beginn von Janelle Monáe: »Bad Boy was proof that the American Dream was real.«

 

»André 3000 Is Moving On in Film, Music and Life« (NY Times)
Es fällt nicht leicht, anzuerkennen, dass André 3000 kein Rapper mehr sein will. War Ist er doch einer der besten. Er sagte aber eben schon mit 25, dass er nicht zu diesen 40-jährigen Rappern gehören will. Und jetzt ist er halt 39 Jahre alt. Die »NY Times« sprach mit ihm über seine Filmrolle als Jimi Hendrix, wie es ist, wenn die eigenen Kinder die Feature-Parts bewerten und dass es manchmal einen Prince braucht, der einem in den Hintern tritt.

 

»Detuning the City: An Oral History of Illbient« (RBMA)
Anfang der Neunziger erschuf sich irgendwo in Brooklyn ein Musikstil selbst – für manche ist Illbient lediglich eine musikhistorische Fußnote, dennoch hat der modrig-düstere, von Dub beeinflusste Instrumental-HipHop Spuren hinterlassen. Der wirklich großartige Musikschreiber Laurent Fintoni hat für »RBMA« eine umfassende Illbient-Geschichte geschrieben. ALL GOOD-Kollege Stephan Szillus hat parallel dazu einen grandiosen Illbient-Mix zusammengeschustert – hier zu hören.

 

»We’re All DJs Now« (Medium)
Cuepoint ist das neue Projekt von Jonathan Shecter, dem einstigen Mitgründer von »The Source«. Als Teil der Plattform »Medium« soll dort ein Ort entstehen, wo über Musik geschrieben wird. Klingt super. Verfolgen wir weiter.

 

»When Did Hip Hop Stop Giving A F*ck?« (2DopeBoyz)
»The bigger hip-hop has become, the less it has to say.« Ein Satz, der aus einer ganz normalen Tageszeitung stammen könnte, die sich mal wieder wundert, wieso HipHop denn nun nicht mehr das »CNN der Schwarzen« ist, so wie es Chuck D. doch mal gesagt hat. Der Satz ist jedoch aus einem – zugegeben nicht Pulitzer-Preis-verdächtig geschriebenen, aber trotzdem lesenswerten – Artikel von der Seite »2DopeBoyz«, auf der normalerweise in höchster Taktung neue Sharebee-Links und Soundcloud-Embeds durch die Timeline schießen. Es geht darin um den Umgang des Genres mit dem tragischen Tod von Jordan Davis in Ferguson. Und, ja, es geht darin auch darum, was Chuck D. mal gesagt hat.

 

»The Hip-Hop Hustle, Then and Now« (Color Lines)
Zugegebenermaßen würde ich hier auch einen Artikel von Jay Smooth posten, der von fußgerollten Perserteppichen aus Essen-Bottrop handelt. Jay Smooth ist eine der intelligentesten Stimmen im HipHop-Genre. Hier hat der New Yorker einen Film-Beitrag über den Straßen-CD-Verkauf gedreht, für den er auch Percee P und Duo Live interviewte.

 

»›Guck mal, der aus dem neuen Bushido-Video‹« (WOZ)
Das ist der Artikel über Staiger, der ein wenig für Furore sorgte, weil Staiger darin irgendetwas über Savas gesagt haben soll, was ihm nicht so gefiel und daraufhin seine Anwälte schickte. Irgendwie passend für einen Text über einen der bekanntesten Nicht-Rapper-VIPs des Genres – Staiger tänzelt seit jeher zwischen den Grenzen, was man sagen kann, wo man eher die Schnauze halten sollte und ob das jetzt nur noch Provokation ist.

 

»Wir haben mit Brenk Sinatra einen Nachmittag in Kaisermühlen verbracht« (Noisey)
Die österreichischen Kollegen von »Noisey AT« haben mit Brenk Sinatra einen Nachmittag in Kaisermühlen verbracht. Sagt ja auch schon der Titel. Nun gab es auf jeden Fall etwas zu besprechen, weil Brenk dieser Tage gemeinsam mit Fid Mella den zweiten Teil des Instrumental-HipHop-Album »Chop Shop« veröffentlicht und darin vorwiegend Samples aus dem Wien der Siebziger und Achtziger Jahre verwendet wurden. Und überhaupt: Eigentlich müsste jeder Mensch mal mit Brenk Sinatra einen Nachmittag in Kaisermühlen verbringen. Wirklich.

 

»Verkaufst du Drogen?« (taz)
Über die Berichterstattung über HipHop in der »taz« fanden wir an anderer Stelle nicht ganz so positive Worte. Doch das Blatt kann auch anders. Zumindest ein bisschen. Die Redakteurin Fatma Aydemir wagt den Versuch, die Deutschrap-Szene – natürlich auf viel zu wenig Platz – zusammenzufassen. Dass ihr Artikel eine Replik auf einen zuvor in »taz« erschienenen Artikel über Deutschrap ist, macht den Ärger über das Blatt fast schon wieder wett.